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  • ZDF-Frontfrau Katrin Müller-Hohenstein begleitet Joachim Löw seit 13 Jahren - und zieht ein Karrierefazit.
  • Foto: imago/Martin Hoffmann

Expertin Katrin Müller-Hohenstein: So hat sich Löw verändert

Maximal sieben Spiele noch, dann war es das. Die Ära Joachim Löws als Bundestrainer neigt sich dem Ende entgegen – auch für seine Wegbegleiter ein einschneidendes Erlebnis. Schalke blamiert sich auch als Zweitligistwar bei fast allen Höhepunkten und Tiefschlägen von Löws Amtszeit dabei, sie war Augenzeugin des WM-Triumphs in Rio und des fürchterlichen Scheiterns vier Jahre später in Russland. Himmel und Hölle – aber immer der gleiche Löw. Genau das gefällt der ZDF-Frontfrau an dem 61-Jährigen, wie sie im Gespräch mit der MOPO verrät. 

MOPO: Frau Müller-Hohenstein, Sie begleiten Joachim Löw journalistisch fast genauso lang, wie er Bundestrainer ist. Hand aufs Herz: Was empfinden Sie beim Gedanken an seinen nahenden Abschied?

Katrin Müller-Hohenstein (55): Ich finde es sehr schade, dass er abtritt.

Mit Löws Abtreten geht eine große Ära zu Ende

Es gibt aber durchaus auch genügend Menschen in Deutschland, die sich freuen, mal ein anderes Trainer-Gesicht beim Nationalteam zu sehen.

Ganz sicher. Sein Wirken wurde in den vergangenen Jahren, seit der schlimmen WM 2018, mitunter sehr kritisch gesehen. Teils zurecht, das weiß er ja auch selbst. Aber unterm Strich geht da eine grandiose Ära zu Ende.

Löw übernahm das Amt nach dem WM-Sommermärchen 2006, Sie berichten seit 2008 über das Nationalteam. Hat er sich im Laufe der Jahre verändert?

Aus meiner Sicht nicht. Er war immer schon sehr verbindlich, sehr seriös und freundlich. Mit dem WM-Triumph 2014 ist er dann nochmal ein ganzes Stück gelassener geworden. Er ist extrem tiefenentspannt, das ist schon erstaunlich.

Zumal eigentlich immer ein großer Druck auf ihm lastet.

Man darf nicht vergessen: Der Posten des Bundestrainers ist ja einer, den nach eigener Ansicht 80 Millionen Menschen in Deutschland besser beherrschen als er, das muss man erstmal aushalten. Ich hatte immer das Gefühl, dass er in der Lage ist, das nicht zu sehr an sich heranzulassen. Mit dem Erfolg in Rio hat er sich dann seinen absoluten Traum erfüllt, das müssen ihm andere erstmal nachmachen.

War Joachim Löw manchmal zu stur?

Löws Kritiker behaupten, er habe danach gedacht, über Wasser gehen zu können – und mitunter zu starr an seinen taktischen Vorstellungen festgehalten.

Aus meiner Sicht hat er sich durch den WM-Titel nicht verändert. Vielleicht bereut er es heute allerdings ein wenig, dass er damals nicht abgetreten ist. Es war ja das Maximum, das er erreichen konnte, was sollte da noch groß kommen? Der Erfolg an sich aber hat ihn als Menschen nicht verändert. Er hätte ihm durchaus zu Kopf steigen können. Ist er aber nicht. Er ist der gleiche Jogi Löw wie vorher. Das spricht dann auch wieder für Charakterstärke.

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Vier Jahre später scheiterte Löws Team in Russland in der WM-Vorrunde – das gab es in der DFB-Historie noch nie.

Ich durfte damals das Interview direkt nach dem 0:2 gegen Südkorea in Kasan führen, da saß er tatsächlich wie ein Häufchen Elend. Menschlich hat mir das unheimlich leid getan, aber Empfindungen dieser Art muss man als Berichterstatterin hinten anstellen. Es ging ja darum, zu erklären, wie das passieren konnte.      

Hat er das getan?

Auch da blieb er komplett bei sich und hat sich wirklich souverän allen Fragen gestellt. Wir haben ja schon andere Trainer erlebt, die in solchen Situationen ein bisschen aus der Haut fahren. Das war bei ihm gar nicht so. Und genau das ist es, was ihn für mich so wertvoll macht.

Die Erinnerung an Löws tolle WM 2014 lebt

Was wird nach dieser WM von Löw bleiben?

Ein großes Vermächtnis. Dieser Titel in Brasilien, als erster Trainer eine europäische Mannschaft in Südamerika zum WM-Titel zu führen, das ist unerreicht. Das wird so schnell auch keiner mehr schaffen. Er hat den wichtigsten Titel gewonnen, dazu auf eine so spektakuläre Art und Weise. Deshalb kann er in jedem Fall erhobenen Hauptes abtreten, denn diesen Titel kann ihm keiner mehr nehmen. Für mich hat er diesen Weltmeister-Glanz auch bis heute.

Welche Leistung trauen Sie ihm zum Abschied bei der EM zu?

Ich denke, dass es ein Vorteil sein kann, dass Jogi Löw weiß, dass es sein letztes Turnier ist und er sich nicht um Vertragsfragen oder sonstige Dinge scheren muss. Das macht es auch für uns Berichterstatter leichter: Letztlich geht es jetzt nur um das Sportliche. Das gilt es zu bewerten. Alles andere zählt nicht.

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