St. Pauli führt Bundesliga-Statistik an – aber ist das ein gutes Zeichen?
Mit dem Sieg in Kiel und der Niederlage von Heidenheim ist der FC St. Pauli dem Klassenerhalt ein wichtiges Stück nähergekommen. Tabellenplatz 15 verteidigt und den Vorsprung auf Relegationsrang 16 auf sieben Punkte ausgebaut. In einer anderen Wertung sind die Kiezkicker dagegen Liga-Primus – noch vor dem FC Bayern München, Meister Leverkusen und Frankfurt und damit den ersten Drei der richtigen Tabelle. Aber ist das überhaupt gut?
Wenn St. Pauli am Ostersonntag (19.30 Uhr) den amtierenden Deutschen Meister Bayer Leverkusen empfängt, dann wird den knapp 30.000 Zuschauenden im Millerntorstadion ein echtes Spitzenspiel geboten. Erster gegen Dritter! Zumindest nach der Fairness-Tabelle der Bundesliga.
Der Aufsteiger – und so etwas ist eine echte Seltenheit – führt das Fairplay-Ranking vor dem 30. Spieltag an. Denn Klassenkampf heißt bei St. Pauli nicht automatisch Härte, Grätsche, Foulspiel.
St. Pauli führt Fairness-Tabelle der Bundesliga an
Nur 41 Gelbe Karten haben die Mannen von Trainer Alexander Blessin bislang gesehen – die wenigsten aller 17 Vereine. Hinzu kommt eine Rote Karte, die Adam Dzwigala am 15. Januar bei der 0:1-Niederlage in Bochum kassiert hatte. Macht zusammen 46 „Strafpunkte“.
Knapp dahinter liegt Eintracht Frankfurt, Gegner im vorletzten Saisonspiel, mit 47 Punkten (44 Gelben Karten, einmal Gelb-Rot), gefolgt vom FC Bayern (48 Punkte/43 Gelbe Karten, einmal Rot) und Leverkusen (50 Punkte/ 47 Gelbe Karten, einmal Gelb-Rot). Bayern, Bayer, Frankfurt – das sind die aktuellen Top drei der Tabelle.
Ist die Fairness ein Qualitätsmerkmal, das St. Pauli Vorteile bringt – oder sind die Kiezkicker für einen Aufsteiger, der um den Klassenerhalt kämpft, nicht Foul genug?
David Nemeth: „Das hat uns gut gemacht“
„Das kann man jetzt gut oder schlecht auslegen“, findet Innenverteidiger David Nemeth. Ein Grund für die geringe Anzahl von Karten sei das gute Defensivspiel, die Staffelung, Abstimmung und die hohe Bereitschaft, füreinander in die Bresche zu springen. „Wenn wir das Gefühl haben, da ist einer hinter uns, dann müssen wir nicht das Foul ziehen, weil einfach der nächste schon wieder da ist. Und ich glaube, das hat uns gut gemacht, dass wir das Gefühl haben, wenn wir einen Fehler machen, ist der nächste da.“
Auf Teufel-komm-raus Karten zu umgehen sei aber auch nicht der richtige Weg, findet Nemeth. „Hin und wieder kann und muss man dann auch das Foul ziehen.“ Aber: St. Pauli braucht dank hervorragender defensiver Organisation nicht das klare Foulspiel als letzte Lösung, um den Gegner zu stoppen. Die lediglich 35 Gegentore sind ein Topwert wie der einer Spitzenmannschaft. Nur Bayern (29), Leverkusen und Mainz (je 34) haben weniger treffer kassiert.
Vorteil Fairness: Nur drei Gelb-Sperren, eine für den Trainer
Einen großen Vorteil hat St. Paulis „Fair-Teidigung“ definitiv: wenig Karten bedeuten weniger Gefahr von Sperren und dadurch auch weniger erfolgte Sperren. In dieser Spielzeit mussten bislang lediglich Stürmer Morgen Guilavogui (insgesamt sechs Gelbe Karten) und Eric Smith (fünf) gelb-gesperrt für ein Spiel pausieren.
Kurios: die drittmeisten Gelben Karten bei St. Pauli, nämlich vier, hat Trainer Alexander Blessin auf dem Konto, der deshalb beim Auswärtsspiel in Mainz (0:2) am 22. Februar eine Sperre hatte verbüßen müssen. Seitdem ist der Coach deutlich ruhiger an der Seitenlinie und ist nicht mehr verwarnt worden.
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Akut gefährdet ist derzeit kein Kiezkicker. Jeweils bei drei Gelben Karten stehen aktuell Nemeth, Manolis Saliakas, Johannes Eggestein und Oladapo Afolayan. Das sind gute Voraussetzungen für den weiteren Endspurt im Kampf um den Klassenerhalt.
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