Ein neuer Spielmacher als Lösung? HSV kämpft gegen die Offensiv-Flaute
Nicolai Remberg haderte nach dem 0:2 gegen RCD Mallorca mit der nicht existenten Treffer-Ausbeute des HSV. „Ich finde, wir hätten hier ein, zwei Tore machen können, vielleicht drei sogar“, sagte der Mittelfeldmann und dürfte an drei Szenen gedacht haben: die Doppelchance von Ransford Königsdörffer und Nicolás Capaldo (39.), den Kopfball von Ersterem (68.) und den Abschluss von Rayan Philippe (81.). Das waren in der Tat gut herausgespielte Gelegenheiten – sie konnten den Eindruck, dass der HSV weiterhin eine Offensiv-Flaute zu beklagen hat, aber nicht beseitigen.
„Natürlich“, gestand Merlin Polzin nach der Generalproben-Pleite vor dem Saisonstart, „ist die Torausbeute in der Vorbereitung nicht das gewesen, was wir uns vorstellen.“ In den fünf ernstzunehmenden Tests kassierte der HSV 14 Gegentore, traf selbst aber nur zweimal: beim 1:2 in Graz (kurz vor Schluss durch Joker Robert Glatzel) und beim 1:5 in Freiburg (per Elfmeter durch Yussuf Poulsen). Zu wenig. Polzin hat zwei mögliche Lösungen.
Der HSV agiert im neuen System ohne klassischen Zehner
„Wir müssen da weiter ansetzen“, hielt der Trainer in den Katakomben des „Estadi de Son Moix“ fest und präsentierte die erste Idee. Es gehe „vielleicht“ um „das eine oder andere in der gesamten Kaderplanung“, um mehr Offensivgefahr zu erzeugen. Auffällig ist, dass dem HSV im neuen, defensiv ausgerichteten 3-4-3-System zurzeit Kreativität im Mittelfeld fehlt. Remberg und Nicolás Capaldo sind Balleroberer und gute Zweikämpfer, Jonas Meffert ein Stratege im Spielaufbau, alle drei aber keine Spielgestalter wie es etwa Immanuel Pherai ist. Doch der A-Nationalspieler Surinames trainiert nach seinem Innenbandanriss im Knie noch individuell, wird den Saisonstart definitiv verpassen.

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Ein neuer Zehner, nach dem die HSV-Bosse grundsätzlich suchen, zumal auch Adam Karabec nicht mehr da ist, könnte schnell Abhilfe schaffen. Gehandelt wurde zuletzt Paul Wanner, der sich bei Bayerns Test gegen Tottenham (4:0) aber verletzte und vorerst ausfällt. Unabhängig vom Namen eines potenziellen Zugangs für das Offensivzentrum stellt sich aber die Frage, wo ein solcher überhaupt Platz finden soll im neuen System. Capaldo bewegte sich gegen Mallorca häufig in die Zwischenräume zwischen Mittelfeld und Sturm, ist auf dem Papier aber eher der zweite Sechser neben Remberg – vor allem defensiv.
HSV-Trainer Polzin sieht Taktik-Anpassung als notwendig
Polzin hat taktische Anpassungsmöglichkeiten im Kopf. Sein zweiter Ansatz gegen die Flaute bezieht sich auf die „Art und Weise, wie wir nach vorne spielen wollen“. Am Samstagabend versuchte der HSV vor allem, mithilfe von langen Bällen die Tiefe des Spielfelds zu attackieren. Königsdörffer, Alexander Røssing-Lelesiit und Co. suchten oft die Wege hinter die Abwehrkette der Gastgeber, sie wurden allerdings selten freigespielt.
Polzin denkt trotzdem nicht daran, die Taktik vor dem DFB-Pokal-Spiel in Pirmasens grundlegend zu verändern. „Es ist genauso, wie ich es auch schon der Mannschaft und nach außen gesagt habe: Wir sollten uns als HSV darauf fokussieren, wie wir es schaffen, in der Bundesliga erfolgreich zu sein“, sagte der 34-Jährige und erläuterte: „Wir müssen uns nach sieben Jahren in der 2. Liga davon lösen, dass wir nur gegen andere Mannschaften spielen und der Rest gleich bleibt.“ Seinem Team stehe eine „komplett neue Herausforderung bevor“, wegen der die Testgegner bewusst ausgewählt wurden.
Ein möglicher Neuzugang könnte die HSV-Angriffe beleben
Spielverläufe wie den auf Mallorca werde es auch in der Bundesliga geben, ist sich Polzin sicher: „Es wird auch mal so sein, dass wir wie heute vielleicht nicht schon in den ersten 15 Minuten die besten Torchancen haben. Vielleicht hast du dann die erste Chance in der 85. Minute.“ Und die, so die Hoffnung des Trainers, muss dann auch genutzt werden. Auch ein weiterer Zugang könnte die offensive Effizienz erhöhen, sofern Polzin und seine Assistenten für diesen eine passende Position finden, die es aktuell noch nicht zu geben scheint.
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Polzin denkt aber an „relativ viele Möglichkeiten, in denen die Jungs mit ihren entsprechenden Qualitäten eingesetzt werden können“. Er deutete nach der fünften Testpleite in Folge an, dass Systemwechsel je nach Gegner und Saisonverlauf möglich bleiben. Vorstellbar sei, dass man es „grundsätzlich anders gestaltet, von der Startaufstellung und von der Grundpositionierung her“, man könne aber auch während der Spiele Anpassungen vornehmen und somit Platz schaffen für Spieler, die andere Qualitäten mitbringen. Auch ein weiterer Zugang könnte mit diesen Fähigkeiten helfen. Dazu hielt sich Polzin aber bedeckt. „Es geht mir jetzt gar nicht darum, über den Kaderplan zu sprechen“, sagte er zum Abschluss des Inselcamps. „Sondern darum, aus den Fehlern heute zu lernen.“
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