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Die HSV-Profis diskutieren mit Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck
  • Die HSV-Profis konnten nicht fassen, dass Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck (l.) das vermeintliche 1:0 einkassierte.
  • Foto: WITTERS

„Das geht mir auf die Eier“: HSV wütet über katastrophale Schiedsrichter-Leistung

Jonas Boldt stand mit ausgebreiteten Armen auf der Osttribüne und konnte es nicht fassen. Dass der vermeintliche Führungstreffer des HSV durch Robert Glatzel (24.) nicht zählte, sorgte beim Derby für Fassungslosigkeit. Doch nicht nur diese Entscheidung. Als Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck in der 62. Minute zunächst in Richtung Anstoßpunkt zeigte, diesmal aber zum VAR-Bildschirm schritt und das 1:0 für den HSV (in diesem Fall zu Recht) erneut einkassierte, herrschte sogar Entsetzen. Und auch nach dem Spiel noch, obwohl am Ende der Derbysieg stand. Coach Steffen Baumgart ging manches sogar „sowas von auf die Eier“.

Der Reihe nach: Das Volksparkstadion bebte schon in der ersten Hälfte. Elegant per Außenrist hatte Glatzel den Ball im Eins-gegen-Eins über das Bein von St. Pauli-Keeper Nikola Vasilj gehoben und damit einen starken Steckpass von Immanuel Pherai vergoldet (24.). Dachte man zumindest. Denn inmitten des Hamburger Jubels pfiff Referee Jöllenbeck ab und zeigte an: Freistoß für den Kiezklub. Aber warum?

HSV-Treffer von Glatzel zählte nicht – Foul an Saliakas?

Manolis Saliakas hatte im Laufduell die Route von Glatzel gekreuzt, um den Ball abzuschirmen. Der griechische Rechtsverteidiger schien den Kontakt mit dem HSV-Stürmer zu suchen, trat sich aber offenbar mit dem eigenen rechten Fuß selbst an seinen linken – und ging an der Strafraumlinie theatralisch zu Boden. Ob Glatzel seinen Gegenspieler wirklich berührte, ist höchst fraglich.

„Für mich ist es kein Foul“, sagte Glatzel. „Keine Ahnung. Ob es eine leichte Berührung war, ich weiß es nicht. Ich habe gar nicht gemerkt, dass er es abpfeift. Das ist für mich wirklich Wahnsinn.“ Würde er für eine andere Mannschaft spielen, „würde ich bei so einer minimalen Berührung nie ein Foul kriegen. Das ist für mich unerklärlich“.

Zweifellos belegbar war ein Kontakt anhand der Videobilder nicht. Und dennoch schaute sich Jöllenbeck, der für mindestens eine Minute seine Hand am Ohr hatte, die Szene nicht noch mal am Bildschirm an. Videoassistent Benjamin Brand schickte den 37-Jährigen nicht an den Spielfeldrand. „Das ist ein normaler Zweikampf. Es ist einfach schade, dass er da nicht rausgeht und sich das anguckt“, sagte Glatzel. „In so einem Spiel sehr grenzwertig“, kommentierte Sky-Co-Kommentator Max Kruse die Szene. „Das ist kein Foul.“

Ex-St. Pauli-Profis einig: „Das ist ein reguläres HSV-Tor“

Das sah in Sören Gonther ein weiterer Ex-St. Pauli-Profi genauso: „Saliakas will das Foul schinden, das darf nicht belohnt werden“, sagte er bei Sky in der Halbzeitpause. „Das ist ein reguläres Tor für den HSV.“ Was HSV-Kapitän Sebastian Schonlau und Co. auch so empfunden hatten – doch die Diskussionen mit Jöllenbeck halfen nicht.

„Er sagt, dass Bobby ihm einen Gehfehler gibt“, berichtete Schonlau vom Austausch mit Jöllenbeck auf dem Platz. „Das ist sicherlich auch eine Sichtweise, die man haben kann. Er hatte die.“ Die Entscheidung des Referees umschrieb der Abwehrchef als „überraschend“ – und es sei „ein Stückweit komisch“, dass der Schiedsrichter nicht zum Bildschirm geschickt wurde. „Für mich ist es ein ganz klares Tor.“ Matheo Raab ergänzte, dass Glatzel seinen Gegenspieler Saliakas „gar nicht gesehen“ habe: „Wir müssen momentan sehr viel dafür tun, um Tore zu schießen.“

HSV-Profi Schonlau erzählt vom Austausch mit Jöllenbeck

So groß der Ärger auf Seiten des HSV in der 26. Minute war, so verblüfft waren 17 Minuten nach der Pause alle Profis. Eine Flanke von Miro Muheim beförderte Ransford Königsdörffer per Kopf in den Fünfmeterraum, wo Vasilj in die Luft stieg, um den Ball zu fangen. Doch Lukasz Poreba ging (zu) vehement in den Zweikampf mit St. Paulis Keeper, der deshalb danebengriff. Und von Porebas Rücken trudelte das Leder ins Tor. Diesmal wirklich zum 1:0? Sogar die HSV-Profis jubelten zunächst nicht wirklich, rechneten wohl mit einem Pfiff durch Jöllenbeck.

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Doch der zeigte diesmal nach kurzer Überlegung in Richtung Anstoßpunkt, nur um seine Entscheidung wenig später zu revidieren – auf Hinweis des VAR. Das war es, was an der HSV-Bank Fassungslosigkeit auslöste. Co-Trainer Merlin Polzin, der später Gelb sah, und Keeper-Coach Sven Höh tobten, erinnerten den Vierten Offiziellen an die Szene aus Durchgang eins und den da noch ausgebliebenen Gang Jöllenbecks zum Bildschirm.

Poreba foult Vasilj: Schiri Jöllenbeck revidiert Entscheidung

Zur Wahrheit gehört: Das Einsteigen Porebas war wohl zu hart und musste geahndet werden. Doch Jöllenbeck erkannte dies eben nicht sofort, was seinen unglücklichen Auftritt, der am Freitagabend einige Fehlentscheidungen auf beiden Seiten beinhaltete, abrundete. „Ganz ehrlich: Die gehen mir auf den Sack“, kommentierte Baumgart die Schiedsrichterleistung bei Sky. „Und das meine ich auch genau so.“ Der HSV-Trainer ordnete Porebas Tor sogar als regulär ein: „Lukasz ist 1,60 Meter groß und der Torwart ist mit 1,96 Metern nicht in der Lage, den Ball festzuhalten und dann gibt es Freistoß. Das geht mir so was von auf die Eier.“

Der Ärger auf Seiten des HSV war auch deshalb so groß, weil sich die Profis an das Heimspiel an Kiel (0:1) erinnerten, als ein vermeintliches Foul an Keeper Matheo Raab vor dem Holstein-Siegtreffer nicht gegeben wurde, weil der Unparteiische Sascha Stegemann nur ein „Positionsgerangel“ gesehen hatte. „Ich habe dem Schiri gesagt, dass er sich erinnern soll, was vor zwei Wochen war“, sagte Raab nach dem Derbysieg. „Mehr will ich dazu nicht sagen.“ Die Worte von Baumgart und Co. waren ohnehin deutlich genug. „Und am Ende“, hielt Schonlau angesichts des Ergebnisses fest, „können wir ein Stückweit drüber schmunzeln natürlich.“

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