St. Pauli-Profi Mets über Derby-Zoff: „Ich denke, der HSV wollte das so“
Er weiß schon, wie sich Erfolg anfühlt. Mit dem FC Zürich ist Karol Mets Meister in der Schweiz geworden, mit Flora Tallinn holte er den Titel in seiner Heimat Estland, wurde auch Pokalsieger. Und dennoch: Wenn er am Donnerstag seinen 31. Geburtstag als sicherer Bundesliga-Aufsteiger mit dem FC St. Pauli feiern dürfte, wäre es mit das Schönste, was dem Innenverteidiger bisher passiert ist. Wobei: Im privaten Bereich hat die Kiezklub-Kante auch noch Großes vor, wie er im MOPO-Interview verrät. Und Mets stellt außerdem klar, dass der Zoff vor dem Derby gegen den HSV (0:1) nicht von Seiten des FC St. Pauli ausging.
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Er weiß schon, wie sich Erfolg anfühlt. Mit dem FC Zürich ist Karol Mets Meister in der Schweiz geworden, mit Flora Tallinn holte er den Titel in seiner Heimat Estland, wurde auch Pokalsieger. Und dennoch: Wenn er am Donnerstag seinen 31. Geburtstag als sicherer Bundesliga-Aufsteiger mit dem FC St. Pauli feiern dürfte, wäre es mit das Schönste, was dem Innenverteidiger bisher passiert ist. Wobei: Im privaten Bereich hat die Kiezklub-Kante auch noch Großes vor, wie er im MOPO-Interview verrät. Und Mets stellt außerdem klar, dass der Zoff vor dem Derby gegen den HSV (0:1) nicht von Seiten des FC St. Pauli ausging.
MOPO: Wenig überraschende erste Frage: Wie haben Sie den Derby-Abend verkraftet?
Karol Mets: Es war ein sehr enttäuschendes Gefühl für uns. Es wäre großartig gewesen, in ihrem Stadion Geschichte zu schreiben, aber es ist nicht gelungen. Und am Ende des Tages hatten wir es auch nicht verdient. Generell war das Gefühl sehr bitter.
Wie gehen Sie grundsätzlich mit solchen Spielen um, wie lange beschäftigt sie so etwas?
Normalerweise schaue ich mir alle Spiele noch einmal an, wenn ich wieder zu Hause bin. Das hilft mir auch, schneller wieder runterzukommen. Aber es ist trotzdem schwierig, vernünftig zu schlafen. Ich würde sagen, das Derby hat mich bis Sonntag beschäftigt. Da war ich immer noch ein bisschen verärgert. Aber wenn die neue Trainingswoche beginnt, hört es auf. Inzwischen ist das Gefühl weg, es bleibt nur eine unschöne Erinnerung.
St. Pauli-Profi Mets: Im Derby wollte der HSV provozieren
Fußball ist nicht nur Elf gegen Elf, ein Ball, ein Schiri. Ein Spiel ist nicht dazu geeignet, neue Freundschaften zu schließen, vielmehr geht es darum, dem Gegner Signale zu senden, um ihn irgendwann zu brechen. Wie beurteilen Sie unter diesem Aspekt die Rudelbildung, die es vorm Derby beim Aufwärmen gegeben hat?
Für mich war das, was wir gemacht haben, normal, Routine. Wir machen das schon die gesamte Saison so und es ist überhaupt nicht dafür gedacht, irgendwen zu provozieren. Bislang war es in keinem Stadion auch nur annähernd ein Problem. Wir reden hier über längere Sprints und drei oder vier Meter, die man dann vielleicht in der anderen Hälfte ist. Ich denke, der HSV wollte das so, hat es auf einen Konflikt angelegt.
Wie handhaben Sie es in persönlichen Duellen? Wie setzen Sie Zeichen, dass der Gegenspieler besser zu Hause geblieben wäre?
Das geht nur über Körpersprache. Wenn man immer eng am Gegner ist, versteht er schnell, dass es ein langer Tag für ihn werden kann. Trash Talk ist nicht so meins, jedenfalls fange ich nicht damit an. Aber wenn jemand das möchte, bekommt er auch eine Antwort.
Gegen den HSV hatten Sie die besten Zweikampfwerte, generell machen Sie aktuell einen sehr stabilen Eindruck. Hilft Ihnen die Erfahrung, in so wichtigen Phasen der Saison wie jetzt die Ruhe zu bewahren?
Definitiv. Ich lasse mich nicht mehr von Emotionen beeinflussen, bin sehr ruhig auf dem Platz. Das hat was mit Erfahrung zu tun, denn als ich jünger war, war das anders. Auch noch mit 26 oder 27 Jahren. Wer zu emotional unterwegs ist, läuft Gefahr, Fehler zu machen.
Karol Mets hat für St. Pauli bislang noch kein Tor erzielt
Hilft es Ihnen, dass Sie Ihren Spielstil vor allem über Zweikämpfe definieren, um schnell in eine Partie zu finden?
Das hilft auf jeden Fall. Wenn du ein Spiel mit einer guten Grätsche beginnst oder einer anderen guten Defensivaktion, auch mit Ball, bist du schnell drin. Das gibt dir Selbstvertrauen. Aber generell versucht ja jeder Spieler, mit einer gelungenen Aktion zu starten.
Ein Tor zum Beispiel. Es ist Innenverteidigern nicht verboten, solche zu erzielen. Bei St. Pauli hat es für Sie noch nicht geklappt, stattdessen sind Sie bei Offensivstandards so etwas wie die Wand aus Estland, die gegnerische Spieler blockt, um Kollegen in Position zu bringen. Müssen Sie mal mit Peter Nemeth, der dafür zuständig ist, reden?
Ach, ich habe keine Probleme damit. Der Offensivkopfball ist tatsächlich etwas, wo ich mich noch verbessern muss. Ich kann hoch springen, ich bin groß, aber mein Timing ist nicht gut. Die Trainer haben das erkannt, also haben sie meine Rolle verändert. Außerdem habe ich den Jungs versprochen, dass mein erstes Tor kommt, wenn wir es wirklich, wirklich benötigen.
Da wäre der Sonntag vermutlich ein guter Zeitpunkt …
Ja, ein sehr guter (lacht).
Bundesliga-Aufstieg mit St. Pauli wäre Highlight für Mets
Sie haben kürzlich gesagt, dass die Zeit jetzt die erfolgreichste und beste ihrer Karriere ist. Was würde ein Bundesliga-Aufstieg für Sie bedeuten?
Vor allem würde mir ein Aufstieg zeigen, dass es das alles wert war. All diese positiven und negativen Emotionen, der ganze Stress, die vielen Dinge, die im Hintergrund passieren – wenn wir aufsteigen, sind sie alle es wert gewesen. Das wäre die Botschaft für mich.
Das Erreichen eines Saisonziels auf dem Platz zu erleben, mit den Fans zu feiern, die Gefühle rauszulassen, ist mit das Schönste, was man als Sportler erleben kann. Wenn Sie es sich aussuchen dürften: Lieber am Samstagabend auf dem Sofa aufsteigen, weil Düsseldorf in Kiel verliert, oder am Sonntag durch einen Sieg gegen Osnabrück?
Das ist eine gute Frage. Das generelle Ziel ist der Aufstieg. Aber von der emotionalen Seite, von der ganzen Gefühlswelt her würde ich einen Sieg gegen Osnabrück wählen, weil das Momente wären, die man sein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen wird.
Wenn Fans nach ihren Lieblingsspielern gefragt werden, sind dies oft Jackson Irvine oder Marcel Hartel, generell haben Mittelfeldspieler oder Stürmer bessere Karten. Was bedeutet Ihnen in diesem Zusammenhang, in Ihrer Heimat zum Fußballer des Jahres gewählt worden zu sein?
Das ist etwas sehr Spezielles. Ich war bei der Wahl schon Zweiter, Dritter, Sechster und Siebter. Ich stand immer auf der Liste, aber dieses Mal hat es geklappt. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, es ist einfach eine wirklich große Ehre.
Zu jedem St. Pauli-Heimspiel kommen Fans aus Estland
Kennen Sie eigentlich weitere Esten in Hamburg, gibt es so etwas wie eine baltische Community, Restaurants oder dergleichen?
Es gibt tatsächlich eine entsprechende Facebook-Gruppe, meine Verlobte ist da drin. Wir waren noch auf keinem Event, aber manchmal sind Leute aus der Gruppe bei unseren Spielen im Stadion. Außerdem kommen zu jedem Heimspiel Menschen aus Estland nach Hamburg.
Ehrlich? Das ist sicher nicht ganz einfach.
Ja, sie müssen immer über eine andere Stadt fliegen, Direktflüge gibt es keine, es ist ein ziemlicher Aufwand. Aber ich bin da sehr glücklich darüber und versuche jedes Mal, ihnen Karten zu besorgen.
Vermissen Sie bestimmte Dinge aus der Heimat, die es hier nicht gibt?
Nicht wirklich. Deutschland ist Estland sehr ähnlich. Der Lebensstandard, die Lebensqualität ist ein kleines bisschen höher hier, aber grundsätzlich ist vieles vergleichbar.
Mit einem gravierenden Unterschied: Estland ist bei der Digitalisierung sehr weit vorne, während man hier auch mitten in Deutschland in einem Stau auf der Autobahn stehen und niemanden anrufen kann, weil es kein Netz gibt.
Ja, das ist anders, das stimmt (lacht). Von der Technologie her sind wir in Estland auf einem fast schon verrückten Level, du kannst sogar den Präsidenten online wählen.
Eine Sache noch: Es scheint, als sei es eine Grundvoraussetzung, ein Kind zu haben, um in diesem St. Pauli-Team spielen zu dürfen. Sieht so aus, als hätte Karol Mets da noch einen Job zu erfüllen …
Ja, absolut, ich will auf jeden Fall ein Kind. Meine Verlobte und ich sprechen da gerade drüber und ich denke, wir sind da auf einem sehr guten Weg.