• Thiago Alcantara (r.) hat eine klare Meinung zum Umgang des Fußballs mit dem Coronavirus.
  • Foto: AFP

„Umgang wie mit Affen im Zoo“: Coronavirus: Erst Spieleraufstand, dann endlich Absage

München/Köln –

Der 26. Spieltag sollte stattfinden, doch der Widerstand wuchs. Die ersten Bundesliga-Spieler probten den Aufstand, und auch ein Trainer hatte eine klare Meinung zum Wackelkurs der Liga. 

War das Milliardengeschäft Fußball etwa nicht bereit, im Zuge der Corona-Krise der Realität ins Auge zu sehen? Dieser Meinung war nicht nur Thiago Alcantara (28), Mittelfeldstar des FC Bayern München. Am Nachmittag verkündete die Liga dann doch noch die Absage des Spieltags (hier lesen Sie mehr).

Der Spanier Thiago war am Freitag der erste Bundesliga-Profi, der mit einer klaren Meinung Stellung bezog zum Umgang der Bundesliga mit den Auswirkungen des Coronavirus.

Thiago zum Umgang mit Coronavirus: „Das ist verrückt“

„Das ist verrückt“, schrieb Thiago via Twitter: „Bitte hört auf herum zu scherzen und landet in der Realität. Seien wir ehrlich, es gibt viel wichtigere Prioritäten als irgendeinen Sport.“

Hier lesen Sie mehr: Wie geht es mit der Bundesliga weiter?

Der Bayern-Star wünschte sich offenbar die sofortige Einstellung des Ligabetriebs. Pikant: Ursprünglich postete er exakt dieses Statement als direkte Antwort auf einen Tweet seines Klubs. Im englischsprachigen Account des FCB wurde die Entscheidung verkündet, dass die DFL den Spieltag am Wochenende austragen wolle.

Thiagos Antwort war eindeutig. Ist aber inzwischen nicht mehr online. Musste er den Retweet etwa auf Druck des Vereins wieder löschen? Falls ja, hat es ihn nicht daran gehindert, seine Meinung ohne direkten Bezug zum Klub-Tweet erneut kundzutun.

Die Bayern sollten Samstag bei Union Berlin antreten. Thiago hielt das offenbar nicht für wirklich sinnvoll. Seine Einstellung ist zu respektieren und mehr als nachvollziehbar.

Karl-Heinz Rummenigge: „Es geht auch um Finanzen“

Unterstützung erhielt der Spanier vom Bayern-Fanklub „Club Nr. 12“. „Hört auf Thiago“, schrieben die FCB-Anhänger: „Unsere Forderung von gestern steht: ABSAGE ALLER SPIELE – SOFORT!“

Doch die Fußballfunktionäre hatten halt nach wie vor andere Interessen. Karl-Heinz Rummenigge (64) gab noch am Freitagmittag völlig ungeniert zu: „Es geht natürlich am Ende des Tages auch im Profifußball um Finanzen.“ Wer hätte das gedacht.

Hier lesen Sie mehr: Kommentar: Liga-Bosse treiben ein mieses Spiel auf Zeit

Bayern-Trainer Hansi Flick saß bei der Pressekonferenz auf dem Podium neben Rummenigge und sagte auf Nachfrage: „Das ist Thiagos Meinung, und die ist absolut frei.“ Tendenzen, dass die Mannschaft möglicherweise nicht antreten wolle, kenne er nicht, so Flick: „Ich habe noch keine Spieler gesehen, sie trudeln jetzt gerade hier ein.“

Bundesliga: Proteste der Profis nahmen zu

Jedenfalls stand Thiago mit seiner Meinung nicht alleine da. 

Auch der Paderborner Abwehrspieler Uwe Hünemeier (34) schrieb: „Es ist nicht der Zeitpunkt, um noch Zeit zu verlieren! Priorität hat einzig und allein die Gesundheit aller.“

Noch drastischer wurde Torhüter Rafal Gikiewicz (32), der Samstag mit Union Berlin gegen Thiagos Bayern spielen sollte.

Rafal Gikiewicz: „Wie mit den Affen im Zoo“

„Mit den Fußballern wird in dieser Situation umgegangen wie mit den Affen im Zoo“, schrieb der Pole in seiner Muttersprache bei Twitter. Auch seine Kollegen fühlten sich nicht mehr wohl: „Wir reden miteinander und es gibt sehr große Ängste.“

Trainer Oliver Glasner: „Das ist sehr skurril“

Mit Oliver Glasner 45 vom VfL Wolfsburg bezog dann auch ein Bundesliga-Trainer klar Stellung. „Das ist nicht die konsequenteste Lösung. Im Sinne der Zivilcourage hätte man absagen können. Das ist sehr skurril“, befand der Österreicher.

Fan-Sprecher: „Den Machern geht es nur ums Geld“

Derselben Meinung waren organisierte Fangruppen, die das Festhalten an der Austragung des 26. Spieltages kritisierten. „Das zeigt deutlich, dass es den Machern nur ums Geld und nicht um die Gesundheit der Spieler geht“, sagte Rainer Vollmer, Vorstand der Fan-Interessengemeinschaft „Unsere Kurve“.

DFL reagiert auf aktuelle Entwicklung und sagt Spieltag ab

Schließlich hatte dann auch die DFL ein Einsehen. Um 16.13 Uhr verschickte die Liga eine offizielle Mitteilung und verkündete doch noch die Verschiebung des aktuellen Spieltags:

„Angesichts der Dynamik des heutigen Tages mit neuen Corona-Infektionen und entsprechenden Verdachtsfällen in direktem Zusammenhang mit der Bundesliga und 2. Bundesliga hat das Präsidium der DFL Deutsche Fußball Liga kurzfristig beschlossen, den ursprünglich heute beginnenden 26. Spieltag in beiden Ligen zu verlegen“, heißt es in der Mitteilung. „Darüber hinaus empfiehlt das Gremium, wie geplant, der am kommenden Montag tagenden Mitgliederversammlung der Proficlubs, die Aussetzung des Spielbetriebs bis zum 2. April – also inklusive der Länderspiel-Pause – fortzusetzen.“ (ars/sid)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp