„Manchmal tut es weh“: Ramos über Kritik und seine Ziele mit dem HSV
Es sind besondere Tage und Wochen, die vor ihm liegen. Innenverteidiger Guilherme Ramos trifft mit dem HSV am Samstag auf Wehen Wiesbaden. Schon wieder ein Aufsteiger – und ein Klub, an der Portugiese ganz schaurige Erinnerungen hat. Darüber spricht er im ausführlichen Gespräch mit der MOPO ebenso wie über die deutliche Kritik von Trainer Tim Walter an ihm persönlich und über seine bevorstehende Rückkehr nach Bielefeld.
Das passende Rezept hat er schon im Kopf. „Wir müssen genau so weitermachen wie zuletzt gegen Düsseldorf“, sagt Guilherme Ramos vor dem Auftritt des HSV in Wiesbaden. Klingt so einfach – und könnte doch so schwer sein. Nach den beiden jüngsten Auswärtspleiten in Elversberg und Osnabrück (jeweils 1:2) wartet Aufsteiger Nummer drei auf Ramos und die Hamburger. Rutschen sie erneut aus oder wird diesmal alles besser?
Er konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen, keine Chance. Da war einiges los auf Ramos’ Smartphone, als am vergangenen Sonntag bekannt wurde, mit wem es der HSV in der zweiten Pokal-Runde zu tun bekommt. Bielefeld, ausgerechnet Ramos’ Ex-Verein. „Ich habe sehr viele Nachrichten bekommen“, erzählt der 26-Jährige. „Dass wir bei der Arminia spielen, freut mich sehr. Der Verein hat mir 2021 die Tür nach Deutschland geöffnet.“
Ramos verpasste die Relegation gegen Wiesbaden
Es wird nicht der einzige Kreis sein, der sich für Ramos in nächster Zeit schließt. Wiesbaden, da war doch was. Im Sommer zog Bielefeld in der Relegation gegen die Hessen den Kürzeren, vor allem das Hinspiel (0:4) war ein Desaster. „Ich war damals noch an der Schulter verletzt und nicht in Wiesbaden dabei“, erinnert sich Ramos. „Aber ich habe es natürlich am Fernseher verfolgt. Es war wirklich schlimm.“ Und dennoch: Nur wegen des Abstiegs war Ramos im Sommer ablösefrei. Wer weiß, ob er ansonsten den Weg zum HSV gefunden hätte.
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Nun also wieder Wiesbaden. Die Liga wird gespannt hinsehen, ob der HSV erneut bei einem krassen Außenseiter Federn lässt. Zumindest Ramos ist davon überzeugt, dass dies nicht passieren wird. „Wir haben keine Aufsteiger-Allergie“, sagt er. „Es geht auch nicht darum, ob wir bei einem Liga-Neuling spielen – sondern nur darum, wie wir auftreten. Wenn wir unser Level erreichen und unsere Qualität auf den Platz bringen, kommen wir einem Sieg nahe. Und zwar in jedem Spiel.“
„Härteres“ Training nach den Niederlagen gegen Aufsteiger
Das war in Elversberg und Osnabrück anders. Ramos wirkt noch immer verärgert ob der Niederlagen. „Es darf nicht sein, dass wir sechs Punkte auf diese Weise wegwerfen“, stellt er klar. Tim Walter sah es genauso und zog die Zügel in der Vorwoche merklich an. „Es war wirklich härter als sonst“, sagt Ramos. „Aber ich denke, es war gut so und hat uns geholfen.“ Und schmunzelnd: „Manchmal müssen die Köpfe durch noch härteres Training wieder freigepustet werden. Gegen Düsseldorf haben wir eine gute Reaktion gezeigt.“

Erst die Pleiten bei den Aufsteigern, dann der gute Auftritt gegen den Mitkonkurrenten im Kampf um den Aufstieg. Eine Wellenbewegung, die sich durchaus mit Ramos’ ersten Saison-Monaten deckt. Auch von seinem Trainer gab es mitunter deutliche Kritik, in Osnabrück etwa wurde der Abwehrmann zur Pause ausgewechselt – ausdrücklich aus Leistungsgründen, wie Walter später betonte. „Manchmal tut es natürlich weh, die Wahrheit zu hören“, sagt der Lockenkopf. „Aber der Trainer hatte ja Recht mit seiner Kritik. Ich habe in dem Spiel nicht auf meinem Niveau gespielt. Das muss man sich als Profi dann auch danach anhören und annehmen.“
Ramos auch gegen Wiesbaden der Schonlau-Ersatz
Gegen die Fortuna lief es deutlich besser. Entsprechend führt auch am Samstag kein Weg an Ramos vorbei, der gemeinsam mit Dennis Hadzikadunic die Innenverteidigung bilden wird. Auch, weil Kapitän Sebastian Schonlau weiterhin verletzt fehlt, wie bislang fast die gesamte Spielzeit über. „Seine Bedeutung für uns ist trotzdem enorm groß, obwohl er zurzeit nicht spielt“, betont Ramos. „Er kennt hier alles, lebt die Philosophie des Trainers vor, ist ein absoluter Leader und unser Kapitän.“
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Ganz nebenbei aber eben auch Ramos’ Konkurrent. Sollte Schonlau fit sein, könnte es für den Ex-Bielefelder schon sehr bald eng werden, ausgerechnet vor dem Pokal-Duell bei der Arminia (31. Oktober oder 1. November). „Aber mich treibt Konkurrenz eher an“, stellt er fest und verweist darauf, dass er für sich ohnehin noch Luft nach oben sieht: „Ich kann und will mich natürlich noch verbessern und zu noch mehr Balance finden. Aber ich bin noch nicht so lange hier, es ist ein neuer Verein, eine neue Stadt und eine neue Philosophie. Grundsätzlich denke ich, dass ich auf einem sehr guten Weg bin.“
Einer, der am Ende der Saison dahin führen soll, wo Ramos vor 17 Monaten noch mit Bielefeld war. Er kennt sie, die Bundesliga. 13 Mal kam er dort zum Einsatz und hat Lust auf mehr. Der Aufstieg mit dem HSV ist das Ziel, „daran arbeiten wir“. Schritt für Schritt. Auch gegen die vermeintlich Kleinen.