• HSV-Profi Rick van Drongelen will nach seinem Kreuzbandriss gestärkt auf die Spielfelder zurückkehren.
  • Foto: imago images/Jan Huebner

HSV-Profi: Rick van Drongelen: „Schlimmster Moment meiner Karriere“

Sein Saisonausklang war der blanke Horror. Als hätten das 1:5 gegen Sandhausen und der verpasste Aufstieg mit dem HSV nicht schon gereicht, verabschiedete sich Rick van Drongelen auch noch mit einem Kreuzbandriss in die Sommerpause. Die Narben werden nach der Verletzung bleiben. Der Blick des Niederländers aber geht bereits wieder nach vorn, wie er der MOPO verriet.

Und dann kommen zu allem Überfluss auch noch die kleinen Sorgen des Alltags dazu. „Mist, mein Akku ist gleich leer“, sagt van Drongelen, kurz nachdem die MOPO ihn erreicht. Er muss sein Handy einstöpseln, das klappt nicht so recht, man hört ihn fluchen. „So, jetzt ist alles gut“, sagt er dann.

Rick van Drongelen

Die Verletzung, die jeder Fußballer fürchtet: Nach seinem Kreuzbandriss muss Rick van Drongelen bis zum Frühjahr 2021 pausieren.

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Groothuis/Witters/Pool/Witters

Eine kleine Begebenheit, die als Sinnbild für die Gesamtsituation des 21-Jährigen taugt. Erst Frust und Ärger. Dann aber geht es weiter. Er erlebt das alles auch gerade noch in einer ganz anderen Dimension.

HSV-Profi van Drongelen: „Habe es sofort knacken hören“

Knapp zwei Wochen ist es her, dass zumindest van Drongelens sportliche Welt kurzzeitig zusammenbrach. 0:2 lag er mit dem HSV gegen Sandhausen zurück, die Uhren im Volksparkstadion waren gerade auf 16.02 Uhr gesprungen, da hallten die markerschütternden Schreie des Niederländers durch den leeren Volkspark.

„Ich habe es sofort knacken hören“, beschreibt er die Momente, nachdem sein vorderes Kreuzband im linken Knie gerissen war. „Mir war klar, dass es etwas Schlimmes sein musste. Was genau, wusste ich nicht, denn ich war ja noch nie schwer verletzt und habe keine Erfahrung damit. Aber als mir unser Doc nach einer ersten Untersuchung in der Kabine sagte, dass das Kreuzband wahrscheinlich gerissen ist, war das der schlimmste Moment meiner Karriere.“

Der Tag wurde nicht besser, auch nicht, als van Drongelens erster Schock verschwand. Am Handy verfolgte er, wie seine Kollegen gegen Sandhausen untergingen. Er selbst hatte mit einem Eigentor die Niederlage auch noch eingeleitet.

„Es gibt Tage, die kannst du dir nicht vorstellen“, sagt van Drongelen rückblickend. Seitdem vermeidet er es, Berichte über den HSV in der Zeitung oder im Internet zu lesen. Er kann sich ja denken, was da so steht, meint er. „Wenig Gutes. Warum soll ich mich damit belasten?“

Van Drongelen wird Teile seiner Reha in Antwerpen absolvieren

Seine eigene Zukunft begann sehr schnell nach diesem für ihn so traumatischen 28. Juni. Fünf Tage später wurde van Drongelen operiert, seitdem hat er Schmerzen. „Und vier Narben“, stellt er fest. „Die Schmerzen sind schon heftig, aber es wird jeden Tag einen kleinen Tick besser.“

Nach wie vor weilt er in Hamburg. Jeden Tag fährt er zur Kontrolle ins UKE. Bald aber darf van Drongelen nach Hause, in die Niederlande. Das wird ihm gut tun, doch auch dort steht die Arbeit im Vordergrund. Täglich wird der Vize-Kapitän des HSV über die Grenze ins belgische Antwerpen fahren, um mit einem Spezialisten Stabilisationsübungen für sein Knie zu absolvieren.

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Es wird vorerst ein kurzer Abstecher in die Heimat sein, denn in van Drongelens Terminkalender ist der 3. August bereits rot angestrichen. Verletzung hin oder her, „zum Trainingsstart werde ich in Hamburg sein. Ich möchte ja auch unseren neuen Trainer kennenlernen. Das ist mir wichtig, trotz Verletzung. Den gemeinsamen Start möchte ich auf keinen Fall verpassen.“

Van Drongelen zeigt sich ob seiner HSV-Leistungen selbstkritisch

Nun also Daniel Thioune statt Dieter Hecking, der ihn zwar oft spielen ließ, bei dem van Drongelen grundsätzlich aber einen schweren Stand hatte. Das wird er ganz sicher registriert haben. Ein Nachtreten aber kommt für den Junioren-Nationalspieler nicht in Frage. Stattdessen sagt er selbstkritisch: „Ich hätte einige Situationen in der Saison besser lösen können und müssen. Aber ich bin immer noch ein Spieler, der auch dazu lernt und sich weiterentwickeln will.“

Und der Neue? Van Drongelen hat registriert, was Thioune mit dem kleinen VfL Osnabrück so trieb, wie schwer sie dem HSV das Leben zwei Mal machten und keines der beiden Spiele verloren. Vor allem das Defensivverhalten der Niedersachsen gefiel ihm. Das erzählt van Drongelen mit Begeisterung, da ist er in seinem Element. Und noch etwas fiel ihm an Thioune auf: „Er hat sich zwischenzeitlich sehr für Bakery Jatta eingesetzt, als der angefeindet wurde. Sich so zu Wort zu melden, das war nicht selbstverständlich. Er scheint eine sehr starke Persönlichkeit zu sein.“

Die härteste Zeit wartet noch auf van Drongelen

Thioune, Jatta, all die anderen Kollegen. Anfang August sieht van Drongelen sie wieder. Dass es danach dann richtig hart für ihn wird, wird er wissen. Die anderen gehen auf den Platz, er aber kann nicht. Erst im Frühjahr dürfte sein Comeback möglich sein. Gedanken, die ihm schwer fallen und die er noch nicht richtig greifen kann. „Ich habe noch keine Ahnung, was diese Zeit mit mir machen wird“, stellt er fest.

Aber irgendwann wird er dann schon wieder mitmischen, sagt van Drongelen. Die neue Marschroute des HSV, im dritten Zweitligajahr erstmal etwas kleiner zu denken um dann vielleicht umso höher zu fliegen, empfindet er als wohltuend. „Wir hatten eine ziemlich junge Mannschaft“, meint er. „Vielleicht haben wir uns manchmal doch zu sehr unter Druck gesetzt. Eine etwas andere Philosophie, die diesen Druck etwas kleiner hält, könnte genau das Richtige sein.“

Van Drongelen: „Ich sehe Licht am Ende des Tunnels“

Erstmal müssen es seine Kollegen richten. Van Drongelens Blick geht dennoch schon leicht nach vorn. „Wenn ich wieder dabei bin, weiß jeder, dass ich immer 100 Prozent für den HSV geben werde“, erklärt er. Nur Ungeduld sei ein schlechter Ratgeber, trotz der bevorstehenden langen Pause. „Ich bin ein Mensch, der versucht, in Lösungen zu denken und mich nicht runterzuziehen. Ich sehe schon Licht am Ende des Tunnels.“  In etwa so, wie mit dem Handy. Das Gespräch endet, der Akku hat gehalten. Nun ist das Knie dran.

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