„Da kann ich nicht mal atmen“: Selke plaudert über Darmstadt-Riesen und HSV-Kniff
Das Foulspiel war offensichtlich, und vermutlich war auch ein bisschen Absicht dabei, als Davie Selke seinem Gegenspieler per Oberschenkel noch einen mitgab, nachdem Aleksandar Vukotic den Ball bereits weggespielt hatte. Dennoch war es eher ein harmloses, übliches Vergehen, das bei einem hitzigen Spiel wie dem des HSV in Darmstadt dazugehört. Dem Abwehrhünen des Gastgebers passte das Verhalten von Selke aber wohl gar nicht – und deshalb stand er nach einer Stunde Spielzeit Kopf an Kopf mit Hamburgs Stürmer. Ein ungleiches Duell?
Selke ist mit seinen 1,95 Metern gewiss nicht der Kleinste, sondern einer der offensiv gefährlichsten Kopfballspieler der 2. Liga. Aber an die 2,01 Meter von Vukotic kommt selbst der HSV-Profi nicht heran. „Er hat an Orten geköpft, da kann ich nicht mal atmen“, scherzte Selke nach dem 4:0-Auswärtssieg. Auf das Gerangel mit Vukotic wollte er nicht großartig eingehen – obwohl solche im Fußball normalen Scharmützel auch zu ihm und seiner Spielart passen.
Zoff zwischen HSV-Stürmer und Darmstadt-Verteidiger
Diesmal war Selke der Kleinere. Nach dessen Foul stand Vukotic sofort auf, stellte ihn zur Rede. Und als sich der Konflikt hochschaukelte, weil sich Selke verbal zur Wehr setzte, nutzte der Darmstädter Verteidiger seinen ganzen linken Arm, um den HSV-Angreifer und dessen Hals zu umklammern. Das schmeckte Selke wenig überraschend so gar nicht. Und auch Ludovit Reis nicht. Der Niederländer versuchte, Vukotic von seinem Mitspieler loszureißen – was schließlich dann auch gelang. Selke forderte den Serben auf, aus seiner Nähe zu verschwinden, und auch die anderen Profis, die sich kurz im Pulk versammelt hatten, trennten sich wieder. Thema erledigt. Gelb gab’s für beide.

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Selke war schließlich der lachende Gewinner, traf nach dem kleinen Zwist sogar zum vorentscheidenden 3:0 (80.). Dabei schien er über weite Strecken der Partie ein wenig in der Luft zu hängen. Neben Vukotic erwies sich auch dessen Nebenmann Clemens Riedel als unangenehmer Gegenspieler für Selke, der sich bei einigen Flanken seiner Kollegen nicht im Darmstädter Strafraum behaupten konnte. Es war aber durchaus Teil des Matchplans von Merlin Polzin und seinem Trainerteam, dass Selke seine Stärken auch und vor allem außerhalb des Sechzehners einbringt.
Selke erklärt nach HSV-Sieg: „Ich hatte ein anderes Spiel“
„Ich habe heute ein Ticken ein anderes Spiel gehabt“, verriet Selke, der sich im eigenen Ballbesitz teils hin zu den Außenbahnen bewegt hatte. Damit zog er unter anderem Vukotic mit auf die Flügel – wodurch im Zentrum Räume für die schnellen Ransford Königsdörffer, Fabio Baldé und Jean-Luc Dompé entstehen sollten. „Wir wollten auch immer wieder diese Bälle einstreuen“, erklärte der Zielspieler. „Das haben sie (Darmstadt; d. Red.) nicht so erwartet.“
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Selke war aber nicht nur bei langen Zuspielen seiner Mitspieler wichtig. Er bestimmte auch immer wieder die Höhe des Pressings, das der HSV in Darmstadt nicht so hoch praktizierte wie sonst. „Ich glaube auch nicht, dass sie uns in der Zone erwartet haben, wo wir sie angelaufen sind“, sagte Selke. „Ich will nicht zu viel das Trainerteam loben – aber das haben sie schon gut gemacht.“ Der HSV ließ die „Lilien“ besonders in der zweiten Hälfte kommen – und schaltete nach Ballgewinnen blitzartig um. Polzins Ideen gingen auf. Darunter die mit Selke, obwohl dieser lediglich 25 Prozent seiner Zweikämpfe gewann, nur 21 Ballkontakte vorzuweisen hatte – und gerade mal einen Torschuss. Der aber war ja drin – und entschied das Spiel für den HSV, der am nächsten Samstag den Aufstieg fixmachen kann.
„Es ist mein erstes Jahr hier. Und was ich hier vorgefunden habe, ist einfach eine Einheit“, schwärmte Selke nach der Feierei mit den HSV-Fans. „Das ist das Ergebnis von harter Arbeit.“ In seinem persönlichen Fall könnte man sogar von Schwerstarbeit sprechen, die er am Böllenfalltor gegen Vukotic und Co. verrichten musste. Sie hat sich gelohnt.
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