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  • St. Paulis Rolf Hoefert (l.) und Walter Oswald feiern den Derbysieg im Volksparkstadion. 
  • Foto: WITTERS

St. Paulis erster Derbysieg: Selbst die HSV-Fans feuerten die Kiezkicker an

Sie waren die ersten Derby-Helden des FC St. Pauli in der „Neuzeit“ der Stadtduelle: Trainer Diethelm Ferner (78) und Torjäger Franz Gerber (66) waren die entscheidenden Protagonisten des 2:0-Sieges am 3. September 1977.

Ferner, der in Kalkar am Rhein mit seiner zweiten Ehefrau Alexandra (65) lebt, erinnert sich noch ganz genau an seine zwei Jahre in Hamburg von 1976 bis 1978: „Als ich kam, sollten wir laut Plan eigentlich erst in zwei bis drei Jahren in die Bundesliga aufsteigen. Das gelang aber schon nach der ersten Saison, denn wir hatten eine sehr gute Mannschaft und einen großen Zusammenhalt.“

St. Paulis Trainer Diethelm Ferner

St. Paulis damaliger Trainer Diethelm Ferner

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Noglys frecher 8:0-Tipp war Motivation für die Kiezkicker

Der führte laut Ferner, der mit seinen Kiezkickern mal auf dem Grandplatz an der Feldstraße, ansonsten auf der Parkplatzwiese hinter dem alten Volksparkstadion trainieren musste, auch zum Erfolg gegen die scheinbar übermächtigen Rothosen: „Zudem halfen mir zwei Dinge: Von Trainer Rudi Gutendorf und Klub-Boss Dr. Peter Krohn waren Fotos von taktischen Sandmalereien auf Sylt veröffentlicht worden. Das wirkte schon sehr überheblich. Und als HSV-Kapitän Peter Nogly in einer Zeitung auch noch behauptete, dass seine Truppe uns 8:0 weghauen würde, musste ich meine Spieler vor dem Anpfiff nicht mehr groß motivieren.“

Führung gegen den HSV: Gerber erzielte das 1:0

Das 1:0 erzielte Gerber nach einer halben Stunde. Augenzwinkernd erzählt er: „Nach einem langen Pass bin ich dem Peter Nogly einfach davon gelaufen. Ich habe mit dem Schuss sehr lange gezögert, schließlich landete der Ball an HSV-Keeper Rudi Kargus vorbei im langen Eck. Spätestens da spürten wir, dass die Sensation möglich sein würde. Unser Selbstvertrauen wurde immer größer.“

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Das 1:0! Franz Gerber feiert seinen Führungstreffer gegen den HSV.

Foto:

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Franz Gerber – der Mann mit Toren und Schlangen

Gerber, der nicht nur wegen seiner vielen Tore, sondern auch wegen des jahrelangen Haltens von Giftschlangen Berühmtheit erlangte, schwärmt noch heute von diesem besonderen Tag: „Der HSV war ja ein paar Wochen zuvor Europapokalsieger der Pokalsieger geworden, hatte auch noch den Weltstar Kevin Keegan verpflichtet, und wir gingen als der totale Underdog in die Partie.“

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Verkehrte Welt: HSV-Fans feuerten St. Pauli an

Doch der Favorit fand keine Mittel: „Mitte der zweiten Halbzeit schwenkten die HSV-Fans um, feuerten uns zusammen mit unseren Anhängern mit ’St. Pauli, St. Pauli‘-Rufen an. Denn sie spürten, dass für den HSV nichts mehr gehen würde.“ Die Folge: Wolfgang Kulka machte mit seinem Treffer in der 87. Minute den Deckel drauf.

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Franz Gerber (l.) und Wolfgang Kulka bejubeln das 2:0 für St. Pauli. Torschütze: Kulka

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St. Paulis Gerber: Darum stiegen wir trotzdem ab

Abends wurde der Sieg im „Nanü“, der Stammbar der Spieler an der Gärtnerstraße, begossen. Gerber, der für seine Braun-Weißen 15 mal in der ersten Bundesligasaison einnetzte: „Das wurde eine lange Nacht.“ Dass St. Pauli am Saisonende sang- und klanglos abstieg, erklärt er so: „Wir hatten einen zu kleinen Kader und zu viele Verletzte, wie zum Beispiel Walter Frosch und Manfred Mannebach.“

Die Angst der Gegner vor Infektionsgefahr

Das Schlimmste aber sei der häufige Umzug bei Heimspielen in den Volkspark gewesen: „Das hat uns schließlich den Klassenerhalt gekostet.“ Schmunzelnd fügt Gerber hinzu: „Am Millerntor haben wir kein Spiel verloren. Viele hatten Respekt, einige sogar Angst – wegen der Infektionsgefahr in den schmuddeligen Umkleidekabinen.“

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