• St. Pauli-Trainer Jos Luhukay holte im Schnitt nur 1,15 Punkte pro Spiel mit dem FC St. Pauli - eine ganz schwache Ausbeute.
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Kommentar: Jos Luhukay passt zu St. Pauli wie ein Seeigel in den Barfußpark

„Ich bin, wie ich bin“ ist eine Aussage, die von viel Selbstüberzeugung spricht, was ja grundsätzlich nichts Verkehrtes ist. „Ich bin, wie ich bin“ ist das Credo des Jos Luhukay, das allerdings auch ein großes Risiko in sich birgt, nämlich das der Unbelehrbarkeit. Vor allem dann, wenn man es so offensiv darbietet wie der Coach des FC St. Pauli.

Wenn man – von einigen Kurzfrist-Lösungen abgesehen – der erfolgloseste Trainer der Klubgeschichte ist, wenn man in einer kompletten Saison nicht mal annähernd eine Stammformation findet, wenn man nahezu jeden vermeintlichen Führungsspieler mindestens einmal demontiert, wenn man eine katastrophale Auswärtsbilanz vorzuweisen hat, wenn man mit einer Rekordzahl an eingesetzten Spielern nur haarscharf am Abstieg vorbeischrammt, wenn man als einziges psychologisches Konzept Druck auf die Profis inklusive diverser Ausraster auf dem Trainingsplatz, in Kabine, Besprechungen oder Pressekonferenzen im Portfolio hat, dann sollte man auch mal innehalten und überlegen: Mache ich vielleicht auch etwas verkehrt?

Jos Luhukay und seine Sicht auf die Dinge

Nein, macht er nicht. Alles Amateure, nur er eben nicht. Und dann noch diese Medien, die doch bitte endlich mal auf die Spieler einprügeln sollen statt auf ihn. Die gurken doch so einen dilettantischen Murks zusammen wie in Hannover, dafür kann er doch nichts. Motto: Hier ich, der Trainer, da die Mannschaft – aber mit der will ich nichts zu schaffen haben.

St. Paulis Spieler bieten seit Jahren Angriffsflächen

Er ist, wie er ist. Das kann man Luhukay gar nicht vorhalten, denn genau darum hat St. Pauli ihn tatsächlich verpflichtet. Um Missstände herauszufinden und auch mal klar anzuprangern, um herauszukommen aus der inzwischen zum Running Gag mutierten „Wohlfühloase“. Grundsätzlich sinnvoll, weil die Problematik nicht von der Hand zu weisen ist, die Spieler diesbezüglich seit Jahren Angriffsflächen bieten. Ob das aber in dieser destruktiven Weise not tat, sei mal dahingestellt. Vielleicht hätte es auch ein Anruf bei Lasse Sobiech getan, der ziemlich genau definieren kann, wo es bei St. Pauli an der entscheidenden Prise Ehrgeiz und dem finalen Willen mangelt und warum er den Verein genau deswegen verlassen hat.

Jos Luhukay machte sich zum Feindbild der Spieler

So aber kam Luhukay. Und nach Ansicht des Niederländers ist der ganze Klub ein einziger Missstand, vom Nachwuchsleistungszentrum bis hin zur eigenen Truppe. Die lässt er das immer wieder spüren in der irrigen Annahme, damit – wie weiland Felix Magath zu Zeiten, als Heribert Faßbender noch die ARD-Sportschau moderierte – etwas Positives zu bewirken. Dass die Mannschaft nach den Kabinen-Feuerwerken in Heidenheim und Darmstadt, als die ersten Hälften noch recht passabel waren, komplett zusammenbrach, dass sein völlig sinnfreier Angriff auf Robin Himmelmann ebenso ein Schnitt ins eigene Fleisch war wie zuletzt die peinliche, weil für alle Welt hörbare Gardinenpredigt für Henk Veerman, der gerade seine Torflaute beendet hatte, interessiert Luhukay nicht.

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Schon vor seiner Zeit bei St. Pauli hatte Jos Luhukay keinen Erfolg

Denn er ist, wie er ist. Und das disqualifiziert ihn am Ende für die ihm zugedachte Aufgabe. Seine Methodik ist aus der Zeit gefallen, antiquiert, altbacken, schlimmer noch: Sie geht nach hinten los. Es ist kein Wunder, dass ihm Erfolg seit Jahren verwehrt bleibt, ob in der Endphase bei Hertha BSC, in der kurzen Zeit beim VfB Stuttgart, danach bei Sheffield Wednesday oder eben jetzt beim FC St. Pauli – einem Verein, zu dem Luhukay passt wie ein Seeigel in den Barfußpark.

Jos Luhukay und der schwierige Umgang von Jan-Philipp Kalla

Er hat schon jetzt einen Schaden angerichtet, den zu reparieren viel Aufwand kosten wird. Die Mannschaft besteht aus 36 Bauteilen, keines ist maßgenau auf das andere abgestimmt, es gibt keine Achse, nicht mal ein fixes Duo, nichts. Drei von seinem Vorgänger Markus Kauczinski geschätzte Eigengewächse mit Langzeitverträgen (Ersin Zehir, Yi-Young Park, Florian Carstens) darben ebenso in der U23 vor sich hin wie ein längst wieder gesunder und fitter feiner Mensch Marc Hornschuh. Einem Klub-Urgestein wie Jan-Philipp Kalla beschert er nach 17 Jahren im Verein mittels völliger Ignoranz ein würdeloses Ende.

Auch Präsident Oke Göttlich muss sich Fragen gefallen lassen

Und last but not least: An seinem Tun wird auch und vor allem Präsident Oke Göttlich gemessen, der einst antrat, dem Verein personelle Konstanz und sportliches Fortschreiten zukommen zu lassen. Von beidem ist St. Pauli meilenweit entfernt. Das Duo Luhukay/Sportchef Andreas Bornemann wurde als „Dream Team“ verkauft, das Beste, was dem Klub hätte passieren können. Die Gegenwart indes spricht eine andere Sprache, eine komplett andere. Das Experiment ist gescheitert. Krachend, mit Nebengeräuschen an allen Ecken und Enden sowie einer sportlichen Bilanz, die man als Warnung tunlichst ernst nehmen sollte – bevor es nächste Saison vielleicht zu spät ist.

Zu Luhukays zahllosen Vorhaltungen gegenüber den Spielern gehört neuerdings, dass niemand Verantwortung übernimmt. Vielleicht sollte er mit gutem Beispiel voran schreiten. Es wäre höchste Zeit.

 

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