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  • Voller Stolz präsentierte Sophia Flörsch in Berlin ihre Laureus-Trophäe.
  • Foto: GES/Markus Gilliar

Laureus-Siegerin Sophia Flörsch: Darum bangt sie um ihren Formel-1-Traum

Berlin –

Das Tanzen auf der Aftershow-Party fiel Sophia Flörsch (19) dann doch etwas schwer. Ein Knorpelschaden und Meniskus-Anriss, den sich die Rennfahrerin bei einem Marathonlauf zugezogen hat, machten sich bemerkbar. Trotzdem strahlte die Münchnerin und frische Laureus-Gewinnerin (hier lesen Sie mehr) sichtlich stolz. Das Interview.

Sie sind zu Recht stolz auf Ihren Award. Auch wenn Sie diesen durch einen traurigen Anlass erhalten haben.

Vielleicht werde ich ja in fünf Jahren als Sportlerin des Jahres nominiert (lacht).

Was hat sich seit dem Unfall für Sie geändert?

Ich schätze das Leben mehr wert. Ich bin einfach glücklich, Autorennen fahren zu können. Ich genieße jeden Meter genauso sehr. Der Unfall hat gar nichts geändert. Der Sport ist natürlich gefährlich, das weiß man als Rennfahrer. Aber das gibt dir nun mal den Kick. Die Autos sind super sicher, daher habe ich das Vertrauen.

Und was denken Sie, wenn Sie das Unfall-Video sehen?

Wenn ich das Video heute anschaue, kann ich nicht glauben, dass ich das bin in dem Auto, weil ich denke, dass man so etwas ja eigentlich nicht überleben kann.

Gab es denn wirklich nie den Gedanken, als Rennfahrerin aufzuhören?

Meine Familie hat nie an mir gezweifelt und hat mich nie vor die Wahl gestellt, ob ich mit Sport aufhören muss. Für mich gab es nie den Gedanken aufzuhören. Mein Papa hat mich im Krankenhaus gefragt, ob ich weiterfahren möchte. Für mich war das selbstverständlich.

Fühlten Sie sich vielleicht in der Schuld, weil Ihre Eltern schon so viel in Sie investiert hatten?

In der Schuld nicht. Meine Familie hat natürlich viel Zeit und Geld für meinen Sport geopfert. Aber meine Eltern hätten mir das nie vorgeworfen. Für mich geht es um mein Selbstwertgefühl. Ich möchte das wieder zurückgeben, was meine Eltern und meine Schwester geopfert haben.

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Unser Reporter Marcel Schwamborn sprach mit Sophia Flörsch.

Foto:

GES/Markus Gilliar

Halten es Ihre Eltern eigentlich nervlich aus, die Rennen anzuschauen?

Meine Mutter schaut sich immer alles an, bis auf den Start und die erste Kurve. Mein Vater ist eher derjenige, der bei den Rennen lieber weggeht und es sich nicht anschaut. Sie sind nervöser bei den Rennen als ich. Aber wir gewinnen zusammen und verlieren zusammen.

Sophia Flörsch: Noch kein neuer Vertrag in der Formel 3

Hilft Ihnen die plötzliche Popularität?

Im Motorsport reicht Talent alleine nicht aus. Jedes Jahr muss ich aufs Neue kämpfen, bangen und zittern. Anfang der Saison ist die schlimmste Zeit bei mir. Auch jetzt stehe ich noch ohne Formel-3-Vertrag da. Im Moment ist es bei den Umweltdiskussionen in Deutschland schwer, Sponsoren zu überzeugen, große Beträge zu investieren. Man kämpft teilweise schon gegen andere Mächte an.

Erleben Sie viel Kritik, weil Sie einen nicht umweltfreundlichen Sport betreiben?

Unter dem einen oder anderen Interview lese ich schon mal kritische Kommentare. Ich verstehe, dass nicht jeder unseren Sport unterstützt und schätzt.

Hier lesen Sie mehr: Laureus-Botschafter Roman Weidenfeller über den Wechsel von Alexander Nübel zum FC Bayern

Wäre die Formel E eine Alternative für Sie?

Ich sollte vor anderthalb Jahren für HWA in Riad in der Formel E testen, dann kam der Unfall. Im vergangenen Jahr habe ich öfter im Simulator gesessen. Das ist etwas ganz anders. Es dauerte alleine zwei Stunden, bis ich das Lenkrad verstanden hatte. Du bist als Rennfahrer auf ganz andere Faktoren fokussiert. Das ist schon sehr interessant und noch lange nicht zu Ende. Das Fahrerniveau in der Formel E ist in dieser Saison vielleicht sogar höher als in der Formel 1. Welchen Stellenwert das mal bekommen wird, ob sie die Formel 1 eines Tages ersetzt, das kann auch ich nicht sagen.

Sophia Flörsch entwirft nun auch Mode

Ihre Outfits sind stellenweise auffällig. Machen Sie jetzt auch in Mode?

Das haben wir mal diskutiert. Ich mag Fashion und habe im vergangenen Jahr mal angefangen ein paar Sachen zu designen.

Auch Ihre Offenheit in den sozialen Medien fällt auf.

Man muss das inzwischen machen, es macht mir auch Spaß. Vor zehn Jahren reichte es einem Sponsor vielleicht, wenn man einen Aufkleber aufs Auto gemacht hat. Heute ist die Reichweite schon wichtig. Ich bin keine Influenzerin, aber der Part gehört für mich dazu, damit ich meinen Sport finanzieren kann.

Ist der Kampf um die Finanzierung so hart?

Jeder Fahrer bezahlt in der Formel 3 rund 1 Mio. Euro jedes Jahr. In der Formel 2 dann 2 Mio. Euro. Ich brauche noch eine längere Ausbildung in den Nachwuchsklassen, muss mehr Kilometer in den Serien sammeln. Aber dafür benötige ich Partner und Sponsoren. Ich habe nicht das Glück, eine sehr vermögende Familie zu haben. Eine privilegierte Ausbildung kann ich mir nicht leisten. Da ist noch eine Lücke. Und gerade Frauen haben keine Chancengleichheit. Wenn ich nur 20 Prozent der Tests habe und nicht im besten Team fahre, dann ist das Kämpfen mit stumpfen Waffen.

Mick Schumacher hat keine Budgetlimits

Wie sehen Sie den Werdegang von Mick Schumacher?

Wir kennen uns aus dem Kartsport, sind gegeneinander gefahren, als ich neun Jahre alt war. Er ist ein sehr guter Rennfahrer, ist mir schon ein paar Schritte voraus, weil zwei Jahre älter, immer das beste Material und keine Budgetlimits. Vielleicht sehen wir uns in der Königsklasse wieder.

Das ist weiter Ihr erklärtes Ziel?

Der Wunsch ist sehr groß. Ich versuche tagtäglich da hin zu arbeiten. Die Königsklasse ist nicht mehr so weit weg. Es ist Zeit dafür, dass eine Frau in die Formel 1 kommt.

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