Sturm-Problem? „Hinfallzieher“! HSV-Trio lässt Kritiker verstummen
Ransford Königsdörffer schlug die Arme über dem Kopf zusammen, als er in der 57. Minute freistehend aus kurzer Distanz an Darmstadt-Keeper Marcel Schuhen scheiterte. „Aber Mund abputzen, heißt es ja so schön“, konnte der 23-Jährige hinterher schmunzelnd sagen – denn nachdem Daniel Elfadli und Davie Selke ihn direkt nach der vergebenen Großchance mit zwei Klapsen auf den Hintergrund ermutigt hatten, traf er doch zum 2:0 für den HSV. Und das spektakulär. Königsdörffer knipste endlich wieder – und mit ihm zwei Sturm-Kollegen.
Das in Darmstadt war erst das fünfte Spiel seit der Rückkehr von Robert Glatzel, in dem Coach Merlin Polzin auf sein komplettes Angriffs-Trio zurückgreifen konnte. Kurioserweise hatte der HSV die vier vorherigen alle nicht gewinnen können: 0:0 gegen Elversberg, 2:4 gegen Braunschweig, 2:2 auf Schalke, 1:2 gegen den Karlsruher SC. Beim 3:0 in Magdeburg, dem Comeback-Spiel von Glatzel, hatte Selke gelbgesperrt gefehlt – und das 3:0 in Nürnberg, wo Glatzel erstmals nach seiner monatelangen Verletzung wieder traf, hatte Selke wegen Rückenproblemen verpasst.
Königsdörffer, Selke und Glatzel: Alle treffen in Darmstadt
In Darmstadt siegte der HSV nun erstmals seit dem 8. Spieltag (3:0 in Düsseldorf) wieder mit all den drei Stürmern auf dem Platz. Und alle trugen sich auch in die Torschützenliste ein, das hatte es in dieser Saison nur am 5. Spieltag gegeben, Mitte September bei einem 5:0 daheim gegen Jahn Regensburg. Am Böllenfalltor machte Königsdörffer unmittelbar nach seiner Topchance den Anfang, bugsierte ein Zuspiel von Sebastian Schonlau nach Eckball von Jean-Luc Dompé artistisch über die Linie (58.). Ein klassischer Fallrückzieher mit Rücken zum gegnerischen Tor?

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„Hinfallzieher“ würde er eher sagen, entgegnete Königsdörffer nach dem 4:0 lächelnd. „Ich war sehr überrascht, dass der Ball zu mir kam. Ich habe versucht, den irgendwie reinzudrücken, habe die Lücke gesehen und den dann zum Glück reingeschossen.“ Seine Erleichterung war schon beim Torjubel spürbar. Da schrie der Ghanaer seine Freude hinaus, nachdem ihm in der ersten Hälfte noch etwas die Bindung zum Spiel gefehlt hatte. Das lag wohl auch daran, dass Königsdörffer statt ganz vorne mal wieder im offensiven Mittelfeld begann, also hinter Zielspieler Selke.
Polzin überraschte mit der HSV-Startelf – und behielt Recht
Es war eine riskante Startelf-Entscheidung von Polzin, der sich nach dem Remis auf Schalke zuletzt Kritik anhören musste, weil er da auf Königsdörffer in der Sturmspitze gesetzt und Selke auf der Bank gelassen hatte. Jetzt musste der 2:0-Torschütze also wieder mit einer neuen Rolle zurechtkommen, von der sich Polzin gegen die „Lilien“ viele tiefe Laufwege aus dem Mittelfeld versprach. „So viel“ habe sich für ihn durch die erneute Positionsumstellung aber nicht geändert, erklärte Königsdörffer nach Schlusspfiff. „Ich muss noch ein bisschen am Verteidigen arbeiten, das gehört dazu. Und ich muss mich öfter zum Ball hin anbieten, damit ich angespielt werden kann.“ Mehr sei es nicht.

Diesmal behielt Polzin mit seinem mutigen Matchplan recht. Selke, dem ebenfalls ein besonderer Job zuteilwurde, markierte in der 80. Minute nach Vorlage von Immanuel Pherai das 3:0. Und Glatzel, für den Königsdörffer wenig später wich (82.), köpfte in der Nachspielzeit zum Endstand ein – ebenfalls nach Flanke von Pherai (90.+5). Drei Stürmer, drei Rollen, drei Torschützen. Erstmals seit siebeneinhalb Monaten trafen die drei HSV-Angreifer wieder alle in einer Partie – und beseitigten vorerst die zuletzt aufgekommenen Diskussionen um falsche Ideen von Polzin.
HSV-Profi Königsdörffer: „Ich habe keinen Druck gespürt“
Für den Jüngsten aus dem Sturm-Trio, Königsdörffer, war sein Treffer zum 2:0 sogar sein erster seit Mitte März in Magdeburg. Insgesamt hat er in dieser Spielzeit nun zwölfmal geknipst, dahinter folgt im internen Ranking Glatzel (neun Buden). Und Selke, der jetzt bei 21 Saisontoren steht und die Kanone als bester Schütze der 2. Liga dicht vor Augen hat, knipste in Hessen zum vierten Mal in den vergangenen vier Spielen – aller Aufstiegszweifel zum Trotz.
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„Ich habe keinen Druck gespürt“, kommentierte Königsdörffer die jüngsten Unruhen vor Darmstadt gelassen. „Wir hatten alle Vorfreude auf das Spiel. Wir haben uns keinen Druck gemacht, wir wollten gewinnen.“ Und weil der HSV das geschafft hat, gab es eine ausgelassene Feier vor der Gästekurve im Merck-Stadion am Böllenfalltor. „Es war sehr emotional, das ist kaum in Worte zu fassen“, sagte Königsdörffer zu den Party-Szenen, die am kommenden Samstag noch einmal getoppt werden sollen. „Wir haben jetzt noch einen Schritt zu gehen nächste Woche“, weiß Königsdörffer. Als Teil des erfolgreichen HSV-Trios will er auch beim Matchball-Spiel gegen Ulm wieder begeistern.
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