Keine Trainer, keine Plätze: Tausende Kinder in Hamburg finden keinen Verein
Wer sein Kind in Hamburg im Verein Fußball spielen lassen will, braucht oft eine Menge Geduld. Der Mangel an Plätzen und Betreuer:innen führt dazu, dass viele Klubs dem Ansturm nicht mehr gewachsen sind. Laut einer Umfrage des Hamburger Fußball-Verbands (HFV) stehen derzeit tausende Kinder und Jugendliche auf Wartelisten von Hamburger Vereinen. Was Verband und Vereine fordern.
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Wer sein Kind in Hamburg im Verein Fußball spielen lassen will, braucht oft eine Menge Geduld. Der Mangel an Plätzen und Betreuer:innen führt dazu, dass viele Klubs dem Ansturm nicht mehr gewachsen sind. Laut einer Umfrage des Hamburger Fußball-Verbands (HFV) stehen derzeit tausende Kinder und Jugendliche auf Wartelisten von Hamburger Vereinen. Was Verband und Vereine fordern.
„Unser Stadtteil wächst gerade sehr, wir kriegen täglich neue Anfragen“, erzählt Martin Hildebrandt, Vorstand des SV Eidelstedt. Rund 700 Jungen und Mädchen kicken im Verein, gut 300 stehen auf der Warteliste. „Wir brauchen mehr Plätze, um alle Kinder aufzunehmen, die sich bewegen wollen“, schildert er.
Hamburger Vereine haben lange Wartelisten für Kinder
Sein SVE teilt sich für den Trainingsbetrieb zwei Kunstrasenplätze mit einem anderen Verein. Dazu gibt es noch einen Grandplatz am Redingskamp – ein Belag, der Eltern und Trainer eher abschreckt. „Ein Kunstrasen dort ist unser Ziel“, sagt Christoph Hellmeier, der sich in Eidelstedt seit drei Jahren hauptamtlich um den Jugendfußball kümmert: „Die Konzepte liegen vor. Aber wir haben nicht mal eben 700.000 Euro.“
Eidelstedt steht mit seinen Sorgen nicht allein. In der HFV-Umfrage gaben 52 Prozent der Vereine an, eine Warteliste zu führen. Aufsummiert stehen insgesamt rund 3000 Kinder und Jugendliche vor verschlossenen Plätzen, wobei die exakte Zahl durch Mehrfach-Anmeldungen und Vereine, die sich an der Umfrage nicht beteiligt haben, schwer zu ermitteln ist. Hoch ist sie allemal, besonders betroffen sind Sechs- bis Zwölfjährige.
HFV-Präsident Okun will von der Politik mehr Beteiligung
„Viele Plätze sind dem Wohnungsbau zum Opfer gefallen“, stellt HFV-Präsident Christian Okun fest und fordert von der Politik eine stärkere Einbindung der Fachverbände in die Stadtteilplanung. Der 1. FC Hellbrook warte seit 2015 auf einen Kunstrasenplatz, bei einem Hallenneubau in Groß Flottbek sei der Vorschlag, auf dem Dach einen Trainings-Kunstrasen zu schaffen, abgelehnt worden. „In der Politik ist ein Bewusstsein eingetreten, aber oft werden Fehlanreize gesetzt“, sagt CDU-Mitglied Okun.
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„Unser Anspruch als Breitensportverein ist, allen Kindern eine Möglichkeit zu geben“, erklärt Peer Lemansky, der sich beim Altonaer Verein Teutonia 10 um den Nachwuchsfußball kümmert – und dabei eine Warteliste mit gut 100 Namen abarbeitet. Auch die Teutonen wünschen sich einen weiteren Kunstrasenplatz an der Max-Brauer-Allee, zumal der Bedarf absehbar noch steigen dürfte. „Durch den Bau des Holstenareals werden noch mehr Anfragen von Familien kommen“, sagt Lemansky: „Deshalb muss man jetzt anfangen, sich Lösungen zu überlegen.“
Mehr Bezirkssportanlagen – so lautet ein Wunsch nicht nur der Teutonen. Doch beim Großprojekt Neue Mitte Altona wurde nicht an Sportplätze gedacht. Versäumnisse, die jetzt junge Kicker zu spüren bekommen. HFV-Chef Okun blickt kritisch auf das jüngste Projekt Oberbillwerder: „Dort sollen 20.000 Menschen wohnen. In welchen Sportverein sollen die gehen?“
Teutonia freut sich über engagierte Eltern im Fußball
Einen Lichtblick sieht Teutonia-Funktionär Lemansky: „Die Eltern unterstützen uns sehr bei der Neugründung von Bambini-Teams.“ Keine Selbstverständlichkeit, denn neben fehlenden Plätzen ist der Mangel an Trainer:innen und Betreuer:innen ein weiterer Grund der Krise. In der HFV-Umfrage gaben 45 Prozent der Klubs an, die Aufnahme von neuen Kindern scheitere an fehlendem Personal zur Betreuung.
Der SV Eidelstedt führt dreimal im Jahr eine Fußballakademie durch, um junge Trainer auszubilden und an den Verein zu binden. „Sport ist Bewegung, Bildung und Teilhabe“, sagt Hellmeier, der als Trainer selbst die A-Lizenz besitzt: „Wir wollen im Stadtteil stark sein und ein Lebensbegleiter für die Kinder.“
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Es ist ein Problem, das in Hamburg längst über den Volkssport Fußball hinausreicht. „Beim Schwimmen ist es noch extremer“, erklärt SVE-Chef Hildebrandt: „Da stehen bei uns 500 Kinder auf der Warteliste.“