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FC St. Pauli Paderborn Nemeth
  • Später Jubel: St. Pauli-Torschütze David Nemeth (r.) wird nach seinem Treffer zum 2:2 von Mitspieler Carlo Boukhalfa gefeiert.
  • Foto: WITTERS

Wildes Finale: „Gemischte Gefühle“ bei St. Pauli nach Last-Minute-Remis

Es war ein Spiel wie eine Achterbahnfahrt. Am Ende des wilden Ritts hatte der FC St. Pauli dem Spitzenreiter SC Paderborn ein 2:2 (0:1) abgetrotzt. Ein hart erarbeiteter und hochverdienter Punkt gegen die Torfabrik der Liga. Gleich zweimal egalisierten die Kiezkicker am heimischen Millerntor einen Rückstand, hatten in den insgesamt 96 turbulenten Minuten Pech, aber auch Dusel. Nach dem desolaten Auftritt in Rostock war es die richtige Reaktion – auch wenn nicht jeder im Team von einem gewonnen Punkt sprach.

Für Marcel Hartel war die Sache klar. „Auf jeden Fall positiv“, sei sein Gefühl direkt nach dem Spiel, sagte der Mittelfeldmann in den Katakomben des Stadions. „Wenn man in der Nachspielzeit ein Gegentor kriegt, ist normalerweise Schluss.“ St. Pauli aber hatte noch einmal zurückgeschlagen und den erneuten Ausgleich geschafft. „Wir haben gezeigt, dass wir nicht nachlassen, nicht aufgeben.“

FC St. Pauli erkämpft sich spätes Remis gegen Paderborn

Von „gemischten Gefühlen“ sprach Leart Paqarada nach der aufregenden Partie vor 29269 Zuschauenden. „Heute war nicht nur mehr drin, es wäre auch mehr verdient gewesen“, fand der Linksverteidiger. Trainer Timo Schultz meinte: „Wir müssen mit dem 2:2 zufrieden sein, auch wenn ich das Spiel lieber gewonnen hätte.“

Gegen die mit Abstand beste Offensive der Liga (20 Tore nach nun sechs Spielen) hatten die Gastgeber lange Zeit verdammt viel richtig gemacht und waren die bessere Mannschaft. Mit enormer Laufarbeit störten die Braun-Weißen früh den Paderborner Spielaufbau, ließen die Gäste nicht ihr gefürchtetes Angriffsspiel aufziehen und standen auch vor dem eigenen Tor derart kompakt, dass der SCP um Toptorjäger Felix Platte (sechs Saisontore) überhaupt nicht gefährlich war. „Was die Kompaktheit angeht, war das richtig gut“, lobte Schultz.

Timo Schultz lobt „Kompaktheit“ gegen Felix Platte & Co.

Umso bitterer war deshalb das 0:1 unmittelbar vor der Halbzeit durch Marvin Pieringer, der nach einem Zuspiel von Platte eiskalt einschoss (44.). Die Paderborner hatten bei einer Umschaltsituation die Unordnung bei den Gastgebern genutzt und über Platte den schnellen Gegenangriff gefahren. An seinem Pass auf Pieringer spitzelte Paqarada um Zentimeter vorbei. Der Kapitän sah in dieser Szene unglücklich aus.

„Wir haben absolut glücklich das 1:0 gemacht“, sagte Paderborns Coach Lukas Kwasniok später und sprach von „der schlechtesten Halbzeit meiner Mannschaft“ der Saison. Seine Spieler hätten gegen aggressive St. Paulianer phasenweise „kindlich“ agiert.

St. Pauli-Schock: Gegentor durch Pieringer kurz vor der Halbzeit

Nach der Pause wurde es richtig wild. Wieder Pieringer war es, der kurz nach Wiederanpfiff frei auf das Tor von St. Pauli-Keeper Dennis Smarsch zulief und das 0:2 auf dem Fuß hatte, doch der von hinten heranstürmende Rechtsverteidiger Manolis Saliakas grätschte den Ball noch weg – in hohem Bogen über Smarsch. Der Ball prallte an die Unterkannte der Latte, von dort auf die Linie und wieder ins Feld (48.) Riesen-Dusel für den Kiezklub – in doppelter Portion!

Nur zwei Minuten später holte Saliakas nach einem Foul von Marcel Hoffmeier im Strafraum einen Elfmeter für St. Pauli heraus. Kapitän Paqarada schnappte sich die Pille, nahm Maß und scheiterte mit seinem Schuss an SCP-Torhüter Jannik Huth, der die Ecke geahnt hatte und den Schuss parierte (51.). Bitter. Fast im Gegenzug parierte Smarsch gleich zweimal nacheinander gegen Robert Leipertz, verhinderte das 0:2.

Manolis Saliakas rettet und trifft die Latte, Leart Paqarada verschießt Elfmeter

Nach dieser turbulenten Phase beruhigte sich das Spiel etwas, blieb aber umkämpft, temporeich und sehenswert. Beide Trainer tauschten reichlich Personal. Das zahlte sich vor allem bei St. Pauli aus.

Der eingewechselte Etienne Amenyido erzielte nach starker Vorarbeit des ebenfalls eingewechselten Luca Zander den überfälligen und hochverdienten 1:1-Ausgleich (83.), der eine wilde Schlussphase einleitete, in der sich bei den Gästen auch die verletzungsbedingte Auswechslung von Abwehrkante Uwe Hünemeier bemerkbar machte, der bei einem Zusammenprall mit Mitspieler Ron Schallenberg eine Platzwunde am Kopf erlitten hatte und nach Spielende in der Kabine getackert werden musste.

Etienne Amenyido: Joker erzielt 1:1-Ausgleich für St. Pauli

Mitten in die Millerntor-Euphorie nach dem Ausgleichstreffer platzte als Party-Crasher der blitzschnelle Ex-Kiezkicker Sirlord Conteh, der die Gäste prompt wieder in Führung schoss (85.).

Kollektives Entsetzen, das jedoch einem ebenso kollektiven Aufatmen wich, nachdem der Video-Assistent den Treffer wegen einer Abseitsstellung des Stürmers zurücknahm. St. Pauli im Glück.

Aufgeschoben, nicht aufgehoben. In der Nachspielzeit enteilte Conteh erneut, ließ Jakov Medic und David Nemeth, die sich nicht einig waren, alt aussehen und schoss erneut ein – diesmal zählte der Treffer (90.+2).

Sirlord Conteh trifft gegen seinen Ex-Klub St. Pauli in der Nachspielzeit

Doch die „Boys in Brown“ gaben nicht auf, warfen alles nach vorn und wurden belohnt. Nach einer Ecke köpfte Nemeth den Ball zum 2:2-Endstand in die Maschen und ließ das Millerntor erneut erbeben.

„Das ist ein absolut verdienter Punkt für St. Pauli“, urteilte Gästetrainer Lukas Kwasniok nach einem „verrückten Spiel“, in dem sich seine Mannschaft nach zuvor vier Siegen in Serie mit einem Remis begnügen musste.

FC St. Pauli feiert Last-Minute-Tor von David Nemeth zum Remis

Sein Hamburger Pendant Schultz haderte zwar über die verpasste Chance auf einen Sieg und ärgerte sich über die Gegentore, musste aber bei allem Emotionen am Ende des Tages einräumen: „Rein analytisch gesehen, bin ich mit dem Unentschieden zufrieden.“

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