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  • Im HSV-Präsidium um Boss Marcell Jansen (Mitte) und seine Vizes Thomas Schulz (l.) und Moritz Schaefer herrscht schon seit langem keine Einigkeit mehr.
  • Foto: WITTERS

Geht es jetzt vor Gericht?: Der Machtkampf beim HSV und die Rolle von Hoffmann

Am Ende werden wieder die einen jubeln, während die anderen tiefen Frust schieben. Sportlich mag beim HSV zurzeit vieles rund laufen, innerhalb des Vereins aber tobt der heftigste Lagerkampf seit Jahren. In wenigen Wochen sollen die Mitglieder darüber befinden, in welche Richtung sich ihr Klub bewegen wird. Es ist bereits jetzt eine gewaltige Zerreißrobe, an deren Ende die komplette Spaltung stehen könnte.

Ein weiteres Mal rauchten die Köpfe und wurden Argumente ausgetauscht. Bis in den späten Montagabend hinein tagte das zerstrittene HSV-Präsidium mit Marcell Jansen (35), Vize Thomas Schulz (58) und Schatzmeister Moritz Schaefer (42), um einen Termin für die außerordentliche Mitgliederversammlung zu finden, auf der sich Schulz einem Abwahl-Antrag stellen muss. Ob es allerdings wirklich dazu kommt, ist offen. Am Ende könnten vielleicht sogar die Gerichte entscheiden müssen. Es wäre ein weiterer Tiefpunkt in einer schon jetzt würdelosen Schlammschlacht.

Schulz spielt im HSV-Machtkampf zurzeit die Hauptrolle

Die Hauptrolle in der ganzen Angelegenheit kommt Schulz zu. Der Präsidiumsvize ist die Schlüsselfigur in allen Überlegungen, weil er gemeinsam mit Schaefer gegenüber Ex-Nationalspieler Jansen die Mehrheit im Präsidium des HSV e.V. bildet – und damit auch bei Abstimmungen. Der Verein ist mit 75,67 Prozent Hauptaktionär in der für den Profi-Fußball zuständigen HSV AG. Schulz und Schaefers Plan: Die fast komplette Ablösung und Neubesetzung des AG-Aufsichtsrates, der über die Bestellung und Entlassung der Vorstände entscheidet. Würde das Duo den Rat nach seinen Wünschen verändern, dürften zumindest die Tage von Finanz-Vorstand Frank Wettstein gezählt sein.

Zweimal bereits kam es innerhalb der vergangenen Wochen zu dem Versuch, den das „Hamburger Abendblatt“ mit den Worten „Der Putsch“ umschrieb. Dafür, dass er nicht stattfand, sorgte der fünfköpfige HSV-Beirat, dem letztlich die Entscheidung obliegt, Kandidaten für den Aufsichtsrat zuzulassen. Der Beirat sieht sich als eine Art gutes Gewissen des Vereins, der ihn vor Schaden schützen soll. Nur sein Veto verhinderte bereits im Januar den großen Umsturz.

An diesem Dienstag muss sich das HSV-Präsidium erklären

Das Pikante: Schulz, der sich den Umbruch so sehr wünscht, muss selbst um seinen Posten im Präsidium fürchten, weil ihm sämtliche HSV-Gremien das Vertrauen entzogen und einen Abwahlantrag einreichten. Das geschah vor drei Wochen. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Mitglieder wäre für Schulz’ Ablösung nötig, einen freiwilligen Rücktritt lehnt er ab. „Als von den Mitgliedern gewähltes Präsidiumsmitglied werde ich meiner Verantwortung weiterhin nachkommen“, ließ er via Facebook wissen. Aber: Die Frist, in der das Präsidium nun zur Versammlung einladen muss,  auf der über Schulz votiert werden soll, endet an diesem Dienstag.

Zuletzt sprach einiges dafür, dass sich das Dreigestirn zusammenraufen würde, um einen Termin zu finden. Am Montag aber kamen plötzlich wieder erhebliche Zweifel auf.  Die rein digitale Veranstaltung sei zu teuer, hieß es aus dem Schulz-Schaefer-Lager, auch technisch sei es kaum zu wuppen, ein solches Meeting für die mehr als 80 000 HSV-Mitglieder auf die Beine zu stellen. Das gegnerische Lager hält diese Argumente für fadenscheinig und sieht hinter ihnen einen weiteren Versuch der beiden Vize-Präsidenten, um Zeit zu gewinnen, ihre Ziele umzusetzen.

Möglicherweise müssen die Gerichte über den HSV-Zoff befinden

Was aber, wenn es nun keinen  Termin geben sollte? Dann müsste der HSV-Ehrenrat, der den offiziellen Abwahl-Antrag gegen Schulz stellte, vor Gericht ziehen. Die daraus resultierenden Folgen in Sachen Außenwirkung des HSV kann sich jeder ausmalen.

So oder so bildet der Richtungsstreit ein weiteres heftiges Kapitel in der an Machtkämpfen reichen HSV-Geschichte. Die Vorgänge ähneln sich dabei stets: Die Gewinner jubilieren, die Verlierer verziehen sich. Und kommen irgendwann zurück, um das Ruder wieder an sich zu reißen.

Welche Rolle spielt Ex-HSV-Boss Bernd Hoffmann?

Köttgen und Hoffmann

Gute Bekannte: Max-Arnold Köttgen (l.) trat im März 2020 aus dem Aufsichtsrat zurück, nachdem dieser für die Entlassung von Ex-Vorstandsboss Bernd Hoffmann votiert hatte.

Foto:

WITTERS

Auch deshalb fällt im aktuellen Zwist immer wieder der Name Bernd Hoffmann (58). Der frühere HSV-Vorstandschef wurde im März vergangenen Jahres vom Aufsichtsrat entlassen. Mit Schulz und Schaefer bildete Hoffmann zuvor das Präsidium. Schulz schwor Hoffmann so sehr die Treue, dass er nach dessen Entlassung enttäuscht seinen Posten im Aufsichtsrat niederlegte. Ebenso wie der damalige Kontrolleurs-Boss Max-Arnold Köttgen.

Was blieb, waren Hoffmanns Drähte in den HSV, insbesondere zu Schaefer und Schulz – die nun den Rat neu formieren wollen. Um damit Hoffmanns Weg zur Rückkehr zu ebnen?

Hoffmann war bereits zweimal HSV-Vorstand

Diese Frage steht seit Wochen im Raum. Zwar schloss Hoffmann auch gegenüber der MOPO ein drittes HSV-Engagement nach 2003 (bis 2011) und 2018 aus. Auffällig aber, dass das Gros der Kandidaten, die Schulz und Schaefer kürzlich für den Aufsichtsrat vorschlugen, Hoffmann nahe stehen oder zumindest mal standen. Köttgen etwa, der nun wieder auftaucht. Oder Ex-Aufsichtsrätin Katrin Sattelmair. Zudem wurde mit Henrik Köncke der frühe Vorsänger der Ultras vorgeschlagen.

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Verbrieft ist auch, dass mit Katja Kraus (50) Hofmanns frühere Vertraute aus dem HSV-Vorstand kontaktiert wurde. Die MOPO berichtete darüber bereits am 20. Januar. Die geschäftsführende Gesellschafterin der Sportmarketing-Agentur Jung von Matt/sports wurde von Schaefer zunächst mal als Kandidatin für den Aufsichtsrat ins Spiel gebracht. Nun wird sie als mögliche Anwärterin für den Vorstand genannt.

Ex-HSV-Vorstandsfrau Katja Kraus verzichtet auf Dementi

Am Sonntag war Kraus zu  Gast im NDR-Sportclub – und verzichtete auf ein Dementi. „Ich hatte wunderschöne Jahre beim HSV und einiges hoffentlich verändert in dieser Zeit“, stellte sie klar und wich dann aus: „In den vergangenen zehn Jahren habe ich aus Respekt vor den handelnden Personen nie über den HSV gesprochen. So würde ich das weiter beibehalten.“

Katja Kraus

Katja Kraus saß von Anfang 2003 bis 2011 im Vorstand des HSV. 

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WITTERS

Kraus. Köttgen. Und am Ende doch wieder Hoffmann?  Wettstein stattdessen weg? Und vielleicht auch HSV-Sportvorstand Jonas Boldt? Franck Ockens hat genug von all dem Zirkus. Der 45 Jahre alte HSV-Fan aus Rellingen schaute sich das Gezerre um seinen Verein lange an und handelte schließlich. Am vergangenen Wochenende gründete er die Initiative „Für den HSV“ (www.fuerdenhsv.de), auf der sich Mitglieder austauschen und informieren können. Mehr als 2500 von ihnen besuchten die Website bereits in den ersten 24 Stunden. Ockens macht keinen Hehl daraus, dass er mit der aktuellen Arbeit von Vorstand und Aufsichtsrat zufrieden ist und den Zeitpunkt für große Veränderungen nicht gekommen sieht. „Ich möchte die Mitglieder mit der Initiative für das Thema sensibilisieren“, sagte er der MOPO. „Sollte es demnächst zur Abstimmung über Herrn Schulz kommen, ist das eine sehr wichtige Frage. Es geht dann so oder so um die Zukunft des Vereins.“ 

Mal wieder, möchte man sagen. Wenn denn wirklich abgestimmt werden sollte.  Und so viel dürfte klar sein: Sobald der Jubel der Sieger abgeklungen ist, sollten sie auf der Hut sein. Weil die Verlierer schon wieder Pläne schmieden. So tickt er, der HSV. Selbst wenn scheinbar alles im Lot ist.

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