„Das wäre unglaublich“ – HSV-Talent darf von Olympia-Teilnahme träumen
Er zählt zur Garde der jungen Wilden, denen die Zukunft gehören soll. Omar Megeed ist das Küken des HSV-Kaders, gerade zarte 18 Jahre alt geworden und nebenbei der jüngste Spieler, der jemals ein Profispiel für den stolzen Verein bestritt. Reichlich Stoff für Träume. Und manchmal kann er es selbst nicht so ganz fassen, was in den vergangenen 15 Monaten alles mit ihm passiert ist.
Wer in Hamburg nach Gold sucht, sollte mal in Wilhelmsburg vorbeischauen. Genau genommen am Rotenhäuser Damm 58, Haus der Jugend. Direkt daneben steht er, der Fußball-Käfig, in dem kleine Jungs an großen Karrieren arbeiten. Die Liste ist beeindruckend. Faride Alidou (22) und Stephan Ambrosius (24) wurden in der Nachbarschaft groß und kickten hier in ihrer Jugend häufig von morgens bis abends. Ab und zu mischte auch ein kleiner Junge mit, deutlich jünger, acht oder neun Jahre alt. „Das war ich“, sagt Megeed lachend, „aber ich weiß gar nicht, ob die beiden das heute noch wissen.“ Coole Zeiten waren das, von denen Megeed sagt: „Der Käfig ist der Schlüssel für alles. Was du da lernst, auf engstem Raum, ist Gold wert.“
Megeed dankt HSV-Trainer Walter für „bestes Geschenk“
- Deutsch (Deutschland)
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Er zählt zur Garde der jungen Wilden, denen die Zukunft gehören soll. Omar Megeed ist das Küken des HSV-Kaders, gerade zarte 18 Jahre alt geworden und nebenbei der jüngste Spieler, der jemals ein Profispiel für den stolzen Verein bestritt. Reichlich Stoff für Träume. Und manchmal kann er es selbst nicht so ganz fassen, was in den vergangenen 15 Monaten alles mit ihm passiert ist.
Wer in Hamburg nach Gold sucht, sollte mal in Wilhelmsburg vorbeischauen. Genau genommen am Rotenhäuser Damm 58, Haus der Jugend. Direkt daneben steht er, der Fußball-Käfig, in dem kleine Jungs an großen Karrieren arbeiten. Die Liste ist beeindruckend. Faride Alidou (22) und Stephan Ambrosius (24) wurden in der Nachbarschaft groß und kickten hier in ihrer Jugend häufig von morgens bis abends. Ab und zu mischte auch ein kleiner Junge mit, deutlich jünger, acht oder neun Jahre alt. „Das war ich“, sagt Megeed lachend, „aber ich weiß gar nicht, ob die beiden das heute noch wissen.“ Coole Zeiten waren das, von denen Megeed sagt: „Der Käfig ist der Schlüssel für alles. Was du da lernst, auf engstem Raum, ist Gold wert.“
Megeed dankt HSV-Trainer Walter für „bestes Geschenk“
Zumindest scheint es zu helfen. Alidou spielt mittlerweile in der Bundesliga für den 1. FC Köln, HSV-Profi Ambrosius ist gerade mit Ghanas Nationalteam auf Reisen. Eines aber hat der deutlich jüngere Megeed beiden voraus: die größte Party, die man sich nur denken kann. 57.000 Gäste waren am 19. August dabei, als der HSV Hertha BSC mit 3:0 schlug und Megeed an seinem 18. Geburtstag kurz vor dem Ende eingewechselt wurde. „Das ist das beste Geschenk, das man sich nur vorstellen kann“, sagte er danach aufgekratzt. „Einfach unfassbar.“
Zweieinhalb Wochen später sitzt Megeed im Pressekonferenzraum des Volksparkstadions und wirkt ziemlich aufgeräumt. Gerade hat er mit dem HSV den Test gegen Volendam 1:2 verloren, aber – viel wichtiger – Spielzeit bekommen. 70 Minuten durfte er ran. Nun folgt der erste größere Pressetermin seiner noch so jungen Karriere. Ein Leben, das irgendwann mal zur Gewohnheit werden könnte.
Um sich darauf vorzubereiten, hat er Maßnahmen ergriffen. Mehr als 12.000 Follower zählt Megeed mittlerweile bei Instagram, Tendenz: steigend. Deshalb hat er die Nachrichten blockiert. „Das lenkt mich sonst nur ab“, stellt er fest.
Profi-Debüt beim HSV kurz vor dem 17. Geburtstag
Die Gefahr wäre gegeben, denn seit rund einem Jahr steht Megeed in den HSV-Rekordbüchern. 16 Jahre und 359 Tage war er alt, als er im August 2022 in Bielefeld eingewechselt wurde. Jünger als alle anderen 814 Profis, die jemals beim HSV unter Vertrag standen. „Das Krasseste waren die Fans“, erinnert er sich. „Das kannte ich ja alles nicht. Als Kind dachte ich: Man spielt, hat Spaß, gewinnt oder verliert – und fährt dann eben nach Hause. Aber jetzt stand ich auf dem Rasen, habe hoch geguckt und dachte: Ist das geil, jetzt gerade hier zu sein!“
Wie aber tickt er, der junge Mann, der als Super-Talent gilt, den auch schon Leverkusen, Gladbach oder Köln gern für ihre Jugend-Teams abgeworben hätten? Und der nun, mit großen Hoffnungen behaftet, beim HSV wachsen will?
Vielleicht ist sein großer Vorteil, dass er sich sehr lange keinen Kopf über all das machte. „Bis ich elf oder zwölf war, habe ich nie an Profifußball gedacht“, sagt er. „Meine Eltern hatten damals andere Sorgen, als mich auf meine mögliche Profi-Karriere vorzubereiten.“ Das ägyptische Paar zog Ende der 90er aus Kairo nach Hamburg und hatte den Traum, gemeinsam in Europa zu leben und eine Familie zu gründen. Das hat ganz gut geklappt: Omar ist das jüngste von vier Kindern. Traum erfüllt.
Sein eigener nahm 2019 Fahrt auf. Über Einigkeit Wilhelmsburg und Süderelbe landete Megeed beim HSV und merkte: Da geht was. Stufe um Stufe. Bis er im Sommer 2022 bei den Profis vorspielte.
„Der Unterschied war und ist enorm“, sagt Megeed, der in dieser Saison vorwiegend in der U21 zum Einsatz kommen, aber regelmäßig unter Tim Walter trainieren soll. Was ihm sofort auffiel: „Schon der erste Ballkontakt ist häufig entscheidend. Wenn du einmal nicht wach bist, ist die Kugel sofort weg. Das ist ein riesiger Unterschied zum Jugendfußball.“ Auch deshalb gibt sich Megeed demütig: „Mir fehlt noch viel, um ein Profi zu sein. Aber ich will diesen Weg gehen und es schaffen.“
Megeed will mit Ägypten zu den Olympischen Spielen
Auch in Ägypten trauen sie ihm das zu. Zwei Mal spielte der Mittelfeldmann bereits für die U20 seines Landes, wohlgemerkt auch im Alter von 16 Jahren. Nur ein Ermüdungsbruch, den sich Megeed kurz nach seinem HSV-Profidebüt im Vorjahr zuzog, verhinderte sogar einen Einsatz im A-Team. Er war eigentlich für ein Testspiel vorgesehen, an der Seite von Superstar Mo Salah, es wäre das nächste Märchen geworden. Nun hat die U23, die sich für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert hat, das Talent auf dem Zettel. „2024 bei Olympia zu spielen, wäre natürlich unglaublich“, sagt Megeed mit leuchtenden Augen.
Der HSV und ein möglicher Bundesliga-Aufstieg. Olympia. Klingt alles spitze. Doch vorher wartet harte Arbeit. Megeeds Anlagen seien riesig, sagen Wegbegleiter, sein Körper sehr ausgereift für einen Spieler seines Alters. Flausen im Kopf? Fehlanzeige. Auch gegen Volendam zeigt er, was der Käfig ihn lehrte und behauptet sich mehrfach geschickt auf engstem Raum. Aber mehr Tore und Vorlagen dürften es künftig sein, heißt es aus dem HSV-Umfeld. Daran werde ein offensiver Mittelfeldspieler ja gemessen. Immerhin: Kürzlich erzielte Megeed sein erstes Regionalligator.
Ruhiges Umfeld hilft Megeed beim HSV
Er wird nicht locker lassen. „Bei den Profis zu spielen, davon träumt doch jeder“, findet er. Entbehrungen nimmt er in Kauf. Mal um die Häuser ziehen, es krachen lassen, das sei eh nicht so sein Ding. „Das Gute ist, dass fast alle meine Kumpels auch beim HSV im NLZ sind. Wir achten aufeinander.“ Sein bester Freund ist seit zehn Jahren Fabio Baldé (18) aus der U19. Auch ein Kind des Wilhelmsburger Käfigs. Und auch Megeeds Berater weiß, wie große Karrieren funktionieren. Thies Bliemeister managte Ex-HSV-Profi Heung Min-Son (Tottenham) zum Weltstar, betreute davor auch Ilkay Gündogan.
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Megeeds Weg scheint auf allen Ebenen geebnet zu sein. Nun liegt es an ihm selbst. „Ich hatte schon Höhen und Tiefen“, merkt er mit Blick auf zwei schwerere Verletzungen im vergangenen Jahr an. „Aber alle helfen mir. Auch bei den Profis, die ganze Mannschaft. Sie alle wollen, dass ich besser werde.“
Und wenn es doch mal nicht läuft, hilft vielleicht nochmal die Erinnerung an seine ersten Profi-Minuten, damals in Bielefeld. Er muss doch wahnsinnig nervös gewesen sein, oder? Megeed hört die Frage, überlegt kurz und zuckt mit den Achseln: „Ich habe einfach Fußball gespielt. Das ist ja das, was ich liebe.“