• Eine Frau hatte sich damals in ein Bettlaken gehüllt und sich auf die Tribüne am Tivoli geschlichen.
  • Foto: WITTERS

„Hoffentlich nie wieder“: St. Paulis Gegner hat schon Geisterspiel-Erfahrung

Es gibt nicht viele Klubs mit Geisterspiel-Erfahrung, St. Paulis nächster Gegner aber zählt dazu. Am 26. Januar 2004 bestritt der damalige Zweitligist auf dem Aachener Tivoli das erste Geisterspiel des deutschen Profifußballs. Die Alemannia gewann mit 3:2.

Das Geisterspiel war notwenig geworden, weil es beim 1:0-Sieg Aachens gegen den Club am 24. November 2003 schlimme Vorfälle gegeben hatte. Erik Meijer, später bekanntlich auch beim HSV, war vom Platz geflogen, danach segelten diverse Gegenstände auf den Platz.

Wolfgang Wolf von Wurfgegenstand außer Gefecht gesetzt

Gäste-Trainer Wolfgang Wolf wurde am Kopf getroffen und von Betreuern benommen in die Kabine geführt. Schiedsrichter Mike Pickel setzte die Partie nach zehnminütiger Unterbrechung fort, derweil Wolf mit Sehstörungen und Schmerzen in der Kabine bleiben musste. Nürnberg legte Protest gegen die Spielwertung ein, das DFB-Sportgericht entschied auf Wiederholung unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Besondere Herausforderung für Trainer

Auf nordbayern.de erinnern sich die Protagonisten von damals an den geschichtsträchtigen Kick. „Für mich als Trainer war es eine besondere Herausforderung“, sagte Wolfgang Wolf. „Ich musste meine Elf darauf einstellen, dass von außen keinerlei Impulse durch die Fans kommen, weder positiv noch negativ. Da brauchst du eine hohe Eigenmotivaton. Und ich musste sehr kontrolliert sein, weil man ja jedes Wort verstanden hat“, erklärte er und scherzte: „Ein Vorteil war: Kein Spieler konnte behaupten, er hätte meine Anweisungen nicht gehört.“

Wie ein Testspiel, nur eben um Punkte

Club-Stürmerlegende Marek Mintal hat nicht vergessen: „Man hat auf dem Platz jedes Wort gehört, es war mehr wie ein Testspiel, nur eben um Punkte.“ Fußball ohne Zuschauer sei schwierig, man spiele ja für die Fans.

Sieht auch Mintals damaliger Vereinskollege Lars Müller so. „Ohne Fans fehlt einfach was“, sagte er. „Das hatte schon was von einem Testspiel in der Türkei, bei dem niemand zuschaut. Ich kann mich noch an Fotos erinnern, dass jemand in einem Bettlaken auf der Tribüne herumgerannt ist.“ Als Premiere sei dieses Geisterspiel schon etwas Besonderes gewesen, „ich hätte es aber nicht noch einmal gebraucht“.

Radio-Legende erinnert sich an kahle Ränge und leere Mülltonnen

Aber nicht nur die Spieler, auch Radio-Legende und Club-Aufsichtsrat Günther Koch hat das Ereignis nicht vergessen. „Fünf Torschreie von mir, aber kahle Ränge, leere Mülltonnen, eine Wurstverkäuferin, laute Spieler und Trainer sowie circa 30 Kollegen, die mir zuhören mussten, ob sie wollten oder nicht“, berichtete Koch, der schon damals zu dem Schluss gekommen war: „Hoffentlich gibt es das nie wieder …“

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