„Dann wird’s schwer“: Hrubesch (72) über DFB-Job, HSV und Yalcinkaya-Vertrag
Langweilig wird ihm zurzeit ganz sicher nicht. Zu keiner Zeit. Seit Anfang Oktober ist HSV-Nachwuchsdirektor Horst Hrubesch parallel Interims-Bundestrainer der DFB-Frauen. Mit Erfolg: Kürzlich führte der 72-Jährige die „Mädels“, wie er sein Team nennt, in die Nations-League-Endrunde, in der er das fast schon verloren geglaubte Ticket für die Olympischen Spiele im kommenden Sommer in Paris erspielen möchte. Und auch beim HSV wartet auf den früheren Meisterspieler des Vereins reichlich Arbeit. Für Hrubesch kein Problem. Er bleibt die Ruhe selbst, wie er im Gespräch mit der MOPO verrät. Darin spricht er auch über die Zukunft von U17-Weltmeister Bilal Yalcinkaya, sein Verhältnis zu Trainer Tim Walter und die Zukunft von U21-Coach Pit Reimers.
- Deutsch (Deutschland)
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Langweilig wird ihm zurzeit ganz sicher nicht. Zu keiner Zeit. Seit Anfang Oktober ist HSV-Nachwuchsdirektor Horst Hrubesch parallel Interims-Bundestrainer der DFB-Frauen. Mit Erfolg: Kürzlich führte der 72-Jährige die „Mädels“, wie er sein Team nennt, in die Nations-League-Endrunde, in der er das fast schon verloren geglaubte Ticket für die Olympischen Spiele im kommenden Sommer in Paris erspielen möchte. Und auch beim HSV wartet auf den früheren Meisterspieler des Vereins reichlich Arbeit. Für Hrubesch kein Problem. Er bleibt die Ruhe selbst, wie er im Gespräch mit der MOPO verrät.
MOPO: Herr Hrubesch, als Sie vor wenigen Monaten Interims-Bundestrainer der Frauen wurden, sagte Ihre Gattin Angelika: „Mach ruhig.“ Die Arbeit ist seitdem nicht weniger geworden. Was sagt Ihre Frau mittlerweile?
Horst Hrubesch: Sie sagt immer noch: „Mach ruhig.“ Das Gute ist: Sie kennt die Mädels und die Mädels kennen sie. Meine Frau hat die Spiele früher schon immer geguckt und sie interessiert sich dafür. Von daher passt das, sie hatte nie eine ablehnende Haltung.
Inwiefern hat sich Ihr Leben verändert?
Ich bin natürlich viel unterwegs, gucke viele Spiele. Am Donnerstag bin ich zum Beispiel in München und schaue das Champions-League-Spiel gegen Ajax. Ich sage es mal so: Die Zeiten auf dem Sofa sind weniger geworden.
Horst Hrubesch kann sich DFB-Job bei Olympia vorstellen
Das könnte auch erst mal so bleiben. Ende Februar haben Sie zwei Chancen, die Olympia-Fahrkarte zu lösen. Zunächst geht es im Nations-League-Halbfinale nach Frankreich.
Das war unser Wunschlos. Entweder siegen wir und sind in Paris dabei oder wir haben noch eine zweite Chance über das Spiel um den dritten Platz. Es liegt in unserer Hand.
Was würde Ihnen eine weitere Olympia-Teilnahme bedeuten, nachdem Sie 2016 schon als Trainer der Männer Silber gewannen?
Olympia wäre nochmal ein absolutes Highlight. Für die Mädels, aber auch für mich. Der Weg zu den Spielen ist ja grundsätzlich sehr lang. Nun aber ist er für uns sehr kurz geworden. Den Schritt wollen wir natürlich auch noch gehen.
Ist es denn sicher, dass Sie dann bis zu den Spielen im Amt bleiben würden und erst danach ein neuer Bundestrainer kommt?
Wenn alles gewährleistet ist, in Sachen Gesundheit und auch in Bezug auf die Absprachen zwischen dem DFB und dem HSV, könnte ich mir das vorstellen (schmunzelt).
Bundestrainer Hrubesch ist beim HSV weniger präsent
Der Fakor Zeit spielt eine große Rolle. Inwiefern hat sich Ihr Job beim HSV durch die neue Aufgabe verändert?
Natürlich fehlt mir im Vergleich zu vorher ein wenig die Präsenz. Ich versuche, so oft es geht hier zu sein. Ansonsten habe ich ja aber ein Telefon und Trainer, auf die ich mich total verlassen kann. Mein großer Vorteil ist, dass ich bereits seit zweieinhalb Jahren beim HSV bin. Wir sind bestens verzahnt und top aufgestellt, vom Volkspark mit den Profis und dem Campus, bis hin nach Norderstedt zum Nachwuchs. Wir haben klare Wege, die wir gehen.
Das zahlt sich insbesondere bei den Frauen aus, die nach dem Zweitliga-Aufstieg erneut auf einem Aufstiegsplatz stehen. Ist der Sprung in die Bundesliga das erklärte Ziel?
Wenn wir dazu die Chance bekommen sollten, ergreifen wir sie. Aber das Wichtigste war, sich erst mal in der neuen Liga zu etablieren.
Das hat, bis auf ein paar Dellen zuletzt, mit einem Punkt aus den jüngsten drei Spielen, ausgezeichnet geklappt.
Es war aber abzusehen, dass die Beine irgendwann schwer werden. Die größte Umstellung für die Mädels war es, dass das Trainingspensum aus Mannschaftstraining und vor allem den individuellen Einheiten gestiegen ist. Das macht sich irgendwann bemerkbar. Aber sie haben die schwerste Zeit nun hinter sich. Insgesamt haben sie eine starke Hinrunde gespielt und würden mit einem Sieg gegen Gütersloh auf einem Aufstiegsplatz überwintern.
HSV-Frauen: Hrubesch spricht über das Stadion-Problem
Ein Problem, das sich beim Aufstieg ergeben würde: Der Sportpark Eimsbüttel wird umgebaut, in Norderstedt dürfen aufgrund behördlicher Auflagen nur 300 Fans zu den Spielen kommen. Schon jetzt ist das Interesse deutlich größer.
Klar, das Problem muss gelöst werden. Sollten wir aufsteigen, könnten wir je nach Spielplan ein paar Spiele im Volksparkstadion austragen. Ansonsten sind wir auch schon mit Hamburger Vereinen im Austausch und arbeiten an Lösungen.
Hier die Frauen, dort die Männer-Jugendteams. Gibt es – nicht nur auf den HSV bezogen – grundsätzliche Unterschiede?
Letztlich betreiben alle den gleichen Sport. Jeder will gewinnen, da gibt es ab einem gewissen Niveau keine Unterschiede. Aber: Bei den Mädels bekommst du wirklich immer 100 Prozent Einsatz, egal ob im Training oder im Spiel.
Haben Sie eine Erklärung dafür, woran das liegen könnte?
Vielleicht daran, dass der Ansporn enorm groß ist, möglichst auf eine Stufe mit den Männern zu kommen, in jeder Hinsicht. Deshalb habe ich auch nie gezögert, als ich gefragt wurde, ob ich das Amt des Interims-Bundestrainers noch mal übernehmen würde. Die Mädels haben es einfach verdient, dass man sie unterstützt.
„Dann wird’s schwer“: Bleibt Bilal Yalcinkaya beim HSV?
Kommen wir zur männlichen Jugend. Spieler wie Bilal Yalcinkaya oder Otto Stange trainieren regelmäßig bei den HSV-Profis mit. Wie zufrieden sind Sie mit der Durchlässigkeit nach oben?
Grundsätzlich sehr zufrieden. Wir haben mit Tim Walter und Pit Reimers Trainer, die das mittragen. Bilal ist ja sogar U17-Weltmeister geworden. Das ist toll.
Der HSV würde seinen auslaufenden Vertrag gern verlängern, sieht sich aber großer Konkurrenz ausgesetzt. Unter anderem soll der spanische Spitzenklub Atlético Madrid mitbieten. Wie wichtig wäre es für den HSV, ein solch großes Talent wie Yalcinkaya halten zu können?
Natürlich wäre es wichtig, Bilal zu halten. Aber es wäre auch für Bilal wichtig zu wissen, was er will. Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg wäre, jetzt zu wechseln. Es gibt genügend junge Spieler, die in diesem Alter woanders hingehen, zwei Jahre auftrumpfen und dann auf der Strecke bleiben. Es geht darum, Bilal einen Weg aufzuzeigen. Das haben wir getan. Sollte es aber nur um die finanziellen Dinge gehen, wird es natürlich schwer für uns.
Sie loben den Weg der HSV-Talente. Grundsätzlich bleibt aber auch festzuhalten: Bislang stehen ganze 50 Minuten Einsatzzeit in dieser Zweitliga-Saison zu Buche, für Nicolas Oliveira, Elijah Krahn und Omar Megeed.
Die Zweite Liga ist aber auch keine einfache Liga. Und der Druck, aufzusteigen, ist groß. Da brauchst du Zweikampfstärke und Aggressivität. Sowas entwickelt sich im Laufe der Jahre. Aber: Am Ende sind die Spieler gefragt und müssen sich durchbeißen.
Hrubesch lobt HSV-U21-Trainer Reimers: „Hervorragend“
Als großes Talent wird auch Ihr U21-Trainer Pit Reimers gefeiert. Zuletzt stand er schon bei Zweitligist Osnabrück auf dem Zettel. Was sagen Sie, wenn mal konkrete Angebote kommen?
Dann gratuliere ich ihm. Ich freue mich ja auch, wenn wir unsere Trainer so ausbilden, dass sie höherklassig arbeiten können. Pit macht es hervorragend.
Trauen Sie ihm zu, irgendwann ein Trainer bei einer Bundesliga-Mannschaft zu sein?
Ja, sicher. Er hat gute Voraussetzungen.
Ruhestand? HSV-Legende Hrubesch hat noch nicht genug
Und Sie? Im April werden Sie 73 Jahre alt. Hand aufs Herz, Herr Hrubesch: Wie lange wollen Sie noch arbeiten?
Ich muss zugeben: Hin und wieder sitze ich abends zu Hause und der Kopf rattert sehr wegen all der Themen. Gerade momentan. Aber solange ich das Gefühl habe, dem Fußball etwas geben zu können, mache ich weiter. Es gibt da keine Altersgrenze für mich. Und wissen Sie was?
Na?
Meine Frau macht das mit, das ist soweit geklärt (lacht).