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  • Einer von vielen heißen Zweikämpfen in Pamploma: Collin Benjamin gegen Puñal
  • Foto: WITTERS

„Es war totale Ekstase“: Ex-Profi Benjamin spricht über seine heißeste HSV-Nacht

Von 2001 bis 2011 machte Collin Benjamin insgesamt 191 Spiele für den HSV. Er schaffte es von den Amateuren bis in die Champions League. Am Erreichen der Königsklasse hatte er selbst einen entscheidenden Anteil. In der MOPO-Serie „Das HSV-Spiel meines Lebens“ erinnert sich Benjamin an eine Nacht in Spanien voller Ekstase und mit ganz viel Liebe.

Als der HSV im Jahr 2000 in der Champions League spielte und es im Volkspark das legendäre 4:4 gegen Juventus Turin gab, saß Benjamin als Fan auf der Tribüne. „Es war Emotion pur damals“, erinnert sich der ehemalige namibische Nationalspieler, der 2006 dann selbst als Spieler die Chance bekam mit den Hamburgern die Champions League zu erreichen.

Der HSV war in der Vorsaison Dritter geworden und musste sich für die Gruppenphase der Königsklasse noch qualifizieren. Der Gegner war CA Osasuna aus Spanien. Benjamin: „Die hatten eine gute, eingespielte Mannschaft mit ein paar Nationalspielern. Es war noch ganz am Anfang der Saison. Wir hatten einige verletzte Spieler und einen dünnen Kader. Zu Hause haben wir 0:0 gespielt. Die Spanier waren die Favoriten. Zum Rückspiel mussten wir mitten im Sommer nach Pamplona fahren. Tagsüber waren dort über 40 Grad. Unser Spiel war am Abend um 21.45 Uhr.“

Osasuna ging als Favorit in das Rückspiel 

Der HSV hatte einige angeschlagene Spieler im Kader. Auch Benjamin hatte muskuläre Probleme und saß zunächst auf der Bank. Er erinnert sich: „Viele waren bei uns noch nicht richtig fit, aber es war unsere einzige Chance, wir mussten da jetzt durch.“ Das Stadion in Pamplona war voll und laut. Bereits nach fünf Minuten ging Osasuna in Führung. Benjamin: „Das Stadion hat gebebt. Wir saßen auf der Bank und konnten uns nicht gegenseitig hören. Alle fragten sich, was passiert hier gerade?“

Benjamin musste angeschlagen einspringen

Nur vier Minuten nach dem Rückstand musste dann auch noch Abwehrchef Vincent Kompany verletzt ausgewechselt werden. „Ich war der einzige Verteidiger auf der Bank“, erzählt Benjamin. „Unser Trainer Thomas Doll hat sich umgeschaut, er sagte zu mir, hey Collo, du musst jetzt spielen. Ich dachte nur, oh scheiße, schaffe ich das überhaupt? Ich war ja auch nicht fit, aber ich habe mich fertig gemacht, mir gesagt, wir liegen 0:1 hinten, ich muss meiner Mannschaft jetzt irgendwie helfen, wir brauchen nur ein Tor.“

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Benjamin kam ins Spiel und erlebte einen heißen Tanz. „Nach drei, vier Minuten war mein ganzes Trikot schon nass. Wir konnten uns auf dem Feld gegenseitig nicht hören, weil es so laut war. Irgendwie haben wir es aber trotzdem geschafft dagegenzuhalten. In der Halbzeitpause sind wir extra noch mal zwei Minuten länger in der Kabine geblieben. Dann haben wir uns gesagt, das ist heute unsere Chance, jetzt oder nie. Viele von uns hatten zuvor noch nie in der Champions League gespielt.“

Van der Vaart läutet mit Freistoß die Wende ein

In der 75. Minute war es dann so weit. Rafael van der Vaart schoss einen Freistoß in den Strafraum und Benjamin war plötzlich mittendrin im Geschehen. „Du kannst es nicht erklären, aber ich hatte einfach das Gefühl, es ist jetzt dieser Moment. Eigentlich hätte ich als großer Spieler an den ersten Pfosten laufen sollen. Irgendetwas hat mir aber gesagt, nee, das machst du jetzt nicht, geh einfach an den zweiten Pfosten. Der Ball kam dann tatsächlich zur mir. Ich wollte einen Flugkopfball machen, habe den Ball aber nicht richtig erwischt. Er ist nur vor das Tor gerollt. Doch da stand Nigel de Jong, der zum 1:1 nur noch einschieben musste.“

Nach dem Ausgleich waren die HSV-Profis nicht mehr zu halten

Es folgte eine völlig irre Jubel-Orgie. „Plötzlich war es ganz ruhig im Stadion. Wir sind auf dem Platz rumgerannt und wussten nicht wohin mit der Freude. Meine Frau sagt immer, wir Männer zeigen keine Emotionen. In dieser Situation, haben wir uns alle gegenseitig gesagt, ich liebe dich.“

Die geballte HSV-Freude. Collin Benjamin jubelt in Spanien zusammen mit Bastian Reinhardt und Raphael Wicky.

Die geballte HSV-Freude. Collin Benjamin jubelt in Spanien zusammen mit Bastian Reinhardt und Raphael Wicky.

Foto:

Bongarts/Getty Images, 4c

Das 1:1 hielt bis zum Schluss. Danach gab es kein Halten mehr. „Es war totale Ekstase. Wir haben das Stadion übernommen, wir waren wie in einer anderen Welt. Auf dem Weg ins Hotel haben wir im Bus weitergesungen. Unser Trainer Thomas Doll hat zu uns gesagt, was ihr heute geschafft habt, ist Weltklasse. Wir spielen jetzt in der Champions League. Heute Abend will ich sehen, dass ihr auch wie Champions feiert. Ich will kein Schwein im Hotel sehen. Das war die Krönung. Wir haben am Abend dann auch die Stadt übernommen.“

Benjamin: „Der HSV ist ein Teil von mir“

Für Benjamin, der seit 2016 wieder in seiner namibischen Heimat lebt, war es das Größte, mit dem HSV in der Champions League zu spielen. Der Gedanke daran, löst noch heute bei ihm Gänsehaut aus. „Ich habe in meinen elf Jahren beim HSV viel erlebt. Wir haben in München in der Allianz-Arena gewonnen. Wir haben die Zecken im Derby aus dem Stadion geschossen. Aber das, was wir 2006 erreicht haben, das war einfach noch mal etwas anderes. Jeder Fußballer will so hoch wie möglich spielen. Und das ist die Champions League. Das mit dem HSV geschafft zu haben, das kann mir keiner mehr nehmen. Ich bin ein HSV-Champions-League-Spieler. Das werde ich mein ganzes Leben behalten. Der HSV ist nicht nur ein Verein für mich. Der HSV ist ein Teil von mir.“

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