Merlin Polzin, Richard Krohn, Loic Favé und Yussuf Poulsen gehen enttäuscht über das Spielfeld

Das Trainerteam um Merlin Polzin war nach dem 0:5 in München geknickt. Foto: imago images/Sven Simon

„Dann haben wir wieder keine Chance“: Der HSV kämpft um die Keller-Wende

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Nach dem 0:5 bei den Bayern sprach Merlin Polzin das aus, was alle wussten, er vorab aber noch vermieden hatte zu sagen: „Wir fokussieren uns ab jetzt auf die Aufgaben, die für uns in dieser Saison deutlich wichtiger sein werden.“ Wichtiger als die Partie in München, die der HSV völlig verdient verlor. Der Trainer hatte anderes im Sinn, schielte auf die Überraschung, die aber ausblieb. Das konnte Polzin wegen der Übermacht des Gegners verkraften. Dennoch wurde er deutlich, weil ihn die Anfangsphase enttäuschte – und er bereits an die nächste Challenge dachte. Am Samstag (15.30 Uhr, Liveticker bei MOPO.de) gegen den 1. FC Heidenheim geht es um die Wende im Keller der Bundesliga.

Eigentlich wollte Polzin nach dem frustrierenden 3. Spieltag noch nicht auf den 4. Spieltag blicken. Aber er tat es dann doch. „Natürlich sind alle Mannschaften außer dem FC Bayern schlagbarer“, sagte er und wurde grundsätzlich, weil die ersten 30 Minuten samt 0:4-Rückstand sehr auf sein Gemüt schlugen: „Wir wissen, dass wir in jedem Spiel ans Maximum gehen müssen. Das haben wir in Phasen nicht getan. Und wenn wir das in der nächsten Woche nicht tun, werden wir auch da keine Chance haben.“ Dem Klartext in der Halbzeitpause folgte diese Warnung nach dem Schlusspfiff.

„Nur“ 0:5? HSV-Profi Remberg: „Es ist trotzdem scheiße“

Der HSV ging in der Allianz Arena unter, weil er die erste Hälfte „einfach verpennt“ habe, wie es Nicolai Remberg ausdrückte. Dank der Leistungssteigerung im zweiten Durchgang und wegen der deutlichen Temporeduzierung der Bayern blieb es bei fünf Gegentoren. Zur Erinnerung: RB Leipzig, inzwischen Tabellensechster, hatte am 1. Spieltag sechs geschluckt. „Ich kann jetzt aber nicht sagen, es ist gut“, meinte Remberg. „Es ist trotzdem scheiße.“ Weil nicht die erwartbare Pleite in München an sich für große Ernüchterung sorgt, sondern der Trend seit dem St. Pauli-Spiel.


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Im Gesamtkontext „mit dem Derby“, räumte Remberg ein, sei die Situation des HSV „natürlich scheiße“. Das Team von Polzin wollte beim Rekordmeister von Beginn an eine Reaktion auf das 0:2 gegen den Kiezklub zeigen, wurde allerdings zunächst überrumpelt. „Das ist kein gutes Zeichen, ehrlicherweise“, gestand Remberg. „Aber ich kann die Mannschaft hier nicht schlechtreden. Wir müssen einfach auf der zweiten Halbzeit aufbauen, auch wenn es sich mühsam anhört.“ Das liegt vor allem daran, dass der HSV nach drei Spieltagen immer noch kein Tor geschossen hat.

Zudem daran, dass das 3-4-3-System sowohl gegen St. Pauli als auch nun beim FCB (wenig verwunderlich) keinen Stabilitätszuwachs bewirkte. „Die Kompaktheit, das eklige Verteidigen“, habe abermals gefehlt, sagte Keeper Daniel Heuer Fernandes. Dabei sind diese Tugenden dringend vonnöten, um in München irgendwie mithalten zu können.

HSV-Boss Kuntz kritisiert: „Wir standen mehr daneben“

„Das war heute Bayern München, das ist schon eine geile Mannschaft“, sagte Stefan Kuntz zur Verteidigung seines HSV und hatte recht. Er traf aber auch mit seiner Mängelliste den richtigen Punkt: „Wir haben alles so ein bisschen zugelassen. Wir standen mehr daneben als zu attackieren. Man kann ja defensiv stehen, aber das heißt nicht passiv, sondern aktiv.“ Was Hoffnung macht: Einige HSV-Profis um Remberg, Heuer Fernandes und Luka Vuskovic initiierten nach dem vierten Gegentreffer einen Teamkreis, weil es um ihre Ehre ging: „Wir lassen uns hier nicht abschlachten!“

Die HSV-Profis trotteten nach dem 0:5 enttäuscht über das Spielfeld der Münchner Allianz Arena. imago images/Sven Simon
HSV gehen enttäuscht über den Platz in der Allianz Arena
Die HSV-Profis trotteten nach dem 0:5 enttäuscht über das Spielfeld der Münchner Allianz Arena.

Dass Heuer Fernandes nach der Pause nur noch einmal hinter sich greifen musste, weil Harry Kane per genialer Einzelleistung Vuskovic düpierte, ist ein positives Zeichen. Eines der aktuell wenig guten – weil das Aufbäumen in den zweiten 45 Minuten belegte, dass die mannschaftsinterne Moral grundsätzlich intakt ist, trotz des großen Umbruchs im Sommer. Dass dieser noch Auswirkungen auf die Gegenwart hat, bestätigte Kuntz am Sky-Mikro.

Ein „sehr wichtiges Spiel“ für den HSV gegen Heidenheim

„Wir müssen in die Abläufe hereinkommen“, sagte der Sportvorstand und lobte den Umgang der HSV-Fans mit der Situation: „Wir brauchen die Geduld nicht bis nächste Woche, sondern bis in den April, den Mai hinein. Und wenn man sieht, wie die Fans das verstehen – sie haben uns toll unterstützt.“ Der Support des eigenen Anhangs gilt als ein Hoffnungsschimmer für die kommenden Wochen. „Das ist ein Faustpfand für uns, erst recht zu Hause“, betonte Remberg. „Das müssen wir mitnehmen.“ Damit am Samstagnachmittag nicht die ganz große Ernüchterung folgt.

Von einer Pflicht, den punktlosen Tabellenletzten Heidenheim im Volkspark besiegen zu müssen, wollte Remberg in München nicht sprechen. Gleichwohl weiß der 25-Jährige: „Es ist ein sehr wichtiges Spiel für uns. Deshalb bringt es nichts, sich jetzt vier, fünf Tage (über die Klatsche gegen die Bayern; d. Red.) Gedanken zu machen.“ Vielmehr hofft der HSV, dass Jordan Torunarigha, Jean-Luc Dompé und Yussuf Poulsen, die alle im Kader fehlten, zeitnah auf den Trainingsplatz zurückkehren werden. Es wären personelle Hoffnungsschimmer.

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Über allem steht aber, dass sich der HSV fußballerisch steigern muss. „Wir müssen uns zu Herzen nehmen, dass wir den Mix zwischen Ballkontrolle und defensiver Kompaktheit auf den Platz bringen“, forderte Heuer Fernandes. „Dann bin ich guter Dinge, dass wir die Spiele gewinnen.“ Aber auch nur dann. Sonst wird es nichts mit der Wende – und der HSV wäre erneut chancenlos.

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