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  • Wenn vier von fünf Plätzen leer bleiben, können Sportarten wie Handball unter Profi-Bedingungen nicht lange überleben
  • Foto: imago images/Pressefoto Baumann

„Genickschlag“: 20 Prozent? Handball und Eishockey brauchen mehr!

Der Fußball jubelt über die Vereinbarung der Bundesländer, andere Sportarten jaulen: 20 Prozent Zuschauer sind nicht das, was sich Handball, Eishockey und Co. erhofft hatten. Es geht um Existenzen.

Sie hatten mit bis zu 35 Prozent gerechnet, am Ende wurden es gerade einmal 20: Die deutschen Teamsportarten hadern mit der aus ihrer Sicht zu maßvollen Fan-Rückkehr in die Arenen. Während König Fußball die neue bundesweite Vorgabe der Politik lautstark bejubelte, reagierte der Rest Sport-Deutschlands von zurückhaltend über zerknirscht bis völlig frustriert.

Handball, Basketball und Eishockey sind abhängig von Zuschauern

„Die Lösung ist ein Anfang, aber nicht das, was wir uns erhofft haben“, gab Frank Bohmann zu. Der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga sprach damit den anderen Hallen-Sportarten aus der Seele. Angesichts ihrer Abhängigkeit von Zuschauereinnahmen hatten sie schon in den vergangenen sechs Monaten weit mehr zu leiden als der Fußball.

Eishockey: Lichtblick erhofft, Genickschlag bekommen

Ernüchterung herrscht vor allem im Eishockey. „Wir haben auf einen Lichtblick gehofft, und dann kriegst du wieder einen Genickschlag“, sagte Wolfgang Gastner, Hauptgesellschafter der Nürnberg Ice Tigers: „Mit 20 Prozent ist kein Überleben möglich.“

Zu wenig Zuschauer: „Mit 20 Prozent ist kein Überleben möglich“

Das Schreckgespenst „Geisterspiele“ ist zwar vorerst vertrieben, was Bohmann als „überlebensnotwendig“ ansieht. Aber jede Veranstaltung mit nur einem Fünftel an Fans sei „ein Zuschussgeschäft, das wir auf Dauer nicht durchführen können“. Der Handball-Chef hofft, dass die Auslastung ab Anfang November, dem Ende der sechswöchigen Testphase, weiter gesteigert werden kann, am besten auf „40 oder 50 Prozent“.

Im Handball beginnt schon bald die Saison

Im Gegensatz zu den anderen großen Hallen-Sportarten wie Eishockey (Saisonstart am 13. November) und Basketball (6. November) ist der Handball direkt von der Entscheidung zur „Fan-Rückkehr auf Bewährung“ betroffen, der Bundesligastart am 1. Oktober steht vor der Tür.

Die Kufencracks schieben Frust

Frust schoben nach dem Beschluss der Länderchefs um NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Bayerns Markus Söder aber vor allem die Kufencracks. „Nach den Gesprächen der letzten Woche hatten wir uns deutlich mehr Unterstützung in diesem für uns wirtschaftlich so existentiellen Bereich erhofft“, sagte DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke.

Kölner Haie schreiben rote Zahlen trotz vieler Zuschauer

Das Beispiel der Kölner Haie veranschaulicht das Problem sämtlicher Teamsportarten neben dem Fußball eindrucksvoll: Dem Eishockey-Schwergewicht gelang es in der vergangenen DEL-Saison trotz eines Zuschauerschnitts von 13.333 in 26 Heimspielen (Liga-Bestwert) nicht, schwarze Zahlen zu schreiben.

Im Eishockey gibt es kaum TV-Gelder

Mehr als 60 Prozent des Haie-Etats (insgesamt rund 15 Millionen Euro), so rechnete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor, machen Ticketerlöse und weitere spieltagsbezogene Einnahmen aus. Die TV-Einnahmen sind in der DEL mit rund 200.000 Euro pro Klub jährlich anders als im Fußball verschwindend gering.

Handball: Zuschauer machen 80 Prozent des Etats aus

Ähnlich sind die Zahlen im Handball, wo sich die Vereine sogar bis zu 80 Prozent mit Eintrittskarten finanzieren. Weil die Einnahmen seit Anfang März wegbrechen und die Ausgaben weiter laufen, seien laut Bohmann aktuell „ausnahmslos alle Erst- und Zweitligisten bedroht“.

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Im Basketball gab sich Bundesliga-Geschäftsführer Stefan Holz optimistischer, wies aber auch auf Probleme hin. „20 Prozent ist ein ganz vernünftiger Einstieg, den ich positiv bewerte. Klar ist aber auch, dass die Klubs in ihrer Kostenstruktur bei 20 Prozent in der Halle Geld verlieren.“

200 Millionen Corona-Soforthilfe reichen nicht

Durch versprochene Corona-Soforthilfen vom Bund – über 200 Millionen Euro für ausbleibende Zuschauereinnahmen bis Jahresende – können die Klubs in den Topligen im Basketball, Handball, Eishockey und Volleyball immerhin bis zu 800.000 Euro erhalten. Zu wenig laut Bohmann: „Damit allein wird man einen Verein nicht über den Berg retten können. Helfen muss sich jeder selbst.“ Voraussetzungen dafür habe man durch die Zuschauer-Rückkehr nun.

„Wie wir ihn kennen, wird es den Sport nicht mehr geben“

Bohmann weiß aber auch um die pandemiebedingten Unwägbarkeiten, das Konstrukt steht auf tönernen Füßen: Ein Superspreader-Event würde alle Pläne über den Haufen werfen. „Dann werden wir uns neue Wege überlegen müssen“, sagte Bohmann: „Aber klar ist dann auch, dass es den Profisport, wie wir ihn kennen, so nicht weiter geben wird.“

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