• Die DFB-Elf nutzte ihre Reichweite und setzte ein Zeichen zum WM-Gastgeber Katar. Nun kamen die ersten Reaktionen.
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Geste zur Katar-WM: Doppelmoral? Es gibt auch Kritik an der Shirt-Aktion der DFB-Elf

Mit ihrer Aktion zur Verdeutlichung der Menschenrechtssituation im WM-Gastgeberland Katar hat die deutsche Nationalmannschaft weltweit für Aufsehen gesorgt. Vor dem Anpfiff des WM-Qualifikationsspiels gegen Island in Duisburg (3:0) posierte die DFB-Elf gemeinsam mit dem Schriftzug „HUMAN RIGHTS“. Allerdings kommen nicht nur positive Rückmeldungen zu der Aktion.

Dagmar Freitag, Sportausschuss-Vorsitzende im Bundestag, lobte zwar die grundsätzliche Aussage, sieht aber auch Anzeichen für Doppelmoral. „Ich habe keinerlei Zweifel an der persönlichen Haltung der DFB-Nationalspieler“, sagte Freitag.

Wie „schwierig die Gemengelage“ sei, zeige sich, wenn „einige Mitglieder des Teams wenige Tage später wieder mit dem Schriftzug ihres Sponsors Qatar Airways auf dem Trikotärmel auflaufen (müssen)“.

Die nationale Fluggesellschaft Katars sponsert Bayern München, das fünf Spieler der Startelf stellte.

HUMAN-RIGHTS-Aktion: Elf Buchstaben gehen um die Welt

DFB-Präsident Fritz Keller war derweil „sehr stolz“ auf die Stars und „begeistert“ von der Aktion. Die Idee sei aus der Mannschaft heraus gemeinsam mit dem DFB entwickelt und umgesetzt worden, teilte der Verband mit – und sie soll nur der Anfang sein. Keller will im April im Präsidium eine gemeinsame Position erarbeiten und den gesamten deutschen Fußball einbinden. Von einem WM-Boykott hält er aber weiter nichts.

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„Die Spieler haben das selbst am Mittag gemalt und geschrieben“, berichtete Joachim Löw über den Ursprung für das beachtliche Signal, der selbst das Ausrufezeichen hinter seinen Spielern sein will. „Absolut“, sagte der Bundestrainer: „Das sollte ein Zeichen sein, dass wir für alle Menschenrechte auf der Welt einstehen. Dafür, welche Werte wir vertreten. Das war gut und wichtig.“

Damit wandelte die Nationalmannschaft in den Spuren der Norweger, deren ähnliche Botschaft vom Mittwoch gut angekommen war. „Deutschland kopiert Norwegen“, schrieb die Zeitung Verdens Gang stolz, Nationaltrainer Stale Solbakken merkte an: „Jetzt folgt einer der Großen, das hat einen guten Effekt.“

DFB: Dagmar Freitag mit Kritik für HUMAN-RIGHTS-Aktion

Leon Goretzka, vorbildlicher Vorsprecher auch gegen Rassismus, erklärte im Namen der Mannschaft den Hintergrund. „Wir möchten der Gesellschaft klar machen, dass wir das nicht ignorieren, sondern ganz klar machen, welche Bedingungen da herrschen müssen“, sagte der Torschütze. „Wir haben große Reichweite – und können die wunderbar nutzen.“

Der englische Guardian hatte kürzlich berichtet, dass seit der WM-Vergabe an das Emirat 2010 mehr als 6500 Menschen auf Stadion-Baustellen gestorben sind. Katar steht bei Menschenrechtsorganisationen seit Jahren wegen der Ausbeutung von Gastarbeitern stark in der Kritik.

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Dies vor Millionenpublikum anzusprechen, gefiel auch Uli Hoeneß – der aber als Bayern-Ehrenpräsident bei RTL argumentativ die Kurve bekommen musste. „Ich finde das sehr gut. Wir wollen mündige Spieler“, sagte Hoeneß: „Eine WM in Katar, ein Engagement des FC Bayern dort kann dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen besser werden.“ Die Münchner fliegen regelmäßig zu Trainingslagern nach Doha.

DFB mit Botschaft zu Menschenrechts-Verletzungen in Katar – Nächstes Team nach Norwegen

Dort ist dann auch Joshua Kimmich dabei, der gelobte, weiter den Mund aufzumachen. „Wir haben die Kraft, Dinge anzusprechen, wenn das eine oder andere nicht passt auf der Erde“, sagte er. „Da hat man die Chance, mit dem Fußball die Aufmerksamkeit auf Missstände zu richten. Das wollen wir im Hinblick auf die WM tun.“ Genau dies fordert auch Julia Duchrow, stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty Deutschland: „Die Zeiten, in denen Sport unpolitisch zu sein hatte, sind vorbei“, sagte sie.

Das sieht inzwischen sogar die FIFA so. Der Weltverband teilte mit, er glaube „an die Meinungsfreiheit und an die Kraft des Fußballs, Wandel voranzutreiben“. Die Aktion werde nicht sanktioniert. (sid/abin)  

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