„Der HSV ist schlagbar!“ Fürth-Trainer Zorniger hat eine klare Mission in Hamburg
Wenn man so will, ist er das gute Gewissen der Zweiten Liga. Alexander Zorniger hält zu kaum einem Thema mit seiner Meinung hinter dem Berg. Fürths Trainer blickt regelmäßig etwas weiter über den Tellerrand hinaus, auch im Gespräch mit der MOPO. Vor dem Duell beim HSV sprach der 56-Jährige über Rassismus, sein Problem mit TV-Experten, Neid und Missgunst – und natürlich über Fußball.
Wenn man so will, ist er das gute Gewissen der Zweiten Liga. Alexander Zorniger hält zu kaum einem Thema mit seiner Meinung hinter dem Berg. Fürths Trainer blickt regelmäßig etwas weiter über den Tellerrand hinaus, auch im Gespräch mit der MOPO. Vor dem Duell beim HSV sprach der 56-Jährige über Rassismus, sein Problem mit TV-Experten, Neid und Missgunst – und natürlich über Fußball.
MOPO: Herr Zorniger, der HSV hat sich zuletzt gegen kleinere Vereine der Liga schwer getan. Aus den Partien in Elversberg, Osnabrück und Wiesbaden holte er nur einen Punkt. Welche Lehren können Sie aus diesen Spielen ziehen?
Alexander Zorniger: Auf jeden Fall die, dass der HSV schlagbar ist. Auch wenn wir nun in Hamburg spielen, wo sie noch nicht verloren haben. Aber mit Niederlagen ändert sich die Wahrnehmung. Dann merken alle Vereine: Da geht ja was.
Spielt es in Ihrer Wahrnehmung eine Rolle, dass der HSV seit fast einem Jahr kein Liga-Heimspiel mehr verloren hat?
Wissen Sie: Im Vorjahr, als der HSV zu uns nach Fürth kam, hatte das Kleeblatt 58 Jahre lang nicht mehr gegen den HSV gewonnen. Dann haben wir sie geschlagen und fertig – vorbei war die Serie. So ist das mit Statistiken.
„Die Zweite Liga ist in diesem Jahr sehr anspruchsvoll“
Dennoch wird der HSV auch diesmal wieder zu den großen Favoriten gezählt. Nach den ersten vier, fünf Partien der Saison dachten viele, der HSV könne in diesem Jahr vielleicht ohne größere Probleme durchmarschieren.
Er ist sicher einer der Favoriten. Aber die Liga ist in diesem Jahr sehr anspruchsvoll. Hannover hat sich gefangen, Düsseldorf ist extrem stabil. Die Zeiten der Durchmärsche in die Bundesliga sind vorbei. Das hat in den vergangenen Jahren auch schon kein Verein mehr geschafft.
Im Vorjahr war der HSV nah dran am Aufstieg, nachdem er Sie am vorletzten Spieltag mit 2:1 bezwungen hatte. Anschließend beklagten Sie sich über die Wortwahl von Tim Walter, der davon sprach, der HSV habe seine Hausaufgaben erledigt.
Tim und ich liegen bei solchen Dingen nicht so weit auseinander. Wir erwarten immer Respekt. Als Tim letztes Jahr angegriffen wurde, sagte er in Richtung der Kritiker: Die wissen nicht, dass wir am Ende aufsteigen. Damit wollte er ausdrücken, dass er an sein Team glaubt. So geht es mir auch. Aber es hängt halt nicht nur vom HSV ab, wie Spiele enden, das war meine Botschaft damals. Weil auf der anderen Seite in der Zweiten Liga auch immer eine Mannschaft steht, die jeden Tag trainiert und sich nicht nur zweimal die Woche zum Kartenspielen trifft.
„Wir werden unsere Möglichkeiten bekommen“
Beim letzten Mal dominierten Sie den HSV phasenweise. Was ist an diesem Samstag von Ihrer Mannschaft im Volksparkstadion zu erwarten?
Wir werden unsere Möglichkeiten bekommen. Dann liegt es an uns, diese zu nutzen. Wenn wir das bis zur 86. Minute nicht getan haben, wissen wir, dass der HSV jederzeit noch den finalen Schlag setzen kann. Das macht es gefährlich.
Fürth wird in dieser Saison nicht zum Favoritenkreis gezählt, stieg in den vergangenen elf Jahren aber zweimal in die Bundesliga auf. Können Sie auch diesmal überraschen?
Wenn du in einer Saison die Ausnahme von der Regel sein willst, muss schon alles passen. Man muss berücksichtigen, dass wir eine der jüngsten Mannschaften der Liga haben. Das Problem ist: Wenn die Automatismen richtig greifen, ist die Saison meistens fast zu Ende. Konstanz ist das Zauberwort. Es kann in dieser Liga sehr schnell nach oben oder unten gehen.
„Meine Lebensqualität hängt nicht von der Spielklasse ab“
Sie selbst haben 2015 in Stuttgart schon in der Bundesliga gearbeitet. Wie steht es um Ihre Lust, ins Oberhaus zurückzukehren?
Natürlich habe ich grundsätzlich immer Ambitionen. Aber wenn ich sehe, wie man mit meinen Kollegen in der Ersten Liga umspringt, bin ich auch in der Zweiten Liga super happy. Meine Lebensqualität hängt nicht mehr von der Spielklasse ab.
Hat sich Ihr Blick darauf durch Ihre Auslandsstationen verändert? Sie waren in Ihrer Karriere insgesamt sechs Jahre in Dänemark und auf Zypern tätig.
Ich glaube schon, dass ich Deutschland jetzt anders wahrnehme. Hier wird zu allem alles gesagt. Aus meiner Sicht hatte das früher mehr Qualität. Da hatten wir auch viele Experten, aber das waren ehemalige Spieler oder Trainer. Überspitzt formuliert gelten heute ja schon die Berater von Influencern als Experten. Das hat mit Qualität nichts mehr zu tun.

Wie lief es diesbezüglich im Ausland?
Ich nenne mal das Beispiel Dänemark. Dort gönnen die Menschen ihren Mitmenschen etwas. In Deutschland sehe ich dieses Gen oftmals verschüttet. Da gilt eher: Wenn es mir nicht gut geht, warum dann dir?
Bereits vor zwei Monaten setzten Sie sich kritisch mit der Gesellschaft auseinander. Damals wurde Ihr Spieler Julian Green während des Pokalspiels in Halle rassistisch beleidigt und Sie nahmen jeden Bürger in die Verantwortung, sich gegen solche Dinge aufzulehnen.
Ich war etwas überrascht, dass das so hohe Wellen schlug, denn zu meiner Zeit im Ausland habe ich mich dazu schon mal ähnlich geäußert. Leider gibt es in unserer Gesellschaft Affenlaute im Stadion. Das ist fürchterlich und umso wichtiger ist, wie jeder Einzelne von uns damit umgeht. Dass der Mann, der das damals in dem Spiel getan hat, mittlerweile strafrechtlich verfolgt wird, ist gut – es wird aber nichts an seiner Weltanschauung ändern. Aber es geht darum, dass die Kids, die daneben sitzen, wenn er sowas ruft, nicht denken, dass solche Statements normal sind. Daran müssen wir arbeiten.
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Mittlerweile sind Sie seit einem Jahr wieder in Deutschland aktiv. Gibt es auch etwas, was Sie im Ausland vermisst haben?
Die Infrastruktur hier ist schon auf einem sehr hohen Niveau. Auch die Fan-Begeisterung zeichnet Deutschland eindeutig aus. Die Stadien sind voll, das macht schon großen Spaß. Das wird auch am Samstag in Hamburg so sein, auch darauf freue ich mich.