DFB vertagt Vuskovic-Urteil: So geht es im Doping-Prozess jetzt weiter
Er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Als „Albtraum“ bezeichnete der unter Dopingverdacht stehende Mario Vuskovic am Freitag das, was er seit Wochen durchlebt. Die schlechte Nachricht: Dieser Albtraum geht auch nach dem dritten Anhörungstag in Frankfurt erst mal weiter. Die gute: Der HSV-Profi darf noch immer auf einen Freispruch oder zumindest eine milde Strafe hoffen. Weil sich das DFB-Sportgericht nicht in der Lage sah, ein Urteil zu fällen, vertagte es sich. Noch ist der Prozess nicht zu Ende.
Er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Als „Albtraum“ bezeichnete der unter Dopingverdacht stehende Mario Vuskovic am Freitag das, was er seit Wochen durchlebt. Die schlechte Nachricht: Dieser Albtraum geht auch nach dem dritten Anhörungstag in Frankfurt erst mal weiter. Die gute: Der HSV-Profi darf noch immer auf einen Freispruch oder zumindest eine milde Strafe hoffen. Weil sich das DFB-Sportgericht nicht in der Lage sah, ein Urteil zu fällen, vertagte es sich. Noch ist der Prozess nicht zu Ende.
Um 17.02 Uhr, knapp vier Stunden nachdem die Verhandlung begonnen hatte, machte Stephan Oberholz einmal mehr deutlich, dass er noch nicht weiß, wie er entscheiden soll. Schuldig? Oder doch nicht? Diese beiden Möglichkeiten stehen in der Causa Vuskovic im Raum. „Aber wir können jetzt nicht rausgehen, beraten und nach einer Stunde wiederkommen und ein Urteil fällen“, erklärte der DFB-Richter nach den Schlussplädoyers. „Wir brauchen eine angemessen längere Zeit, um einen Beschluss zu fassen.“ Binnen 14 Tagen soll der Entschluss schriftlich versendet werden.
DFB-Richter Oberholz vertagt Vuskovic-Entscheidung
Vorausgegangen war ein aufwühlender Tag im DFB-Campus, an dem Freud und Leid so dicht wie selten zuvor beieinander lagen. Im Nebenraum verkündete Bundestrainer Hansi Flick gerade sein Aufgebot für das anstehende Länderspiel gegen Peru und nominierte erstmals Ex-HSV-Profi Josha Vagnoman (Stuttgart). Dessen früherer Teamkollege Vuskovic kämpfte zeitgleich nur wenige Meter entfernt um seine Karriere.
Nur ein paar Minuten, bevor Oberholz das Urteil vertagte, hatte sich die Verzweiflung des Kroaten in öffentlich so noch nicht da gewesener Form Bahn gebrochen. Zuerst hatte er seine Anwälte sprechen lassen, dann wollte auch Vuskovic selbst noch etwas sagen. „Ich bin unschuldig“, ließ er durch seinen Dolmetscher Aleksandar Miladinovic übersetzen: „Ich habe im Sport niemals betrogen und das werde ich auch niemals tun. Das, wodurch ich und meine Familie in den letzten Monaten gehen mussten, würde ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen.“

Dann begann Vuskovic zu weinen, ebenso wie seine Mutter Sanja, die ihm auch diesmal zur Seite stand. „Jeden Tag hoffe ich, dass dieser Albtraum zu Ende geht“, fuhr Vuskovic unter Tränen fort und begrub das Gesicht in seinen Händen. „Vor allem befürchte ich, dass es morgen einen anderen Athleten treffen kann. Ich wünsche mir, dass niemand durch das gehen muss, was ich jetzt erlebe.“ Er bedankte sich „bei meinem Verein, meinen Fans, meiner Familie, den Anwälten und allen, die sich hinter mich gestellt haben“.
Kompromiss zwischen DFB und Vuskovic war gescheitert
Der emotionale Schlussakkord des Tages, an dem ein finales Urteil sogar nahe schien, als sich der DFB-Kontrollausschuss und die Anwälte Vuskovic’ und des HSV rund 60 Minuten zurückzogen, um einen Kompromiss zu finden. „Das ist leider gescheitert“, stellte Oberholz fest.
Wieso, weshalb, warum – darüber schwiegen sich die Beteiligten aus. Offenbar soll der Kontrollausschuss aber darauf bestanden haben, dass Vuskovic als Voraussetzung für einen Kompromiss und eine vergleichsweise milde Strafe – wie etwa einer Sperre lediglich bis zum Saisonende – seine Schuld hätte eingestehen sollen. Dazu aber soll der Kroate auf keinen Fall bereit gewesen sein. Sein Motto: Ich habe nicht gedopt, warum soll ich mich schuldig bekennen?
DFB-Richter Oberholz steckt in einer Klemme
Offensichtlich wurde erneut, in welcher Klemme Oberholz steckt. Abermals attackierten die HSV- und Vuskovic-Anwälte die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und deren EPO-Group-Mitglied Jean-François Naud. Der Kanadier hatte sich geweigert, die vom Gericht beantragte C-Probe mit dem verbliebenen Vuskovic-Urin durchzuführen, auf einen Fragenkatalog teilweise unzureichend oder gar nicht geantwortet. Die Korrektheit der A- und B-Probe, durchgeführt von Nauds Kollegen Sven Voss in Kreischa, bestätigte Naud. Aber: Alle Seiten, sogar der anklagende Kontrollausschuss, sehen in der Verweigerungshaltung des Gutachters einen Affront. „Eigentlich darf man sich das nicht gefallen lassen“, polterte Chef-Ankläger Dr. Anton Nachreiner. Zumindest diesbezüglich besteht Einigkeit.
Völlig offen bleibt, wie das Gericht nun entscheiden wird. Was Vuskovic Hoffnung machen dürfte: Sogar Nachreiner hält die in den Statuten festgeschrieben Sperre von vier Jahren für unangemessen. „Die Zielsetzung darf nicht sein, Leute kaputt zu machen und zu einem vorzeitigen Karriereende zu führen“, betonte der 67-Jährige. „Hier stehen wir in der Verantwortung.“ Er selbst werde „keine Einwände gegen eine Milderung der Strafe aufbringen“.
HSV und Vuskovic fordern weiterhin Freispruch
Der HSV und Vuskovic fordern weiterhin Freispruch. „Aus unserer Sicht kann es nach wie vor nur einen Freispruch geben, weil der erforderliche Beweis für einen Dopingverstoß von Mario Vuskovic nicht erbracht worden ist“, stellten der Verein und Vuskovic’ Anwälte klar. Man habe allerdings Verständnis dafür, dass sich das Sportgericht weiter Zeit nehme, „um die gesamte Beweislage noch einmal umfassend zu würdigen“. Und weiter: „Dass der DFB-Kontrollausschuss die von der WADA herrührenden Vorschriften im vorliegenden Fall nicht für angemessen hält, zeigt aus unserer Sicht, dass auch dort Unbehagen hinsichtlich einer Verurteilung des Spielers auf Basis der geltenden Statuten besteht.“
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So oder so: Die unterlegene Seite wird anschließend in Berufung gehen. Vuskovic bleibt vorerst weiter gesperrt, wie seit Mitte November. Immerhin: Als er den Campus um kurz nach 18 Uhr verließ, konnte er schon wieder lächeln. Die Hoffnung lebt.