Hauke Wahl mit Trainer Alex Blessin

Hauke Wahl ist wichtiger Ansprechpartner für Trainer Alex Blessin Foto: IMAGO/Kessler-Sportfotografie

St. Pauli-Profi verrät: Kiezkicker geigten sich die Meinung – was Wahl „Quatsch“ findet

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Er steht immer zur Verfügung, bei strahlendem Sonnenschein, aber eben auch bei Sturm und Regen. Seine Expertise ist gefragt, und Hauke Wahl hatte schon nach dem Top-Start mit sieben Punkten aus den ersten drei Spielen mahnend den Finger in die Wunden beim FC St. Pauli gelegt, die seinerzeit noch winzig waren, heute aber für eine Serie von sechs Punktspiel-Niederlagen in Serie gesorgt haben. Nach dem Training am Dienstag stellte sich der 31-Jährige abermals in einer Medienrunde und fand – wie eigentlich immer – ebenso deutliche wie wohl gewählte Worte.

„Es gehört dazu, das ist ja auch die Aufgabe eines Führungsspielers, in schlechten Zeiten auch mal sein Gesicht hinzuhalten und Rede und Antwort zu stehen“, erklärte er. Natürlich mache ihm das keinen Spaß, „ich würde auch lieber über Punkte und Siege reden als über Niederlagen. Aber das gehört dazu“. Im Fall von Wahl dann auch dergestalt, dass er nicht um den heißen Brei herumredet. „Das Spiel war besorgniserregend, das muss man schon einfach so sagen“, urteilte er rückblickend über das Debakel gegen Gladbach und betrachtete die Sache noch aus einem anderen Blickwinkel.

St. Paulis Gladbach-Pleite schmerzt sehr

„Wir haben 4:0 zu Hause verloren und da muss ich mal den Aspekt Heimspiel mit reinnehmen“, sagte er. „Wenn man sieht, wie unsere Fans uns angefeuert und gepusht haben vor dem Spiel, als wir wir rausgekommen sind, wie wir empfangen wurden – das sollte uns sehr, sehr viel Energie geben.“ Dafür seien die Leistung und das Ergebnis „sehr, sehr enttäuschend“ gewesen. „Ein 4:0 hört sich immer heftig an, ein 4:0 fühlt sich unfassbar fies an. Ich glaube, ich habe mich selten so schlecht nach einem Spiel gefühlt wie am Samstag. Deswegen ist doch klar, dass diese Niederlage mehr wehtut als die anderen davor.“

Kiezkicker mit interner Aussprache am Sonntag

Zur Folge hatte dies eine Aussprache tags darauf. „Zuerst haben wir mit dem Trainerteam gesprochen, dann haben wir uns als Mannschaft nochmal zusammengesetzt“, erläuterte Wahl. „Es ist jetzt nicht so, dass da auf den Tisch gehauen wurde, sondern wir haben uns einfach mal die Meinung gesagt. Das muss nicht immer schön sein, aber das war jetzt auch nicht wirklich unschön. Jeder hat einmal das gesagt, was er denkt, was er für wichtig hält.“



Das sei ja auch mal gut, wenn nur die Spieler dabei sind. „Weil sonst ist es einfach so: Wenn Leute von außerhalb oder vom Trainerteam dabei sind, dann spricht man nicht so offen wie wenn man unter sich ist.“ Das sei einfach sehr wertvoll gewesen. „Ich habe das Gefühl gehabt, als wir aus dem Gespräch gegangen sind, dass jeder verstanden hat, worum es jetzt geht, dass jeder den gleichen Weg geht. Das war das Ziel des Ganzen.“

Hauke Wahl lässt nichts auf St. Paulis Teamgeist kommen

Überhaupt lässt der Routinier nichts auf sein Team als solches kommen. „Ach, Quatsch“, sprach er, angesprochen auf eventuelle atmosphärische Störungen intern. „Wir haben super Jungs dazu bekommen. Das ist, seit ich hier bin, immer der Weg, den St. Pauli gegangen ist. Ich kenne Andreas Bornemann auch schon ein bisschen länger und weiß, dass er Spieler verpflichtet, die gut ins Mannschaftsgefüge passen. Das ist hier der Fall. Wir haben super Charaktere“, vielleicht sei es teilweise sogar „einen Ticken zu harmonisch“. 

Jedes Training ist grad wichtig für St. Pauli

Und auch mit dem Trainer sei in Sachen Kommunikation alles in Ordnung. „Es ist einfach so, dass wir es momentan nicht auf den Platz kriegen“, stellte Wahl fest. „Wir haben es im Pokal gegen Hoffenheim geschafft. Da war auch nicht alles gut, aber wir haben alles zusammen gemacht, alle sind den gleichen Weg gegangen, wir haben einfach tiefer verteidigt, alle wussten Bescheid, alle haben auf den Moment gewartet, um zu attackieren.“ Genau das war aber am Sonntag einfach nicht der Fall gewesen. „Das hat nichts mit dem Trainer zu tun, das hat nichts mit den individuellen Spielern zu tun, sondern das ist einfach die gesamte Mannschaft, die das momentan nicht macht.“

Zu Hause holt sich Hauke Wahl Kraft und Energie

Einigkeit herrscht natürlich darüber, dass dieser Zustand nicht lange vorhalten darf. Kommunikation sei da ein Stichwort, „dass wir auf dem Platz auch mal Jungs zügeln und sagen, wir bleiben mal hinten. Oder dass wir nach vorne gepusht werden, falls wir mal höher angreifen. Wenn jeder seinen Job macht, in der Art und Weise, wie wir es machen wollen, dann sind wir wieder erfolgreich“. Der Weg dorthin führe auch und gerade über das Training. „Für uns ist jede Einheit gerade wichtig, damit wir Sachen wieder trainieren, damit Sachen wieder mehr in den Kopf kommen, damit wir Sachen wieder mehr zusammen machen.“

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Apropos Kopf: Der von Hauke Wahl lässt – so gut es eben geht – Fußball Fußball sein, sobald er zu Hause die Tür aufschließt. „Ich habe vor knapp zehn Jahren eine Fernbeziehung mit meiner Frau geführt und wenn ich jedes Mal nach einem schlechten Spiel nach Hause gekommen wäre und nicht mit ihr geredet hätte, dann wäre von dem Wochenende genau gar nichts übrig gewesen“, erinnerte er sich. Deswegen sei man da „so ein bisschen abgestumpft. Natürlich ist es so, dass meine Frau dann ins Bett geht und ich noch im Wohnzimmer bleibe, ein bisschen was für die Regeneration mache, ein bisschen nachdenke. Aber wenn ich zu Hause bin, bin ich zu Hause“. Dann sei ich nicht der Fußballspieler, sondern der private Mensch, dann ist ihm das private Leben deutlich wichtiger. „Daraus ziehe ich meine Kraft und meine Energie.“

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