HSV-Legende Horst Hrubesch kommt in die Hall of Fame – das Interview dazu
Er ist eine Legende des deutschen Fußballs. Eine Ikone des HSV. Nun erhält Horst Hrubesch die verdiente Ehrung für seine große Karriere. Als zweiter HSVer nach Uwe Seeler wird der 73-Jährige in die Hall of Fame des deutschen Fußballs aufgenommen. Die Jury, in der auch die MOPO vertreten ist, wählte Hrubesch als eine von sechs Legenden, in die Ruhmeshalle. Im Herbst wird der aktuelle Frauen-Bundestrainer in Dortmund offiziell zum Hall-of-Fame-Mitglied. Die MOPO sprach exklusiv mit dem personifizierten Kopfballungeheuer über die größten Momente seiner ungewöhnlichen Karriere, seine Förderer, Vorbilder und einen Spitznamen, den er eigentlich gar nicht treffend findet.
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Er ist eine Legende des deutschen Fußballs. Eine Ikone des HSV. Nun erhält Horst Hrubesch die verdiente Ehrung für seine große Karriere. Als zweiter HSVer nach Uwe Seeler wird der 73-Jährige in die Hall of Fame des deutschen Fußballs aufgenommen. Die Jury, in der auch die MOPO vertreten ist, wählte Hrubesch als eine von sechs Legenden, in die Ruhmeshalle. Im Herbst wird der aktuelle Frauen-Bundestrainer in Dortmund offiziell zum Hall-of-Fame-Mitglied. Die MOPO sprach exklusiv mit dem personifizierten Kopfballungeheuer über die größten Momente seiner ungewöhnlichen Karriere, seine Förderer, Vorbilder und einen Spitznamen, den er eigentlich gar nicht treffend findet.
MOPO: Herzlichen Glückwunsch zur Wahl in die Hall of Fame. Wir verraten nicht zu viel, wenn wir sagen, dass in der Diskussion der Jury auch ihre Bodenständigkeit hervorgehoben wurde. Wie schafft man es, nie abzuheben – zumindest, wenn man nicht gerade zum Kopfball hochsteigen muss?
Horst Hrubesch: Das Wichtigste ist wahrscheinlich, gut verheiratet zu sein (schmunzelt). Meine Frau Angelika hat mich schon immer auf den Boden geholt, wenn vielleicht mal die Gefahr bestand, dass es in die andere Richtung geht.
MOPO: Bestand die denn wirklich?
Horst Hrubesch: Ich muss schon sagen, dass es natürlich auch damit zusammenhängt, wie man aufgewachsen ist. Ich bin in einer Familie mit fünf Kindern aufgewachsen. Meine Mutter hat die Kinder allein erzogen. Ich war der Älteste und musste daher auch zu Hause schon früh Verantwortung übernehmen.
MOPO: Sie waren ein Spätstarter. Als Sie zu Rot-Weiss Essen gewechselt sind, waren sie schon 24 Jahre alt…
Horst Hrubesch: … und ich bin sofort hervorragend aufgenommen worden. Das hat mir sehr geholfen. Ich hatte ja schon früh gemerkt, dass ich im Sport Talent habe. Im Fußball, aber auch im Handball. Ich wusste aber auch, dass ich dafür hart arbeiten muss, um meine Ziele zu erreichen. Das Wichtigste war für mich, dass ich immer gute Leute um mich herum hatte, die mir geholfen haben. Und dann willst du denen natürlich auch etwas zurückgeben.
MOPO: Als Sie 27 Jahre alt waren, wechselten Sie zum HSV. Wer hat Ihnen in Hamburg geholfen?
Horst Hrubesch: Viele Menschen. Aber besonders in Erinnerung geblieben ist mir, dass Uwe Seeler beim Training in Norderstedt dabei war. Ich glaube, es war erst mein drittes Training nach meinem Wechsel. Und er kam zu mir und hat gesagt: „Mach dir keine Gedanken, du wirst das hier schaffen in Hamburg.“
MOPO: War Uwe Seeler Ihr Idol?
Horst Hrubesch: Ja. Er war mein Vorbild. Schon als ich ein kleiner Junge war. Sie müssen wissen, als ich sechs, sieben Jahre alt war, da hatte nicht jeder einen Fernseher. Und als wir dann die ersten Bilder sahen, da hast du im Grunde immer das gleiche Muster gesehen. Flanke Charly Dörfel, Tor Uwe Seeler. Dieser Ablauf, das war für mich wie eine Selbstverständlichkeit. In Essen habe ich dann mit Gerd Wieczorkowski zusammengespielt. Er kam aus Hamburg und hat mir gleich gesagt: „Du kannst nur in Hamburg spielen. Du musst dahin, wo der dicke Seeler ist.“
MOPO: Nicht der schlechteste Ratschlag.
Horst Hrubesch: Das kann man so sagen. Und es war auch einfach so, dass es mir in meiner Karriere immer sehr geholfen hat, dass ich Fürsprecher hatte, die eine Atmosphäre geschaffen haben, in der ich mich wohlgefühlt habe. Deswegen war es mir auch immer sehr wichtig, etwas zurückzuzahlen. Ich wusste ja, die anderen, die können ohne mich spielen, aber ich kann nicht ohne die anderen spielen. Und dann habe ich etwas zurückgezahlt: mit Toren und mit der Art, wie ich Fußball gespielt habe.
MOPO: Stört es Sie, dass Sie immer als Kopfballungeheuer bezeichnet wurden und noch immer werden oder ist der Spitzname eine Ehre?
Horst Hrubesch: Hat mich das gestört? Gute Frage. Sagen wir es mal so, ich hatte immer mit Vorurteilen zu kämpfen, weil ich jetzt nicht der filigrane Spieler war. Da wurde dann immer gesagt: „Das Ungeheuer kommt. Kicken kann der ja nicht.“ Es gab diese Sprüche. Die Leute haben gesagt: „Der kann doch nicht mal einen Stuhl umspielen.“ Aber wissen Sie was?
MOPO: Bitte.
Horst Hrubesch: Ich habe diese Sprüche zur Kenntnis genommen. Aber da ich Westfale bin, geht das bei mir auf der einen Seite rein und auf der anderen Seite raus. Denn ich muss ja keinen Stuhl umspielen können, wenn ich Tore schieße. Diese Sprüche waren für mich auch eine Motivation. Ich wollte immer besser werden, weil ich gesehen habe, da geht noch mehr. Am Ende des Tages wirst du dafür belohnt, wenn du deine Arbeit machst. Und, ja, ich habe viele Tore mit dem Kopf gemacht, aber natürlich überwiegen die Tore, die ich mit dem Fuß erzielt habe, bei weitem. Letztlich kam der Spitzname ja auch dadurch zustande, dass es die absolut entscheidenden Tore waren, die ich mit dem Kopf erzielt habe.
MOPO: Welches war ihr schönstes Tor?
Horst Hrubesch: Das war in Uerdingen. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich da noch für Essen gespielt. Wir haben einen Freistoß bekommen und ich hab’ zu meinem Kollegen gesagt: „Geh’ weg, ich mach’ das.“ Ich war ja der absolute Freistoßschütze (lacht). Und dann habe ich den über die Mauer geschossen, der Ball ging an die Unterkante der Latte, prallte auf den Boden, ging wieder an die Latte und dann zappelte er im Netz. Das war nicht so schlecht. Aber das 4:3 in München (das für den HSV am 24. April 1982 in der 90. Minute letztlich entscheidend war auf dem Weg zur Meisterschaft; die Redaktion) war natürlich auch überragend, weil es klar abgesprochen war. Und gegen Kaiserslautern habe ich mal ein Tor gemacht, auf das ich besonders stolz bin, weil mir der Franz (Beckenbauer) das so großartig aufgelegt hat. Das war eine Ehre, den Ball reinzumachen. Ach, eigentlich war bei mir jedes Tor schön (lacht).
MOPO: Sie haben mit 24 Jahren noch beim SC Westtünnen in der viertklassigen Landesliga gespielt und wurden doch zu einer Legende, die nun in die Hall of Fame aufgenommen wird. Ist eine solche Karriere heute noch vorstellbar?
Horst Hrubesch: Ich würde nicht sagen, dass es unmöglich ist, weil es immer wieder Fußballer geben wird, die später dazukommen und sich dann irgendwo reinbeißen. Aber es war damals nicht sonderlich wahrscheinlich und es ist heute sicher noch mal unwahrscheinlicher geworden.
MOPO: Was waren für Sie die drei wichtigsten Momente Ihrer Karriere?
Horst Hrubesch: Der entscheidendste Moment war tatsächlich mein erstes Bundesliga-Spiel in Essen. Wenn ich da nicht direkt gegen Uerdingen die beiden Tore mache, dann weiß ich nicht, ob die Karriere Hrubesch so verlaufen wäre. Die Mitspieler hatten mich schon vorher toll aufgenommen, jetzt kam aber noch die positive Unterstützung der Zuschauer dazu. Das hat für eine Euphorie gesorgt, die mich getragen hat. Danach habe ich gegen Düsseldorf auch direkt getroffen. Dadurch bekam ich die Bestätigung, dass ich das kann. Und dann, na klar, natürlich weiß ich, worauf Sie anspielen. Die beiden Tore im EM-Endspiel gegen Belgien 1980. Das waren ja auch meine ersten Länderspieltore. Ich war heilfroh. Und natürlich zählt auch der 4:3-Sieg mit dem HSV in München dazu.
MOPO: Wem haben Sie am meisten zu verdanken in Ihrer Karriere?
Horst Hrubesch: (überlegt lange) Ich hatte zwei Jugendtrainer, einen im Handball, einen im Fußball. Beide waren wie ein Vater zu mir. Die haben mich begleitet, bis ich 22 Jahre alt war. Sie haben mich immer wieder unterstützt. Das waren Friedhelm Gosewinkel, das war der Handballer, den kennen in Hamm alle unter dem Namen „Holz“ Gosewinkel und Herbert Krischan, der Jugendleiter des FC Pelkum. Letztlich waren Sie ausschlaggebend dafür, was da am Ende bei rausgekommen ist. Denn auch sie hatten mir beigebracht, dass es im Leben immer ums Geben und Nehmen geht, um Vertrauen und Ehrlichkeit. Das ist der Schlüssel für mein ganzes Leben, auch bei der Erziehung meiner Kinder und bei meiner Ehe.
MOPO: In die Hall of Fame aufgenommen werden Sie gemeinsam mit dem vor zehn Jahren verstorbenen Bert Trautmann, mit Guido Buchwald, Bastian Schweinsteiger, Otto Rehhagel und Jupp Heynckes. Gibt es zu einem der Geehrten eine besondere Beziehung?
Horst Hrubesch: Was für Namen! Da bin ich ja jetzt wirklich in die Elite aufgestiegen (lacht). Ich würde fast sagen, dass es zu allen eine besondere Beziehung gibt. Mein Verhältnis zu Otto und Jupp war immer top. Mit beiden kann man sich super austauschen. Basti war ja mein Spieler in der U21, da bin ich schon stolz, dass ich ihn beim Start in die Karriere begleiten durfte. Und Guido ist ja ein ganz ähnlicher Typ wie ich, auch jemand, der über harte Arbeit nach oben gekommen ist. Ein bodenständiger, ehrlicher Typ. Für ihn freut es mich auch sehr. Und ich finde es wirklich toll, dass auch die Taten von Bert Trautmann, der ja bei Manchester City in England gespielt hat, nicht vergessen werden. Das ist großartig.