x
x
x
  • Im Sommer 2019 wechselte Pierre-Michel Lasogga vom HSV ablösefrei zu Katar-Klub Al-Arabi.
  • Foto: WITTERS

Interview: Lasogga über Katar, den HSV, Nachfolger Terodde – und eine Rückkehr

Wenn er die Möglichkeit haben sollte, wird er zuschauen. Im fernen Katar will Pierre-Michel Lasogga den Auftritt des HSV beim 1. FC Nürnberg verfolgen – denn dieses Spiel weckt Erinnerungen in ihm. Im Oktober 2013 schoss sich der Angreifer, der mittlerweile für Al-Arabi in Katar spielt, mit drei Treffern erstmals so richtig in die Herzen der HSV-Anhänger. In der MOPO erinnert er sich.

Herr Lasogga, in Doha haben Sie zurzeit Temperaturen zwischen 23 und 25 Grad. Vermissen Sie den manchmal den deutschen Winter?

Pierre-Michel Lasogga: Ob Sie es glauben oder nicht: Den einen oder anderen Regenschauer vermisse ich tatsächlich hin und wieder (lacht). Mir fehlt mein Heimatland, aber leider war ich schon längere Zeit nicht mehr da.

Lasogga spielte von 2013 bis 2019 beim HSV

Vermissen Sie auch den HSV, für den Sie bis Sommer 2019 gespielt haben?

Zumindest verfolge ich ihn weiterhin und schaue die Spiele, wann immer es möglich ist. Trotzdem tut es mir nach all den turbulenten Jahren ganz gut, ein wenig Abstand gewonnen zu haben.

An diesem Wochenende kommen besondere Erinnerungen hoch. Der HSV gastiert in Nürnberg, da war ja mal was. Welche Gedanken verbinden Sie mit dem 6. Oktober 2013?

Das war einer meiner schönsten Tage überhaupt beim HSV. Wir haben 5:0 in Nürnberg gewonnen, es war der erste Hattrick meiner Bundesliga-Karriere. Diesen Tag werde ich nie vergessen.

Pierre-Michel Lasogga

Sein vielleicht bestes HSV-Spiel: Am 6. Oktober 2013 traf Lasogga beim 5:0 in Nürnberg drei Mal, hier zum 2:0.

Foto:

WITTERS

Wissen Sie noch, wie das Spiel ablief?

Ich kann mich noch sehr genau an meine Tore erinnern. Mein erstes hat Rafael van der Vaart super vorbereitet. Das zweite fiel nach einer Ecke von Rafa, Jonathan Tah hat den Ball verlängert. Und beim dritten habe ich aus 30 Metern abgezogen und der Ball ging vom Innenpfosten rein. An manchen Tagen klappt halt alles.

Nach dem ersten Zweitligajahr verließ Lasogga den HSV

Mittlerweile spielt der HSV sein drittes Jahr in der Zweiten Liga.

Hoffentlich schaffen sie dieses Jahr endlich den Aufstieg, der Verein gehört einfach in die Bundesliga.

Mit Simon Terodde hat der Verein einen Stürmer, der fast nach Belieben trifft. Könnte das am Ende den Ausschlag geben?

Er ist eine absolute Tormaschine. Ich wünsche ihm, dass er den HSV in die Bundesliga schießt. Zurzeit macht er einen super Job und ich glaube auch, dass der HSV deswegen am Ende aufsteigen wird.

Allerdings wird Terodde nachgesagt, er sei in erster Linie ein Zweitligastürmer – und passe vielleicht nicht so ganz in die Bundesliga.

Was soll man dazu sagen? Ich habe kürzlich gelesen, dass Simon sehr stolz auf seine Karriere ist. Völlig zurecht! Er hat seine Qualitäten über Jahre bewiesen. Kritiker gibt es nun mal überall, damit muss man leben.

Sie sprechen aus Erfahrung. Als Sie mit 27 Jahren nach Katar wechselten, warfen Ihnen Kritiker vor, Sie würden Ihre Karriere für einen Haufen Geld opfern.

Kritiker wird es immer geben, egal zu welchem Verein ich gegangen wäre. Aber für mich war es der richtige Schritt. Ich wollte behilflich sein, hier sportlich etwas zu entwickeln, das hatte Priorität. Glauben Sie mir: Fußballspielen ist und bleibt für mich eine Herzensangelegenheit, ich kicke seit ich drei Jahre alt bin. Aber wenn Du Profi wirst, ist es natürlich auch deine Aufgabe, Geld zu verdienen. Das ist nicht verwerflich.

Aber die katarische Liga zählt sicherlich nicht zu den sportlich reizvollsten der Welt.

Aber mein Ehrgeiz ist riesig. Und wenn du den Fußball lebst und liebst, so wie ich es tue, willst du immer das Bestmögliche geben – unabhängig davon, ob du in England, Deutschland oder Katar spielst.

Lasogga erklärt: Darum spielt er zurzeit nicht mehr

Nachdem Sie in Ihrer ersten Saison sieben Treffer erzielten, spielen Sie zurzeit gar nicht. Es heißt, Sie hätten Ihren Ausländerplatz aufgrund von Statuten verloren.

Ich hatte zunächst eine Fußverletzung, die mich zurückgeworfen hat. Dazu kam dann eine Umstrukturierung im Verein, der die Ausländerplätze getauscht hat. Das ist legitim und in Katar nicht ungewöhnlich.

Wie gehen Sie damit um?

Jeder der mich kennt, weiß, wie riesig meine Motivation für den Fußball ist. Deswegen ist es natürlich unbefriedigend, in so einer Situation zu stecken. Aber ich habe noch einen Vertrag bis 2022. Mal schauen was in den nächsten Wochen passiert.

Wäre eine Rückkehr nach Europa denkbar?

Grundsätzlich bin ich offen für alles. Aber wie gesagt, ich habe noch Vertrag. Sollte es irgendwann eine gute Möglichkeit in Europa geben, bin ich sicherlich aufgeschlossen. Dafür arbeite ich hart an mir und lasse mich nicht hängen. Wenn diese Chance käme, will ich bereit dafür sein und den Leuten zeigen, dass ich es noch draufhabe.

Erzählen Sie uns vom Leben in Katar. Wie kommen Sie mit der fremden Kultur zurecht?

Wir als Familie fühlen uns pudelwohl! Katar ist ein sicheres Land, das ist für Eltern sehr beruhigend. Und wir haben hier viele tolle Menschen kennengelernt. Allein schon deshalb war es schön, den Schritt hierher zu machen. Katar empfindet sich gerade neu, mit Blick auf die WM im kommenden Jahr wird überall gebaut. Es ist spannend, das zu sehen.

Gibt es Einschränkungen durch das Coronavirus?

Natürlich ist alles etwas anders, aber in Katar ist ein recht normales Leben möglich. Geschäfte und Restaurants haben geöffnet, aber es herrscht Maskenpflicht. Schade ist, dass wir das Land aufgrund der Beschränkungen nicht ohne weiteres verlassen können. Besuch dürfen wir auch nicht empfangen.

Lasogga: In Katar sind Zuschauer beim Fußball erlaubt

Wie funktioniert der Fußball in diesen Zeiten?

Aktuell sind Zuschauer zugelassen, allerdings nur eine gewisse Anzahl. Das zeigt, dass die Maßnahmen hier greifen.

Nun könnte man natürlich entgegnen, dass die Stadien in Katar ohnehin selten mal voll sind. Aus Ihrer Zeit in der Bundesliga und bei Leeds United (Saison 2017/18) sind Sie anderes gewohnt. Stört Sie das nicht?

Um ehrlich zu sein, war das zunächst ein kleiner Kulturschock. Ich habe das Zusammenspiel zwischen Fans und Spielern ja immer geliebt. Ob nun positiv oder negativ – es pusht mich. Ich war allerdings überrascht, wie schnell man sich daran gewöhnt, vor 1500 Fans zu spielen, obwohl ich ein Jahrzehnt lang anderes gewohnt war. Der Spaß daran, Tore zu schießen, verschwindet eben nie (lacht).

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp