Kein Last-Minute-Deal: Darum wechselte Scheidler nicht zu St. Pauli
Der Berg kreißte – und gebar nicht einmal die bekannte Maus: Der FC St. Pauli ist auf der Suche nach einem weiteren Stürmer leer ausgegangen. Es gibt Gründe, gut nachvollziehbare noch dazu, für die Zurückhaltung auf dem Transfermarkt, die allerdings auch ein erhebliches Risiko in sich birgt.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Der Berg kreißte – und gebar nicht einmal die bekannte Maus: Der FC St. Pauli ist auf der Suche nach einem weiteren Stürmer leer ausgegangen. Es gibt Gründe, gut nachvollziehbare noch dazu, für die Zurückhaltung auf dem Transfermarkt, die allerdings auch ein erhebliches Risiko in sich birgt.
Am Donnerstagmittag vermeldete der TV-Sender „Sky Italia“ via Twitter den finalen K.o. des FC St. Pauli im Feilschen um Aurélien Scheidler. Der französische Stürmer, um den sich der Kiezklub intensiv bemüht hatte, schließt sich dem Serie-B-Verein Bari an. In den vergangenen Tagen hatte es in den Verhandlungen mit Scheidlers Verein Dijon an überzogenen Ablöseforderungen für den 24-Jährigen gehakt, 1,6 Millionen Euro, so schreibt es „L’Equipe“, soll St. Pauli bereit gewesen sein zu berappen. Und analog zum Vorgehen von Sportchef Andreas Bornemann in der Personalie Christoph Daferner (der 1. FC Nürnberg zahlte schließlich die von Dynamo Dresden geforderte eine Million Euro) ist es verständlich, nicht jede Preistreiberei mitzumachen.
FC St. Pauli: 1,6 Millionen Euro waren Dijon zu wenig für Aurélien Scheidler
Zumal dann, wenn es einigermaßen ungewiss ist, ob einer wie Scheidler, der im Grunde erst eine wirklich richtig gute Saison absolviert hat, tatsächlich das Niveau mitbringt, den Braun-Weißen entscheidend zu helfen. Und zumal dann, wenn man – wie bei St. Pauli der Fall – bereits vier Angreifer unter Vertrag hat, denen die sportliche Leitung eine positive Entwicklung zutraut und entsprechend vertraut.
Dennoch birgt der Verzicht auf Verstärkung eben auch Potenzial für Unruhe. Zum einen ist aus einem Mix diverser Fakten (Bornemanns Coup mit Guido Burgstaller vor zwei Jahren, die lange gehegten Aufstiegsambitionen der Vorsaison, die durch den Verkauf von Daniel-Kofi Kyereh und Burgstaller gut gefüllten Kassen) ein Anspruchsdenken im Umfeld entstanden. Viele Fans und Freund*innen des Kiezklubs haben in den vergangenen Wochen auf allen denkbaren Kanälen klar zum Ausdruck gebracht, dass es für sie keine Frage ist, ob St. Pauli noch einen Angreifer holt, sondern nur wann und wen.
Das könnte Sie auch interessieren: So denkt Rachid Azzouzi über St. Paulis Entwicklung
Und dann ist da noch die rein sportliche Rechnung, die in diesem Fall kein Hexenwerk ist. St. Pauli hat Burgstaller nicht aus freien Stücken an Rapid Wien abgegeben, zudem auf eine weitere Zusammenarbeit mit Maximilian Dittgen (jetzt Ingolstadt) und Simon Makienok (frisch beim AC Horsens) verzichtet. Damit gingen permanente Torgefahr und Führungskraft (Burgstaller), außergewöhnliches Tempo (Dittgen) und ein klarer Zielspieler (Makienok). Es kamen in Johannes Eggestein und David Otto vielversprechende Neuzugänge, die aber über keine der eben genannten Skills verfügen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass es den Hamburgern merklich an Variabilität fehlen wird. Klar, Igor Matanovic kann an guten Tagen alles und jeden an sich abprallen lassen, Etienne Amenyido mit Ball Gegnern einige Meter abnehmen. Aber der Eine ist gerade mal 19 Jahre jung und zurzeit auf der Suche nach Normalform, der andere verfolgt von Verletzungspech. Es ist ohne jede Frage richtig, dem Quartett Vertrauen zu schenken, eine schlagkräftige Alternative jedoch hätte der Qualität des Aufgebots zumindest nicht geschadet.
Kein neuer Stürmer: St. Pauli geht ins Risiko
Wobei: Natürlich kann es auch so funktionieren. Natürlich kann es sein, dass Matanovic jetzt zündet, dass Eggestein noch mehrere Glanzlichter wie gegen Magdeburg setzt, dass Amenyido zurück findet zur Stärke vom Jahresbeginn, dass Otto sein Knipser-Gen aus A-Junioren-Tagen wiederentdeckt. In dem Fall hätte Bornemann, dessen bisherige Transferbilanz bei St. Pauli außergewöhnlich gut ist, wieder alles richtig gemacht.
Wenn nicht, werden Fragen kommen. Warum kein Burgstaller-Äquivalent gefunden werden konnte, gleichwohl seit Frühjahr absehbar war, dass er gehen wollen würde. Warum man die durch die Transfers generierten Gelder nicht in notwendige Klasse reinvestiert. Und vermutlich noch einige mehr.
Man weiß nicht, wie es kommen wird. Für den Moment lässt sich lediglich sagen, dass St. Pauli die Chance, neue Euphorie im Umfeld zu entfachen, nicht nutzen konnte.