Torwart Nummer drei – oder mehr? Simon Spari will bei St. Pauli „ans Limit pushen“
Das „Moin“ hat er schon drauf, bevorzugt aber „Servus“ zur Begrüßung. Das sei einfach natürlicher und gebe ihm eine Art Heimatgefühl. Simon Spari hat sich bereits gut akklimatisiert in Hamburg, beim FC St. Pauli und schnell eingefunden in seine neue Mannschaft, was auch an zwei österreichischen Landsleuten im Kader der Kiezkicker liegt, mit denen er eine „Servus“-Fraktion bildet. Seine Verpflichtung als Keeper Nummer drei war durchaus eine Überraschung, denn bei seinem Ex-Klub war der 23-Jährige die Nummer eins in der höchsten Spielklasse Österreichs. Wie sieht er selbst seine Rolle bei St. Pauli? Was hat er sich vorgenommen?
Er staunte nicht schlecht, als er die fast zweistellige Zahl an Medienvertretern sah, die zu seiner Premiere angerückt war, der ersten Gesprächsrunde, und sich nun neugierig vor ihm postiert hatte. „Das kenne ich so nicht“, sagte Spari und erzählte, dass bei Trainings seines ehemaligen Vereins Austria Klagenfurt meistens gar keine Journalisten zugegen waren, nur ab und zu mal einer oder zwei. Und überhaupt sei es nicht so gerne gesehen worden, wenn junge Spieler Interviews geben.
Simon Spari sieht St. Pauli als „große Step“ für sich
Bei St. Pauli ist nicht nur das anders, sondern auch alles eine Nummer größer. Und sportlich ein Level höher. Den Unterschied zwischen deutscher und österreichischer Bundesliga merke er in jeder Trainingseinheit.
„Über die Qualität brauchen wir gar nicht diskutieren. Es ist schon ein großer Step, das war mir aber bewusst von Anfang an“, sagt Spari. „Und ich habe jetzt schon auch – obwohl es jetzt gerade einmal eine Woche ist – schon sehr, sehr viel mitnehmen können.“
Warum wechselt jemand, der schon Stammkeeper in der höchsten Liga seines Landes war, zu einem Verein, der einen dritten Torhüter gesucht und der eine unumstrittene Nummer eins (Nikola Vasilj/29) zwischen den Pfosten hat und in Ben Voll (24) eine junge und vielversprechende Nummer zwei?
Als Nummer drei geholt, aber Spari hat das Zeug für mehr
„Die Perspektive bei einem deutschen Bundesligisten zu sein“, antwortet Spari, der sich zurückhaltend gibt, aber zugleich ehrgeizig zeigt. „Wenn man die Chance hat, aus Österreich in eine Top 5 Liga zu gehen, muss man die nutzen und ich finde ich bin in einem Alter, wo man noch sehr, sehr entwicklungsfähig ist und deswegen wollte ich die Herausforderung unbedingt annehmen.“
Sein Wechsel zu St. Pauli soll quasi ein Schritt zurück nach vorn sein, denn der 1,96-Meter-Mann will auf höherem (Trainings-) Niveau Erfahrungen sammeln, lernen und sich verbessern. „Ich sehe das einfach als Möglichkeit, mich selbst weiterzuentwickeln und einfach dann die beste Version von mir selbst herzustellen.“
Sein Ziel bei St. Pauli in der ersten Saison? Und sieht er sich überhaupt als Nummer drei?
Spari will Vasilj und Voll pushen und dem Team helfen
„Mein erstes Ziel ist, dass ich mich richtig adaptieren kann an die Trainingsintensität. Und wenn das dann alles funktioniert hat, würde ich schon gerne schauen, dass ich die anderen zwei Jungs an ihre Limits pushen kann. Und wenn es dann soweit ist und ich dann dabei bin im Team, möchte ich der Mannschaft auch unbedingt helfen.“ Das hieße dann aber, dass er Voll aus dem Spieltagskader verdrängt und als Reservekeeper auf der Bank sitzt.
Dass er auch regelmäßig für die U23 des FC St. Pauli in der Regionalliga eingeplant ist und dies schon vereinbart worden ist, kann Spari indes nicht bestätigen. „Wenn es sich ergeben sollte, würde ich auf jeden Fall ein paar Spiele mitnehmen, weil Minuten sind immer wichtig und dann sieht man, was passiert.“ Klingt eher danach, mit sporadischen Einsätzen Spielpraxis zu sammeln und zu konservieren.
Braun-weiße Ösi-Connection mit Robatsch und Nemeth
Seine Entscheidung für einen Wechsel zu St. Pauli könnte auch eine perspektivische sein, denn zum einen läuft 2026 der Vertrag von Vasilj aus und noch ist nicht sicher, dass der bosnische Nationalkeeper beim Kiezklub bleibt. Und zum anderen könnte Ben Voll im kommenden Sommer mit einer möglicherweise weiteren Rolle als Back-up nicht mehr zufrieden sein und einen Job als Nummer eins anstreben – vielleicht anderswo. Vieles ist denkbar und auch möglich. Aber Zukunftsmusik.
Im Hier und Jetzt gilt es, sich richtig zu integrieren. Den Start und Prozess erleichtern und unterstützen seine Landsleute Jannick und David Nemeth. „Es hat mir auf jeden Fall extrem geholfen. Den Jannik habe ich auch schon länger gekannt, den David habe ich erst jetzt kennengelernt in Hamburg. Es ist auf jeden Fall sehr, sehr schön, wenn man Landsleute hat.“ Während Robatsch bis Mai sein Teamkollege in Klagenfurt war und deshalb sein neuer bester Kumpel im Team der Kiezkicker ist, kann ihm Nemeth nach drei Jahren beim Kiezklub eine ganze Menge über die Braun-Weißen erzählen, auch darüber, was den Verein neben dem Fußball ausmacht. Spari weiß, „dass man bei St. Pauli schon bestimmte Werte vertritt, und die möchte ich jetzt noch genauer kennenlernen im Detail.“
Bitteres Ende in Klagenfurt, Warten auf seine Verlobte Alina
Den Schritt von Klagenfurt nach Hamburg, von Kärnten auf den Kiez und vom Wörthersee zur Alster und Elbe hat Spari erst einmal allein gemacht. Das sorgt für Sehnsuchtsmomente, denn seine Freundin Alina, mit der er sich im Frühjahr verlobt hat, ist in der Heimat geblieben, „weil sie noch einen gültigen Arbeitsvertrag hat“, erzählt Spari. „Aber sobald der dann ausgelaufen ist, hat sie schon vor, nachzukommen.“
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Der ehemalige U21-Nationalkeeper dürfte aber auch nicht unglücklich sein, das Kapitel Klagenfurt abgeschlossen zu haben. Die vergangene Saison war in jeder Hinsicht schwierig. Der Verein ist sportlich in die zweite Liga abgestiegen, hat massive finanzielle Probleme und während der abgelaufenen Spielzeit wurden phasenweise Gehälter verspätet gezahlt und es herrschte Unruhe. Viel möchte Spari nicht dazu sagen, aber die wenigen Worte sagen alles: „Das sind einfach Erfahrungen gewesen, die einen extrem abhärten gegenüber gewissen Umständen.“ Das kann nicht schaden, gerade als Torwart.
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