Relegation, Jatta, Walter: Experte erklärt die Rivalität zwischen HSV und KSC
Es ist eine der ungewöhnlichsten Rivalitäten, die es im deutschen Fußball gibt. Mehr als 600 Autobahn-Kilometer trennen Hamburg und Karlsruhe, nie kämpften die Klubs gegeneinander um einen Titel. Und dennoch: Für die KSC-Fans ist der HSV ein rotes Tuch. Vor dem Wiedersehen im Volkspark erklärt einer, der bei beiden Vereinen in der Führung gearbeitet hat, die Hintergründe.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Neukunden lesen die ersten 4 Wochen für nur 1 €!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen //
online kündbarMOPO+ Jahresabo
für 79,00 €Jetzt sichern!Spare 23 Prozent!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach zum gleichen Preis lesen //
online kündbar
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Der Platz auf der Couch ist natürlich längst reserviert. Oliver Kreuzer wird am Sonntag genau hinsehen, wenn der HSV den Karlsruher SC empfängt. Das Duell seiner beiden früheren Vereine elektrisiert den 58-Jährigen, der in der Saison 2013/14 Sportvorstand des HSV und zuletzt fast sieben Jahre lang beim KSC war. Kreuzer weiß nur zu gut, was auf dem Spiel steht – und warum es zwischen den beiden Klubs regelmäßig hoch her geht.
Er kann deutlich gelassener auf die Partie schauen, als es in den vergangenen Jahren der Fall war. Im Frühjahr 2023 wurde Kreuzer beim KSC als Geschäftsführer Sport freigestellt, die Art und Weise aber sorgt noch immer für Nachwehen. Beide Parteien befinden sich im Rechtsstreit. Daran, dass Kreuzer dem KSC eng verbunden ist, ändert das freilich nichts.
Kreuzer erwarten heißen Tanz zwischen seinen Ex-Vereinen
„Ich war so lange beim KSC, es ist doch klar, dass ich den Verein weiterhin mit Interesse verfolge“, sagt Kreuzer, der nach wie vor in der 300.000-Einwohner-Stadt lebt. Sechs Jahre lang kickte er selbst für Karlsruhe, fast neun Jahre lang (2011 bis 2013 und 2016 bis 2023) war er dann für die sportlichen Geschicke der Badener verantwortlich. „Aber auch zum HSV spüre ich noch eine Bindung. Auch wenn es nun ja schon fast zehn Jahre lang her ist. Man schaut immer besonders hin, was die Ex-Vereine so machen.“
Für den Sonntag erwartet Kreuzer einen heißen Tanz. „Beide Vereine sind mit Siegen aus der Winterpause gestartet“, stellt er fest. „Es dürfte wieder ein enges Spiel werden. Zumal ich ja aus eigener Erfahrung weiß, dass der HSV nie gern gegen den KSC spielt. Da hat sich in den vergangenen Jahren etwas entwickelt, das ist eine spezielle Geschichte.“
Vermutlich sogar eine der ungewöhnlichsten Rivalitäten, die es im deutschen Fußball gibt. Mehr als 600 Autobahn-Kilometer trennen beide Vereine, nie kämpften sie gegeneinander um einen Titel. Und dennoch: Für die KSC-Fans ist der HSV ein rotes Tuch. Das ging im vergangenen Mai sogar so weit, dass der Großteil des Karlsruher Anhangs dem ebenfalls verhassten VfB Stuttgart in der Relegation gegen den HSV die Daumen drückte. Das wäre in etwa so, als würden HSV-Fans aus voller Überzeugung zu Werder Bremen halten.
Die Rivalität zwischen den beiden hat viele Anhaltspunkte
Wie aber kam es dazu? Hängt das alles nur mit der Relegation 2015 zusammen, als der HSV den KSC durch Marcelo Díaz‘ Last-Minute-Freistoß den Aufstieg raubte? „Es ist nicht nur das“, weiß Kreuzer. „Es ist soviel passiert, ständig gab es Berührungspunkte. Das fing schon 2013 an, als nicht nur ich, sondern auch Hakan Calhanoglu vom KSC zum HSV wechselte. Auch auf dem Platz gab es oft Theater, es war immer hitzig. Aber die Relegation war natürlich das i-Tüpfelchen.“
Umgekehrt haben es die Hamburger Fans dem KSC-Anhang nicht verziehen, dass Bakery Jatta 2019 (mitten in der Identitätsdebatte um den HSV-Angreifer) gnadenlos ausgebuht wurde. Kreuzer weiß: „Das Verhältnis der Klubs zueinander ist kompliziert, das hat sich so hochgeschaukelt.“
Und es wird gelebt, nicht zuletzt durch Tim Walter. Der 48-Jährige startete seine Trainer-Karriere 2006 in Karlsruhe, trainierte den KSC-Nachwuchs insgesamt neun Jahre lang. Seit Sommer 2021 ist Walter HSV-Trainer, verpasste nur ein Spiel – weil er im März 2023 beim 2:4 in Karlsruhe den vierten Offiziellen derart heftig anging, dass der DFB ihn daraufhin für ein Spiel aus dem Verkehr zog. Immer wieder Karlsruhe, immer wieder Ärger.
Kreuzer freut sich auf leidenschaftliche Partie
Auch diesmal dürfte es hoch hergehen. Wie im Hinspiel, als der HSV in der Nachspielzeit noch das 2:2 kassierte. „Hamburg will aufsteigen, der KSC den Abstand nach unten weiter vergrößern“, weiß Kreuzer, der besonders ein Auge auf Stephan Ambrosius werfen wird. Den HSV-Abwehrmann lotste er in der Vorsaison auf Leihbasis zum KSC, wo er ein Jahr lang reifte. Nun ist er beim HSV Stammspieler. „Es freut mich sehr für Stephan, dass er sich auch in Hamburg durchsetzt“, sagt Kreuzer. „Wir haben ihn in Karlsruhe sehr geschätzt. Er war sehr demütig und hat niemals raushängen lassen, dass er vom großen HSV kommt.“ Auch Ambrosius steht nun vor einem speziellen Wiedersehen.
Das könnte Sie auch interessieren: Überraschende Sorgen beim HSV: Auch zwei Kumpel betroffen
Reichlich Zutaten für eine leidenschaftliche Partie. Kreuzer wird sie diesmal in aller Ruhe verfolgen können, bis irgendwann der nächste Job ruft.