Jackson Irvine nimmt den Ball mit der Brust an

Wieder am Ball – und es läuft bislang rund: St. Pauli-Kapitän Jackson Irvine kommt im Aufbautraining voran. Foto: imago/Oliver Ruhnke

„Sieht sehr gut aus“: Wird Jackson Irvine viel schneller fit als erwartet?

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Weiter, immer weiter. Und mehr, mehr, mehr. Die Fortschritte von Jackson Irvine auf dem Weg zum Comeback sind in den täglichen Trainingseinheiten zu beobachten, auch wenn sie manchmal so klein sind, dass man genau hinschauen muss. Nicht minder wichtig ist etwas, das bislang gar nicht passiert ist: ein Rückschlag im Reha-Prozess. Der Kapitän des FC St. Pauli ist auf Kurs. Mehr noch: Es läuft sogar besser als erhofft. Wie weit ist er der prognostizierten Zeit voraus? Und was bedeutet das für seinen Form-Aufbau und die Pläne für seine Rückkehr auf den Rasen in den ersten Wochen der neuen Saison?

Wenn die Mannschaft am Samstag im österreichischen Imst gegen Hellas Verona (Anpfiff 16 Uhr) den letzten Härtetest vor dem Pflichtspielstart im DFB-Pokal gegen Eintracht Norderstedt (16. August) absolviert, wird der Käpt’n in Hamburg sein und das Wochenende nutzen, um weiter an seiner körperlichen Verfassung zu arbeiten. Der 32-Jährige kann dann auch auf eine erfolgreiche Trainingswoche zurückblicken.

Jackson Irvine wieder am Ball – ohne Komplikationen

Irvine hatte bei seinen täglichen individuellen Einheiten zuletzt wieder den Ball am Fuß, umkurvte Stangen, spielte leichte Pässe und absolvierte Steigerungsläufe. Bei einigen Ballübungen im kollektiven Warm-Up-Programm konnte er sich sogar schon wieder unter die Teamkollegen mischen – Ballannahme am Boden und aus der Luft, weiterspielen zum Mitspieler – und war zumindest zeitweise mittendrin statt nur dabei. Alles ohne Probleme und nachträgliche Komplikationen, sodass die Anforderungen in den Übungen nach und nach gesteigert werden konnten, vorsichtig, aber stetig.

„Bei Jacko sieht es sehr gut aus“, berichtet Sportchef Andreas Bornemann auf MOPO-Nachfrage zum aktuellen Stand der Dinge. „Er ist voll im Plan – und sogar ein wenig voraus. Die Fortschritte sind erfreulich und wir hoffen, dass es so weitergeht.“ Prognosen gibt es aus guten Gründen nicht. Für voreilige Schlüsse oder Euphorie ist Bornemann auch nicht bekannt. Aber der aktuelle Stand ist überaus positiv. Das ist Fakt.

Belastung beim Kapitän wird „sukzessive gesteigert“

Wie weit der australische Nationalspieler dem Plan voraus ist, ist nicht ganz genau zu sagen, aber Irvine hat die in seinem Reha-Plan vorgezeichnete und prognostizierte Entwicklung überholt und ist dabei eine gute Woche weiter. Das liegt zum einen daran, dass es nach seiner Mitte April erlittenen Stressreaktion im rechten Fuß mit Knochenbeteiligung und der Ende April in London erfolgten OP bislang keine nennenswerten Rückschläge gegeben hat, die durchaus normal gewesen wären, sein Körper zum anderem bis dato alle planmäßigen Belastungssteigerungen toleriert hat und auch deshalb das Pensum teilweise schneller erhöht werden konnte. Alles in enger Abstimmung mit der medizinischen Abteilung. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen gehören dazu.

„Er hat das individuelle Programm mit Ball in dieser Woche gut verkraftet und die Belastung wird jetzt weiter sukzessive gesteigert“, blickt Bornemann zurück und zugleich voraus. Die Arbeit mit dem Ball wird intensiviert, Irvine wird schärfere Pässe spielen und könnte erste Schussversuche wagen. Beim Laufprogramm wird nicht nur das Tempo gesteigert werden, sondern auch der Bewegungsradius sowie die Intensität bei den Übungen. Heißt: Mehr Richtungswechsel, mehr abrupte Bewegungen, stärkeres Abstoppen. Diese Art der leichten und stetigen Belastungssteigerung war bei genauerem Hinsehen zuletzt zu erkennen.

Bornemann betont: Bei Irvine „kein Risiko gehen“

Vorsicht ist geboten. Gerade wenn es gut läuft, besteht die Gefahr, zu schnell zu viel zu wollen. „Wir werden weiterhin kein Risiko gehen und die Schritte nicht zu groß werden lassen“, betont Sportchef Bornemann. Auch Irvine, der gerade die mit Abstand längste Zwangspause seiner Karriere erlebt, was auch mental an ihm nagt, ist sich dessen voll bewusst. Im Trainingslager in Österreich hatte er betont: „Wir müssen einfach akzeptieren, dass es eine schlimme Verletzung war. Ich muss vorsichtig sein. Alle sind sich da einig.“

Es ist nicht nur der operierte Fuß Irvines, dem die Vorsicht gilt. „Man darf nicht vergessen, dass er eine sehr lange Pause hatte“, weist Bornemann auf den komplexeren Zusammenhang des Aufbautrainings hin. „Sein Körper muss erst wieder an die Vollbelastung herangeführt und gewöhnt werden – das gilt insbesondere vor dem Hintergrund seiner sehr intensiven Spielweise.“ Komplikationen in anderen Bereichen des Körpers, etwa durch Fehlbelastungen aufgrund minimaler und unbewusster Meidbewegungen, sind keine Seltenheit. Und: Irvine ist ein Spieler, der im Vollgas-Modus unterwegs ist, was viele gelaufene Kilometer und viele Zweikämpfe bedeutet. Dafür braucht er hundert Prozent seiner körperlichen Fitness.

Ende August wieder volles Mannschaftstraining?

Wenn es weiterhin gut läuft bei Irvine und man den ebenfalls lange verletzten Innenverteidigers Karol Mets zum Maßstab nimmt, der dem Kapitän im Aufbautraining etwa zwei Wochen voraus ist und schon Teile des Mannschaftstrainings (ohne Spielformen mit Zweikämpfen) mitmachen kann, dann könnte der Mittelfeldmann Ende August, Anfang September wieder ohne größere Einschränkungen mit dem Team trainieren. Bevor ein Kiezkicker nach einer gravierenderen Verletzung Grünes Licht für sein Comeback erhält, werden in der Regel zwei Wochen volles Mannschaftstraining ohne Komplikationen gefordert, um die volle Belastbarkeit sicherzustellen. So war es in den meisten Fällen in den vergangenen Jahren zu beobachten. Bei einer mehrmonatigen Pause wie der von Irvine könnte es auch eine Woche mehr sein.


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Zu bedenken ist auch, dass erst jetzt die Trainingsbelastungen auf seinen Tagesplan rücken, die mit mehr Risiken verbunden sind. Ganz zu schweigen von den ersten Zweikämpfen mit Körperkontakt, unkontrollierten Bewegungen und auch mal einem Tritt gegen seinen rechten Fuß. Noch befindet sich Irvine mit seinem Aufbauprogramm in einem geschützten Bereich.

September ist der Monat für ein Comeback

Der Zeithorizont: Die ersten beiden Saisonspiele gegen Dortmund (23. August) und den HSV (29. August) wird Irvine definitiv verpassen. Es folgen eine Länderspielpause und dann das Heimspiel gegen Augsburg am 14. September. Das wäre der früheste Zeitpunkt für einen Einsatz und käme einem Blitz-Comeback gleich, wenn man bedenkt, dass der Routinier vor drei Woche die Parole ausgegeben hatte: „Lieber fit für die letzten fünf Spiele der Saison sein als für die ersten fünf!“ Er hatte dies zwar mit einem Lachen gesagt, aber es könnte durchaus ein Hinweis darauf sein, mit wie vielen verpassten Saisonspielen er zu diesem Zeitpunkt in etwa gerechnet hatte.

Auf Augsburg folgen die Partien in Stuttgart (19. September) und zu Hause gegen Leverkusen (27. September), womit Spieltag fünf erreicht wäre. Alles andere als ein Comeback im September würde bedeuten, dass auf seinem Weg zurück doch noch etwas schiefgelaufen ist. Nach Stand der Dinge erscheint Augsburg zwar möglich, aber Stuttgart realistisch und Leverkusen sehr vorsichtig.

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Wann Irvine wieder spielen kann, ist die eine, die elementare Sache. Wann er tatsächlich wieder spielen wird, eine andere Frage, die auch sehr stark davon abhängt, wie sich die Mannschaft und speziell das neuformierte zentrale Mittelfeld in den ersten Wochen der Bundesligasaison ohne den Kapitän schlägt.

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