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  • Verzweiflung pur: Ingolstadts Peter Kurzweg sank nach dem Last-Minute-K.o. auf die Knie.
  • Foto: Bongarts/Getty Images

Nach Ingolstadt-Drama: Geil und grausam! Aber ist die Relegation gerecht?

Spätestens mit dem Moment, als der Ball gemächlich über die Ingolstädter Torlinie rollte, war die Debatte wieder in vollem Gang: Wie fair sind die Relegationsspiele? Und wie zeitgemäß ist die Auswärtstorregel noch im Jahr 2020? All das wird nun wieder diskutiert werden.

Nimmt man den reinen Unterhaltungswert aller Entscheidungsspiele in dieser Saison, wird es kaum zwei Meinungen geben. Egal ob Verl gegen Lok Leipzig, Heidenheim gegen Werder oder jetzt Ingolstadt gegen Nürnberg – an Dramatik waren vor allem die Rückspiele nicht mehr zu toppen.

Bei den Nürnbergern kannte der Jubel nach dem Schlusspfiff des Dramas von Ingolstadt natürlich keine Grenzen.

Bei den Nürnbergern kannte der Jubel nach dem Schlusspfiff des Dramas von Ingolstadt natürlich keine Grenzen.

Foto:

imago images/Zink

Den FC Ingolstadt trifft es in voller Härte

Aber auch wenn man sich in der Regel mit emotionalen Beziehungen zu Klubs wie dem FCH oder dem FCI eher schwer tut: Es muss für Spieler, Verantwortliche und Fans in Ingolstadt grausam gewesen sein, als am Sonntagmorgen der Wecker klingelte und alles immer noch so war wie am Vorabend. „Ich weiß nicht, was wir verbrochen haben“, haderte Torwart Marco Knaller nach dem 3:1 im Rückspiel gegen den Club.

Ingolstadts Gaus schimpft auf Gegner Nürnberg

Bis zur praktisch letzten Aktion war der FCI nach einem Jahr zurück in der 2. Liga – dann zerstörte ein Kullertor von Fabian Schleusener in der 96. Minute doch noch alles. Die Emotionen kochten über, wüste Beschimpfungen, fast Handgreiflichkeiten. „Es gibt schlechte Verlierer und noch viel schlechtere Gewinner“, geiferte Ingolstadts Marcel Gaus in Richtung der Nürnberger Profis. „Es tut einfach weh, es kotzt mich an.“

Ingolstadt hadert und trauert, Nürnberg feiert und dankt

Die Schanzer haderten mir Schiri Christian Dingert und dem Schicksal. Am letzten Saisonspieltag kostete ein strittiger Elfer für Würzburg in letzter Sekunde den direkten Aufstieg, nun die exorbitante Nachspielzeit plus ein eventuelles Foul vorm Gegentreffer. Glückseligkeit hingegen auf der anderen Seite, wo Interimscoach Michael Wiesinger unter Tränen davon sprach, dass man „den Sarg noch mal geöffnet“ habe: „Wir müssen uns beim Fußball-Gott bedanken, dass er uns nochmal die Hand gereicht hat.“

Heidenheims Coach für Abschaffung der Relegation

Von solchen Dingen abhängig zu sein, findet nicht nur Frank Schmidt daneben. „Es wäre schön, wenn man am Ende den Lohn für eine gesamte Saison bekommt und nicht noch abhängig von zwei Spielen ist“, sagte der Coach des 1. FC Heidenheim, der auf tragische Weise gegen Werder Bremen gescheitert war (0:0, 2:2) – aufgrund der Auswärtstorregel.

Auswärtstorregel laut Statistik nicht mehr zeitgemäß

Und ob die noch zeitgemäß ist, darf durchaus bezweifelt werden. Der Anteil der Auswärtstore und -siege ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, der vermeintliche Heimvorteil ist wesentlich kleiner als früher, sowieso in Corona-Zeiten. Und was ursprünglich Gästeteams zu mehr Offensive veranlassen sollte, treibt nun häufiger Heimmannschaften zu Safety First: Schließlich macht die Auswärtstorregel ein Heimspiel ohne Gegentreffer besonders wertvoll.

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