Fans am Millerntor

Am Millerntor wird viel gesungen, „Das Herz von St. Pauli“ derzeit aber nicht. Foto: WITTERS

Streit um St. Paulis Stadion-Hymne: So geht es mit dem „Herz von St. Pauli“ weiter

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Seit Monaten wird um die Millerntor-Hymne „Das Herz von St. Pauli“ gestritten. Im Februar beschloss der FC St. Pauli nach neuen Erkenntnissen zum Liedtexter, den Schlager nicht mehr vor den Spielen zu spielen. Nun kündigte der Kiezklub das weitere Vorgehen an.

Am 2. Juli, einem Mittwoch, soll eine wissenschaftliche Dokumentation zum Stück vorgestellt werden, das in den 1950er-Jahren von Hans Albers popularisiert worden ist und mehr als zwanzig Jahre als Nachfolger von „You’ll Never Walk Alone“ vor Heimspielen gespielt und von vielen Fans mitgesungen wurde. Die Veranstaltung findet im Ballsaal des Millerntors statt und ist nach Anmeldung zugänglich. Außerdem wird der Verein sie für Interessierte, die nicht den Weg ins Stadion finden, streamen.

Texter Ollig betrieb NS-Kriegspropaganda

Im Februar hatte das Team des FC St. Pauli-Museums in einem Podcast seine Recherchen zum Liedtexter Josef Ollig bekannt gemacht. Als Journalist hatte Ollig NS-Kriegspropaganda betrieben und in seinen Berichten vom Zweiten Weltkrieg unter anderem feindliche Soldaten entmenschlicht. Das warf einen großen Schatten auf die 1956 veröffentlichte Hafenromantik-Hymne, die seit 2003 in einer Version der Punk-Band Phantastix bei Heimspielen vor dem Anpfiff aus den Boxen am Millerntor ertönt.

St. Pauli beauftragte Dokumentation zum „Herz von St. Pauli“

Fortan wurde kontrovers diskutiert, inwieweit sich Autor und Werk trennen ließen – und ob „Das Herz von St. Pauli“ noch ein Lied sein könne, dass mindestens einen Großteil der St. Pauli-Fans zum freudigen Mitsingen motiviert. Die Debatte steht beispielhaft für den Umgang des FC St. Pauli mit seiner eigenen wie mit der deutschen Vergangenheit. Der Verein beschloss in Absprache mit Fan-Vertreter:innen, die Hymne vorerst nicht mehr zu spielen und die eingangs erwähnte Dokumentation zu beauftragen.

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Diese soll nun Ende Juni vorliegen und veröffentlicht werden, sodass sich bereits vor der Veranstaltung am 2. Juli jede:r ein Bild machen kann. Das Team des Vereinsmuseums hat im Februar betont, dass die Ergebnisse der Recherche niemandem vorschreiben sollten, was er oder sie zu singen hätten. Gleichwohl erscheint es schwer vorstellbar, dass „Das Herz von St. Pauli“ angesichts der Rolle von seinem Texter im Nationalsozialismus noch in der Lage ist, genügend Fan-Herzen zu entflammen.

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