• Beim Spiel des FC Nitra in Zilina geht es hoch her
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Investoren-Hammer!: Europacup-Finalist wird aus deutschem Autohaus gesteuert

Es war ein durchwachsener Start für die deutschen Investoren beim FC Nitra. Unter ihrer Führung verlor der slowakische Erstligist die ersten beiden Spiele. Doch die Geldgeber haben langfristige Pläne.

Die kleine osteuropäische Revolution beginnt in einem Autohaus im fränkischen Röthenbach. Dort, ein paar Kilometer östlich von Nürnberg, sitzt Peter Hammer in seiner Firmenzentrale und steuert den slowakischen Erstligisten FC Nitra. Seit eine Gruppe deutscher Investoren den Club im Dezember für einen niedrigen Millionenbetrag gekauft hat, ist Hammer als Sportvorstand eingesetzt – und soll große Pläne umsetzen. „Das Ziel ist es, in fünf Jahren ein Mini-Ajax in Osteuropa aufzubauen“, sagt Hammer.

Große Worte, doch der 55-Jährige ist kein naiver Träumer. Hammer entdeckte einst Spieler wie Marek Mintal und Robert Vittek, ist ein Kenner des slowakischen Fußballs – und vor allem von dessen Potenzial. „Nitra hat ein neues Stadion und vor allem eine Nachwuchsakademie auf höchstem Niveau. Ohne die hätten wir das nicht gemacht“, betont Hammer. Das Projekt in der Kleinstadt östlich von Bratislava sei langfristig aufgesetzt. „Die Investoren verprassen da kein Spielgeld. Das ist ein Geschäftsmodell.“

Mit deutscher Hilfe: FC Nitra will wie Ajax Amsterdam werden

Dieses fußt – ähnlich wie beim Vorbild Ajax Amsterdam – auf dem Verkauf von Talenten. Gleich nach dem Amtsantritt deckte sich Nitra zunächst mit jungen deutschen Spielern ein, nahm unter anderen den einst hoch gelobten Sinan Kurt unter Vertrag. Der 24-Jährige war als Teenager 2014 für drei Millionen Euro von Mönchengladbach zu den Bayern gewechselt, hatte aber eher durch einen luxuriösen Lebensstil als durch sportliche Leistungen auf sich aufmerksam gemacht.

Deutsche Investoren locken Ex-Bayern-Talent in die Slowakei

Natürlich kennt Hammer diese Geschichten. „Ich glaube dennoch an Sinan. Ich habe mich lange mit ihm unterhalten und er ist ein feiner Kerl, hat absolut keine Allüren“, sagt Hammer. In Deutschland habe Kurt dem Druck nicht standhalten können. Nun soll er sich im ruhigen Umfeld von Nitra entfalten und Erstliga-Erfahrung sammeln können. Neben Kurt kamen im Winter zwölf weitere Neuzugänge, vorwiegend aus der deutschen Regionalliga. Man wolle damit etwas mehr deutsche Mentalität und mehr Trainingsqualität in die Mannschaft bringen.

Der Start misslang erst einmal. Die ersten beiden Spiele des Jahres verlor Nitra. Mittelfristig muss der Klub in den europäischen Wettbewerb, denn nur der bietet die Plattform, die Marktwerte seiner Talente überdurchschnittlich zu steigern. Andere Einnahmen gibt es in der Slowakei kaum. Das Fernsehgeld beträgt 85.000 Euro pro Saison, für den Stadionnamen bekommt man ungefähr 200.000 Euro. Die Zuschauereinnahmen sind so gering, dass Hammer in einer Amtshandlung allen Kindern unter zwölf Jahren freien Eintritt zugesagt hat.

FC Nitra: eben noch pleite, bald wie Ajax Amsterdam?

Der FC Nitra ist zwar einer der Traditionsvereine der Slowakei, aber nicht einer der ganz großen wie Slovan Bratislava, die immer um den Meistertitel mitkämpfen. Zuletzt erlebte der Verein im Zuge rascher Eigentümerwechsel so heftige Turbulenzen, dass nicht nur der sportliche Abstieg aus der obersten slowakischen Liga drohte, sondern sogar der finanzielle Ruin.

Ein schlimmer Absturz für den Klub, der 1962 sogar das Endspiel um den einst in Europa bedeutsamen Mitropa-Cup erreichte und dort gegen den FC Bologna verlor. Immerhin viermal trafen die Slowaken in europäischen Wettbewerben auf deutsche Vereine, die Bilanz ist ziemlich ausgeglichen: 1973 Braunschweig (1:1, 2:1), 1982 Bremen (3:5, 3:3), 1989 Rostock (3:0, 1:1), 1989 Köln (0:1, 1:4).

Deutsche Investoren in Nitra: „Jetzt müssen wir kämpfen“

Das Engagement der Deutschen stößt in Nitra auf eine Mischung aus vorsichtiger Neugier und freudiger Erwartung. Sportdirektor Henrich Bencik kickte einst in Saarbrücken und Freiburg, ist aber auch eng mit Nitra verknüpft. Bencik versprüht naturgemäß Optimismus, obwohl er gesteht, dass er sich seinen Arbeitsbeginn nicht so hektisch vorgestellt habe: „Das größte Problem war daher natürlich, dass wir so wenig Zeit hatten. Aber wir haben die Herausforderung angenommen, also müssen wir jetzt kämpfen.“

Ein Kampf, den der Verein nicht nur auf sportlicher Ebene führen muss. Es geht nach turbulenten Jahren auch um den Ruf. „Zuletzt lief nichts mehr professionell ab, nicht einmal die Spielergehälter wurden pünktlich bezahlt. Die deutschen Investoren sind jetzt schon der fünfte Chef in eineinhalb Jahren“, sagt Martin Kilian, Sportredakteur der wichtigsten Regionalzeitung „MY Nitra“. Es sei positiv von den Geldgebern, dass sie „keine großen Sprüche klopfen“. Am Dienstag klappte es dann auch mit dem ersten Sieg in der „neuen Zeit“: Nitra gewann durch zwei Treffer von Kapitän Erik Jendrisek 2:1 bei Sered und wahrte damit seine Chancen auf die Meisterrunde.

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Hammer weiß, dass es vor allem Kontinuität braucht. Jeden Monat fährt er für fünf bis sieben Tage ins fast 700 Kilometer entfernte Nitra und bastelt an der Vision vom Mini-Ajax. Vielleicht gelingt es eines Tages, einen Spieler wie Kurt wieder für eine stattliche Ablöse zu verkaufen. Die Voraussetzungen sind da. „Pro Spiel sind bis zu 30 Scouts anwesend“, erklärt Hammer und betont deren Bedeutung für seine Ajax-Pläne mit Nitra: „Profit gibt es hier nur durch Transfers.“ (dpa)

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