Pollersbeck hadert mit HSV-Abschied – Fans sind „ja der komplette Wahnsinn“
Es ist windig in Lorient, als die MOPO Julian Pollersbeck erreicht. „Das“, sagt der 28-Jährige, „erinnert mich total an Hamburg.“ Seit 2020 ist der U21-Europameister von 2017 inzwischen in Frankreich, zunächst in Lyon, jetzt in der Bretagne. Am Samstag aber richtet sich Pollersbecks Blick nach Kaiserslautern, wo die beiden Klubs aufeinandertreffen, die seine Karriere maßgeblich geprägt haben: Der FCK und der HSV. Im exklusiven MOPO-Interview sprach der ehemalige Fanliebling über den Mythos Betzenberg, seine Zukunftspläne – und warum er manchmal mit seinem HSV-Abschied hadert.
Es ist windig in Lorient, als die MOPO Julian Pollersbeck erreicht. „Das“, sagt der 28-Jährige, „erinnert mich total an Hamburg.“ Seit 2020 ist der U21-Europameister von 2017 inzwischen in Frankreich, zunächst in Lyon, jetzt in der Bretagne. Am Samstag aber richtet sich Pollersbecks Blick nach Kaiserslautern, wo die beiden Klubs aufeinandertreffen, die seine Karriere maßgeblich geprägt haben: Der FCK und der HSV. Im exklusiven MOPO-Interview sprach der ehemalige Fanliebling über den Mythos Betzenberg, seine Zukunftspläne – und warum er manchmal mit seinem HSV-Abschied hadert.
MOPO: Herr Pollersbeck, wie geht es Ihnen aktuell in Lorient?
Julian Pollersbeck: Mir geht es momentan gut, danke. Ich bin einfach nur froh, dass ich wieder fit bin nach meiner Knie-OP. In Lorient ist alles ein bisschen Freiburg-mäßig, ohne Störfeuer von außen. Der Verein ist sehr klar in seiner Linie, mit dem, was sie wollen. Es macht Spaß hier, auch wenn ich nicht spiele. Im Winter war es eine gute Option, für ein halbes Jahr hierher zu gehen, weil es in Lyon nicht mehr gepasst hat. Ich kann mich gut auf den Sommer vorbereiten, ohne Druck Sachen ausprobieren.
Julian Pollersbeck verfolgt HSV und Kaiserslautern noch
Am Samstag kommt es am Betzenberg zum Duell zweier Vereine, die ihre Karriere geprägt haben. Wie verfolgen Sie den HSV und den 1. FC Kaiserslautern aus Frankreich?
Lautern war meine erste Profistation, der HSV die zweite. Es sind zwei der größten Traditionsvereine im deutschen Fußball, die leider ein bisschen ihrem Ruf hinterherhinken. Beide gehören in die Erste Liga. Ich verfolge beide, den HSV vielleicht noch ein wenig mehr – weil ich da einfach noch mehr Leute kenne. Vor allem die Leute drumherum, die Zeugwarte beispielsweise, werden nie wechseln (lacht). Die ganzen guten Seelen bleiben ihren Vereinen treu.
Das heißt, Sie gucken auch fleißig die Spiele, sofern es die Zeit zulässt?
Immer! Ich gucke mir die Spiele an. Gerade beim HSV mit dem Aufstiegsrennen, da gucke ich schon auch immer die Darmstadt- und Heidenheim-Spiele. Mit Sven Höh (HSV-Torwarttrainer; Anm. d. Red.) und Bobby Glatzel habe ich auch eine gemeinsame Lauterer Vergangenheit. Beim HSV kenne ich einfach noch viel mehr Leute, habe einen viel krasseren Bezug in die Mannschaft.
Was sind denn ihre Erinnerungen an Robert Glatzel?
Bobby ist eine absolute Maschine. Er kam ja von 1860 München zur zweiten Mannschaft vom FCK. Man hat direkt gesehen, dass er den extremen Willen hat, sich weiterzuentwickeln. Es war noch nicht alles top damals, aber er hat so wahnsinnig viel an sich gearbeitet, sich schnell verbessert. In der Saison, in der ich Stammtorwart wurde, hat er dann auch bei den Profis mittrainiert – weil er in der Regionalliga alles kurz- und kleingeschossen hat. Es war dann keine Überraschung, dass er auch bei uns performt hat. Ein geiler Typ – es freut mich, wie er seinen Weg gegangen ist. Schade, dass ich mit meinem ehemaligen Kompagnon nicht mehr beim HSV zusammenspielen konnte.
Der Torwart-Spielstil, der unter Höh und Tim Walter gepflegt wird, dürfte ihnen sehr zusagen, oder?
Ich denke mir schon manchmal: Mensch Meier, wäre ich doch mal dageblieben! (schmunzelt) Der Vertrag lief zwar nicht mehr so lange, aber wer weiß … aber im Ernst: So ist das manchmal im Fußball. Im Sommer 2020 ist es nicht mehr so gut gelaufen, da war es dann in Ordnung, dass sich die Wege trennen. Sven und Tim Walter sind ein Jahr später gekommen. Den Ertrag der Zusammenarbeit zwischen Ferro (Daniel Heuer Fernandes; Anm. d. Red.) und Sven sieht man: Er ist der notenbeste Spieler der Liga, für mich auch der beste Torwart – und das wundert mich nicht.
HSV-Torwarttrainer Höh förderte Pollersbeck
Wie sehr hat sie Sven Höh geprägt, wie ist ihr Austausch?
Mit Sven habe ich sehr viel Kontakt. Er hat mich die ersten Jahre sehr stark geprägt, hat meine Torwartphilosophie mitentwickelt. In jedes Detail hat er so viel reingesteckt, mich auch mal beiseite genommen, wenn was nicht so gepasst hat. Ich komme aus Bayern, da gibt’s dann auch mal ein halbes Hendl mittags (lacht). Da war Sven sehr geduldig mit mir und da bin ich ihm auch sehr dankbar. Es freut mich einfach, dass er jetzt die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient und aus Gerry Ehrmanns (langjähriger Torwart-Ausbilder in Lautern, Anm. d. Red.) Schatten getreten ist. Daran, dass Ferro so gut spielt, sieht man auch, wie schnell die Arbeit Früchte trägt.
Was macht den Mythos Betzenberg aus?
Du siehst den Betzenberg aus der Stadt hochragen. Wenn du dann diesen Berg hochgehst, das ist so geil, wie sich dieses monströse Stadion aufbaut. Da kriege ich Gänsehaut, wenn ich davon erzähle. Man merkt einfach: Kaiserslautern ist der FCK. Jeder Mensch in Kaiserslautern identifiziert sich, leidet und feiert mit dem Verein. Es gibt dort in dieser Region nur den FCK, diese Passion merkt man.
Und beim HSV?
Der HSV ist mit seiner Strahlkraft eh unfassbar, ein Zuschauerschnitt von 53.000 in der Zweiten Liga: Das ist ja kompletter Wahnsinn! Das ist einmalig: laut, emotional, Gänsehaut. Ich freue mich immer, wenn ich das im TV sehe. Gleichzeitig blutet mir das Herz, weil ich mich da immer noch gut reinfühlen kann, wie es ist, dort auf den Platz zu laufen.
Duell gegen FCK: Pollersbeck drückt HSV die Daumen
Hand aufs Herz: Wem drücken Sie am Samstagabend die Daumen?
Es tut mir für alle FCK-Fans leid, aber ich drücke dem HSV die Daumen. Einfach aus dem Grund, weil es für Hamburg noch um den Aufstieg geht. Beim FCK ist der Klassenerhalt fix, nach ganz oben geht aber auch nichts. Deswegen bin ich für den HSV, gönne es aber beiden.
Glauben Sie, dass es im fünften Anlauf mit dem Aufstieg klappt?
Die Theorie von Albert Einstein – „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert“– wird ja gebrochen, indem man seit über 1,5 Jahren am gleichen Trainer und Management festhält – was schon mal gut ist. Soweit ich das aus der Ferne mitkriege, ist eine gewisse Ruhe eingekehrt, soweit man davon im HSV-Umfeld sprechen kann. Der Zusammenhalt ist groß, sie stecken Niederlagen weg, kommen immer wieder zurück, wie in Heidenheim. Es ist alles da: Es muss nur abgerufen werden. Nebenbei wäre es schon gut, wenn es dieses Jahr direkt klappen würde. Relegation war letztes Jahr für mich zu viel leiden. Das hat mir nicht gefallen (lacht).
So plant Ex-HSV-Torhüter Pollersbeck seine Zukunft
In Lyon haben Sie noch bis 2024 Vertrag. Wie planen Sie über den Sommer hinaus?
Das primäre Ziel ist, dass ich eine Mannschaft finde, die mich haben möchte und wo ich spielen kann. Da ist auch die Zweite Liga interessant, aber das wird man sehen. Ich glaube nicht, dass mir Lyon Steine in den Weg legen wird, im Gegenteil. Ich bin 28, will auch mal wieder zeigen, dass ich auch ein bisschen was kann. Auf der Bank sitzen habe ich schon immer gehasst.
Abschließend: Wie geht’s am Samstag aus?
Ich wünsche Sven und Ferro ein Zu-Null-Spiel, tippe mal 2:0 für den HSV. Danach wird es Zeit, das Derby vor ausverkauftem Haus im Volkspark zu gewinnen – und ich glaube, dann fliegt auf jeden Fall das Dach vom Stadion.