Irrer Krimi! Ellenbogen-Rot, HSV-Siegtor nach Video-Wirbel zweimal gefeiert
Draußen traumhaftes Frühlingswetter, drinnen explosive Stimmung. Denkwürdige Szenen in der Sporthalle Hamburg. Am Ende jubeln Hamburgs Handballer über den dritten Heimsieg in Serie. Kurios: Das Siegtor wurde gleich zweimal gefeiert – denn der 31:30 (15:15) Erfolg gegen FrischAuf Göppingen stand noch nach der Schlusssirene auf der Kippe. Im Fokus: die Schiedsrichter, die in der hitzigen Schlussphase den Kopf verloren. Mehr noch: Der Trubel hatte eine brisante Vorgeschichte.
Es war das verrückteste Ende eines HSVH-Spiels in dieser Saison, versetzte die Heimmannschaft und das Publikum in Ekstase, ungläubiges Staunen und pure Fassungslosigkeit. Zwei Sekunden vor Schluss hatte der überragende Moritz Sauter mit seinem insgesamt achten Tor per Kempatrick spektakulär zum 31:30 getroffen und die Halle explodieren lassen. Kollektiver Siegerjubel auf dem Parkett und auf den Rängen.
HSV Hamburg besiegt Göppingen in letzter Sekunde
Denkste! Das junge Schiedsrichtergespann Fabian Friedel/ Rick Hermann war der Meinung, sich die Szene noch einmal ansehen zu müssen – weil Sauter den siegbringenden Wurf möglicherweise abgestanden haben könnte. Videobeweis. HSVH-Trainer Torsten Jansen, seine Spieler und auch einige der Verantwortlichen konnten es nicht glauben, einige schäumten.
Verrückt: schon im Hinspiel (25:25) hatte es Video-Wirbel gegeben, denn dem HSVH war das vermeintliche Siegtor, mit der Schlusssirene nach einem Videobeweis aberkannt worden – zu Unrecht, hatten die Hamburger moniert, da die Bewegtbilder und der Ton nicht übereinstimmten. Ein technisches Problem hatte den Sieg gekostet. Eigentlich ein Skandal. Kein Wunder also, dass die merkwürdige Entscheidung der Referees, sich Sauters Treffer noch einmal anzuschauen, die Emotionen hochkochen ließ. Zum Glück für die Hamburger waren diesmal die Technik intakt und die Bilder eindeutig.
Siegtor von Moritz Sauter erst nach Videobeweis bestätigt
Klappe, die zweite: Nachdem die Schiedsrichter ihre Entscheidung für Tor anzeigten, brach ein zweites Mal Jubel unter den 3304 Zuschauenden los. Und diesmal dauerte er minutenlang an, Sieger-Tanz und Welle vor jeder Tribüne inklusive. „So ein Ende erlebt man auch nicht alle Tage“, meinte Rückraumspieler Leif Tissier kopfschüttelnd und schmunzelnd und erinnerte an das Hinspiel. „Vielleicht war das jetzt Karma, dass es diesmal gut für uns ausgegangen ist.“
Glücklich war der Sieg, mit dem sie sich der HSVH in einem intensiven Spiel auf Augenhöhe für die 29:41-Klatsche in Lemgo zehn Tage zuvor rehabilitierten. In der zweiten Halbzeit hatte die Mannschaft von Trainer Torsten Jansen, der auf den Außenpositionen die Youngster Alexander Hartwig (auf Linksaußen für den verletzten Casper Mortensen) und Levin Unbehaun (auf Rechtsaußen für den angeschlagenen Frederik Bo Andersen) aufgeboten hatte. Andersen warf nur Siebenmeter – und verwandelte eiskalt alle acht Strafwürfe. Ein „Mr. 100 Prozent“.
Schiedsrichter mit fragwürdigen Entscheidungen
Bester Torschütze und Spieler in den Reihen der Hamburger war aber Sauter, der neun Treffer bei zwölf Versuchen erzielte und Matchwinner war. Die Vorlage beim finalen Kempa kam von Unbehaun, der zudem fünf Tore geworfen hatte und dem Jansen anschließend ein „super Spiel“ bescheinigte.

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Die Schlussphase der umkämpften Partie hatte neben dem Siegtor-Theater noch weitere Aufreger. Einen eindeutigen technischen Fehler von Göppingens David Schmidt, den alle Zuschauenden in der Halle sahen – aber nur die Schiedsrichter nicht und die Gäste die zwischenzeitliche 29:27-Führung (56.) erzielen konnten. Das sorgte für eine noch heißere Atmosphäre auf den Rängen, was das Duo an der Pfeife noch nervöser werden ließ. In der 59. Minute sah dann Schmidts Teamkollege Josip Sarac nach einem rüden Ellenbogencheck gegen Leif Tissier die Rote Karte, sodass FrischAuf das Spiel in Unterzahl beenden musste.
Trainer Torsten Jansen hat Mitleid mit dem Gegner
„Es tut mir fast ein bisschen leid, denn ich bin ein empathischer Mensch“, sagte Jansen über das unglückliche Ende für den Gegner. „Der Ausgang war vielleicht ein bisschen ungerecht.“ Er war vor allem der endgültige Tiefschlag für die Göppinger an einem Tag voller Pannen. Auf der Anreise hatte der Mannschaftsbus 50 Kilometer vor Hamburg auf der Autobahn einen Reifenplatzer gehabt und nicht weiterfahren können, wie Trainer Ben Matschke berichtete. Das gesamte Team hatte auf mehrere Taxis verteilt weiterfahren müssen und dann auch noch mehrfach im Stau gestanden, denn aufgrund des Marathons in Hamburg waren viele Straßen am Sonntag gesperrt.
Der HSVH hatte dagegen doppelt Grund zur Freude. Mit dem Sieg brachte das Jansen-Team endgültig den Klassenerhalt unter Dach und Fach. Ein Grund mehr, die zwei Zähler, mit denen die Hamburger ihr Punktekonto auf 27:27 ausglichen und auf Tabellenplatz zehn vorrückten, zu „genießen“, die Jansen betonte.
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Am kommenden Sonntag müssen die Hamburger, die neben dem Spielfeld aktuell um die Lizenz für die kommende Saison kämpfen, beim amtierenden Deutschen Meister SC Magdeburg antreten, eine der schwersten Aufgaben der Saison.
Tore HSVH: Sauter (9), Andersen (8/8), Unbehaun (5), Lassen (3), Tissier (3), Magaard (2), Hartwig (1)
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