Auf der Kippe? So plant St. Pauli mit seinen beliebten Selfmade-Trikots
Gesprächs-Stoff. War so, ist so, bleibt so. Das St. Pauli-Trikot aus eigener Herstellung hat zuletzt zweimal für Aufsehen gesorgt: Zunächst durch die Premiere der neuen Spielkleidung im letzten Heimspiel der Saison. Die dritte Edition – gleich ein Renner. Umso überraschender war es, dass Präsident Oke Göttlich wenige Tage später das Projekt DiiY infrage zu stellen schien. Wie ist es wirklich um das ambitionierte Ausrüster-Projekt bestellt? Wie plant der Verein? Die MOPO sprach mit Bernd von Geldern, Geschäftsleiter Wirtschaft, über Ist-Zustand und Zukunft – und auch die spannende Frage, ob das eigene Trikot bei einem Aufstieg noch tragbar wäre.
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Gesprächs-Stoff. War so, ist so, bleibt so. Das St. Pauli-Trikot aus eigener Herstellung hat zuletzt zweimal für Aufsehen gesorgt: Zunächst durch die Premiere der neuen Spielkleidung im letzten Heimspiel der Saison. Die dritte Edition – gleich ein Renner. Umso überraschender war es, dass Präsident Oke Göttlich wenige Tage später das Projekt DiiY infrage zu stellen schien. Wie ist es wirklich um das ambitionierte Ausrüster-Projekt bestellt? Wie plant der Verein? Die MOPO sprach mit Bernd von Geldern, Geschäftsleiter Wirtschaft, über Ist-Zustand und Zukunft – und auch die spannende Frage, ob das eigene Trikot bei einem Aufstieg noch tragbar wäre.
Die ersten Zahlen geben Anlass zur Freude. Der Verkaufsstart des Heimtrikots für die Saison 2023/24 sei eine erneute Bestätigung, sagt von Geldern. „Wir haben in der ersten Woche doppelt so viele Trikots wie vor einem Jahr verkauft. Das ist stark“, freut er sich über vierstellige Zahlen, wobei man „auch von der tollen Rückrunde der Mannschaft“ profitiere.
Vor der dritten Saison im selbstproduzierten und nachhaltigen Trikot zieht von Geldern eine positive Bilanz des Eigenmarken-Projekts. „DiiY ist eine große Erfolgsgeschichte des FC St. Pauli. Das eigene Trikot hat eine sehr große Strahlkraft“, sagt der Wirtschafts-Mann. „Wir wollten zeigen, dass es geht. Es war und ist ein super-gelungenes Statement, dass man ein Trikot selbst herstellen kann – und das besser und nachhaltiger als viele große Textilhersteller.“ Man habe „vielen Unkenrufen“ zum Trotz „gewagt und gewonnen“.
St. Pauli verkaufte 30.000 DiiY-Trikots im ersten Jahr
Der Stoff ist beliebt bei den Fans. 30.000 der neuen DiiY-Trikots hat St. Pauli im ersten Jahr verkauft. Für den Verein eine enorme Zahl. In der vergangenen Saison waren es ohne Neuigkeits-Effekt immer noch mehr als 25.000 – doppelt so viele wie zu Zeiten des unbeliebten Ausrüsters Under Armour und weit mehr als zu Hummel-Zeiten.
„Im zweiten Jahr – und das ist ganz wichtig – haben wir DiiY etabliert“, betont von Geldern. „Die Verkaufszahlen sind weiterhin hoch und sehr stabil, was uns zeigt, dass Produkt und Idee dahinter unsere Fans überzeugen.“ Es gebe eine „hohe Identifikation mit dem Projekt – übrigens auch innerhalb des Vereins.“
Klar ist aber auch: Das, was ein klassischer Ausrüster Vereinen zahlt (je nach Strahlkraft des Klubs), muss der St. Pauli anderweitig erwirtschaften. Ein Kampf. Bislang ist es dem Verein laut von Geldern gelungen. Deshalb ärgert es ihn, wenn kolportiert wird, dass die Eigenmarke ein Minusgeschäft oder gar Fehlschlag sei. „Was wir durch DiiY verdienen – das umfasst Trikotverkäufe, aber auch Sponsorendeals, die durch unsere Nachhaltigkeitsstrategie zustande gekommen sind – entspricht einem normalen Ausstattervertrag in der Zweiten Liga. Wir haben durch DiiY keine Einbußen.“
Keine Einbußen sind das eine, Mindereinnahmen das andere. Laut von Geldern gelingt die (Gegen-)Finanzierung derzeit, zahlen sich Glaubwürdigkeit und Strahlkraft aus. Aber wie lange noch?
St. Pauli-Trikots: Von Geldern stimmt Göttlich zu
„Wie es weitergeht, entscheiden wir von Jahr zu Jahr, prüfen die Situation permanent und wollen uns stets verbessern“, sagt von Geldern – und damit im Grunde nichts anderes als zuletzt Göttlich. „Das ist doch ganz normal und nur professionell.“ Und er bestätigt: „Natürlich beschäftigen wir uns auch mit Alternativen.“
Was die Zukunft des St. Pauli-Trikots angeht, gibt es drei Szenarien. Erstens: den Weg wie bisher fortsetzen. Zweitens: den Nachhaltigkeits-Faktor auf ein höheres Level bringen. „Der nächste Schritt könnte sein, einen Kreislauf hinzubekommen und das Trikot aus alten Textilien herzustellen, die wir vorher eingesammelt haben“, berichtet von Geldern von Überlegungen. „Aber das ist ein höchst komplexer und komplizierter Prozess. Die Frage ist: Können wir das selbst, oder brauchen wir dafür einen Partner?“
Szenario drei: St. Pauli beendet DiiY und geht alte und zugleich neue Wege. „Es könnte auch sinnvoll sein, einen etablierten Ausrüster zu finden, der sagt: ,FC St. Pauli, verändere mich. Lass uns gemeinsam ein nachhaltiges Trikot machen‘“.
Bei Aufstieg müsste St. Pauli umdenken
Für den Kiezklub könnte es mittel- oder langfristig eine Art Königsweg sein. In einem nachhaltigen Trikot eines Ausstatters spielen, der obendrein rund eine Million Euro zahlt, was St. Paulis aktuellem Marktwert in diesem Bereich entspricht. Das Fragezeichen: die Akzeptanz bei den Fans.
St. Pauli könnte sich seiner „Pionierarbeit“ rühmen. „Wir sind immer in Gesprächen mit den großen Marken und haben den Eindruck, dass wir mit unserer Initiative etwas angestoßen haben und dass es zunehmend auch bei den Etablierten die Bereitschaft gibt, den Weg der Nachhaltigkeit zu gehen“, so von Geldern. „Wir haben gezeigt, dass es funktioniert und erfolgreich sein kann.“
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Der FC St. Pauli sei aktuell „in einer tollen und sehr starken Position, in die wir uns selber mit Kreativität, Mut und Überzeugung gebracht haben“, ist von Geldern überzeugt. „Wir haben weder Druck noch Not. Wir könnten auch in fünf Jahren noch in unserem DiiY-Trikot spielen.“ Er sagt aber auch: „Sollten wir irgendwann einen anderen Weg gehen, dann ist es kein Scheitern, sondern eine Weiterentwicklung der Grundidee eines nachhaltigen Trikots.“
Sportlicher Erfolg könnte dabei ein Beschleuniger sein, konkret: ein Aufstieg. „Mit einem eigenen Trikot, wie wir es aktuell machen“, stellt von Geldern auf MOPO-Nachfrage klar, „wäre ein normaler Ausrüstervertrag in der Bundesliga finanziell kaum zu ersetzen.“