0:66! Hamburger Amateurteam kassiert historische Pleite – aus Angst
0:7 nach nur zehn Minuten, 0:32 zur Halbzeit – und sage und schreibe 0:66 am Ende der Partie: Mit diesem unglaublichen Ergebnis endete am Sonntag eine Partie in der Hamburger Kreisklasse zwischen dem SV Mesopotamien II und dem TSV Moorburg. Nie zuvor hat es eine höhere Niederlage im Ligabetrieb in Hamburg gegeben – und das, obwohl dieselbe Paarung in der Vorsaison noch 2:1 ausgegangen war. Dass ein solch irrsinniges Ergebnis nun aber überhaupt zustande kommen konnte, lag nicht zuletzt auch an der Angst vor einer Sanktion durch den Verband.
Am Ende wusste der Trainer des SV Mesopotamien II selbst nicht mehr, wie viele Tore seine Mannschaft eigentlich erzielt hatte. Michel Aydogdu war von einem 64:0 ausgegangen, das er so auch im offiziellen Bericht hinterlegt hatte. „Der Schiedsrichter hat mich dann korrigiert und ein 66:0 eingetragen – ich hatte offenbar zwei Tore nicht mitbekommen“, sagte Aydogdu später der „SHZ“.
TSV Moorburg verliert 0:66 in der Hamburger Kreisklasse
Es war ein Ergebnis, das es so nie zuvor in Hamburg gegeben hat. Dass Ömer Yildirim, hauptberuflich eigentlich Innenverteidiger, alleine schon stolze 17 Tore beigesteuert hatte, sagt einiges über die Deutlichkeit dieser Begegnung aus. Auch Radouan Troudi durfte zehnmal jubeln, Ibrahim Chaaban neunmal und Luka Makocevic immerhin siebenmal. Und da kamen immer noch 23 Treffer von sieben weiteren Akteuren hinzu.

„Ja – das Ergebnis spricht eine deutliche Sprache“, schrieb der TSV Moorburg nach dem 0:66 auf seinem Instagram-Kanal. „Aber wer nur auf Zahlen schaut, verpasst das Wesentliche.“ Denn: Die Gäste waren mit nur sieben Spielern angetreten. Der Rest war nicht erschienen, sodass Trainer Patrick Stritzki mit einem Torhüter und sechs Feldspielern in die Partie ging – darunter auch er selbst und mit Sarah Michelle Lieb auch eine Spielerin.
Schiedsrichter Sven Heydemann soll das Team schon früh in der ersten Halbzeit gefragt haben, ob sie die Partie nicht lieber abbrechen wollten. Doch Moorburg zog die Partie durch – und war genau darauf am Ende stolz. „Unsere Jungs und Mädels sind trotz Unterzahl angetreten, haben nicht aufgegeben und das Spiel fair und mit Haltung zu Ende gespielt“, lobte der Verein im Anschluss. „Kein Gemecker, keine Karte, kein Frustabbau – sondern einfach Fußball. Das ist nicht selbstverständlich, und genau darauf sind wir stolz.“
Trainer von Mesopotamien II lobt Moorburg für Fairness
Dafür gab es auch Lob vom Gegner. „Riesengroßen Respekt dafür, dass die Moorburger das bis zum Ende durchgezogen haben und jederzeit fair geblieben sind“, sagte Mesopotamien-Coach Aydogdu. „Das ist keine Selbstverständlichkeit.“ Auch er habe „mehrmals angeboten, dass wir die Partie auch früher abpfeifen und das Ergebnis als Endstand eintragen können“ – doch Moorburg verzichtete.
„Jede Mannschaft hat ihre Höhen und Tiefen, jede Saison ihre schweren Tage. Aber genau in solchen Momenten zeigt sich, wer man wirklich ist. Und unser Team hat heute bewiesen, dass es nicht das Ergebnis ist, das uns definiert – sondern die Art, wie wir miteinander umgehen, wie wir kämpfen und wie wir als Verein zusammenstehen“, teilte der TSV nach der historischen Niederlage mit und bedankte sich bei seinen Spielerinnen und Spielern, „die verstehen, dass Fußball mehr ist als Tore und Punkte“.
TSV Moorburg hatte auch Angst vor Sanktionen des HFV
Was man aber nicht vergessen darf: Hintergrund des Nichtabbruchs ist auch ein struktureller. Schließlich hatte Moorburg in dieser Saison schon einmal einen Spielabbruch herbeigeführt. Am 22. August trat das Team gegen den Störtebeker SV (1:3) zur zweiten Halbzeit nicht mehr an – und behauptete später, der Gegner habe den eigenen Spielern in der Halbzeit Gewalt angedroht. Der Hamburger Fußball-Verband (HFV) wertete die Begegnung dennoch mit 0:3 gegen Moorburg, ein zweiter Abbruch innerhalb einer Saison hätte nun also zum Ausschluss vom Spielbetrieb führen können. „Deshalb haben die Moorburger das Spiel auch zu siebt durchgezogen“, weiß Mesopotamiens Trainer Aydogdu.

Sein Team wiederum trat nach einem Drei-Punkte-Abzug durch den HFV (eine Zusatzstrafe nach einer außergewöhnlich harten Roten Karte gegen einen Spieler) ohnehin „mit einer gehörigen Portion Wut auf den HFV im Bauch“ gegen Moorburg an, wie der Coach bekräftigte: „Das 66:0 war insofern auch eine Art Antwort an den Verband – aber natürlich wäre es schöner gewesen, wenn wir gegen eine vollzählige Mannschaft gespielt hätten.“
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Kurios: Es ist nicht das erste Mal, dass Moorburg mit einer hohen Niederlage für Schlagzeilen sorgt. In der vergangenen Saison kassierte das Team gegen den Oberligisten TSV Buchholz auch im Lotto-Pokal die höchste Niederlage aller Zeiten – damals aber „nur“ mit 2:53.
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