„Schweigen nicht mehr tragbar“: St. Paulis Ultras erklären Plakat zum Nahost-Konflikt
Der Nahost-Konflikt umtreibt weltweit die Menschen. Und ob der Komplexität des Themas läuft man schnell Gefahr, sich mit einer öffentlich geäußerten Meinung dazu in die Nesseln zu setzen. Beim Heimspiel gegen den FC Augsburg hatte es am Millerntor etliche Plakate und anderweitige Statements gegeben, unter anderem durch Ultrà Sankt Pauli auf der Südtribüne. Jetzt veröffentlichte USP ein umfangreiches Statement dazu.
„Beim Heimspiel gegen Augsburg haben wir uns entschieden, die Tapete mit der Aufschrift ,Netanjahu, fascist! Stop killing civilians in Palestine‘ zu zeigen“, heißt es dort unter anderem. Man habe sich mit diesem Schritt Zeit gelassen, weil man identitär aufgeladene Grabenkämpfe im Stadion verhindern wolle. „Hinter diesem Wunsch stehen wir noch immer – wir wollen unsere Fanszene als Gemeinschaft erhalten und nicht von Spaltung bedroht sehen. Dennoch erschien uns ein weiteres Schweigen zum unfassbaren Leid der Zivilbevölkerung als nicht mehr tragbar.“
USP appelliert an alle Teile der Fanszene
Man habe sich für dieses Vorgehen entschieden, „da es den verschiedenen Positionen möglichst gerecht wird und mit dem Fokus auf die faschistisch-rassistische Regierung in Israel und das Leiden der Zivilbevölkerung in Palästina etwas schafft, auf das sich alle einigen können sollten, die sich mit unseren Werten identifizieren“. Es folgt ein Appell an alle Teile der Fanszene, „den Fokus weiter auf das Gemeinsame zu legen und sich nicht aufgrund innerlinker Differenzen zu bekriegen“.

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Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
– Die Block-Connection: Wie die Familie im Sorgerechtsstreit ihr prominentes Netzwerk nutzte
– Dem Kiez reicht es: Gastronomen gegen Gewalt und Belästigungen
– Klimaschutz: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Volksbegehren
– Rocker-Mord: „Hells Angels“-Gründer trifft nach 52 Jahren die Tochter des Opfers
– Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag
– 20 Seiten Sport: Wie der HSV die Wende schaffen will & die Gründe für St. Paulis Höhenflug
– 28 Seiten Plan7: „The Black Rider“ am Altonaer Theater, das große Kino-Finale von „Downton Abbey“ & Kultur-Tipps für jeden Tag
Es sei elementar und „Teil unserer Identität“, gegen Diskriminierung und Unrecht einzutreten. „Akteur:innen in Israel wie die von der Partei ,Likud‘ geführte Regierung mit ihren Koalitionspartner:innen, die zudem rassistische Siedler:innen unterstützen, widersprechen jedem Ideal, für das wir stehen. Wir verachten diese Feind:innen der Freiheit und standen und stehen an der Seite all jener, die Leidtragende der menschenverachtenden Politik sind – egal wo sie leben und welche Identität sie haben“.
Ultrà Sankt Pauli sind „die Graustufen wichtig“
Die Graustufen in der Betrachtung des Konflikts sei USP wichtig, eine Einseitigkeit in beide Richtungen könne dem Thema und dessen Opfern nie gerecht werden. „Hier kann auch die Hamas niemals – insbesondere von links – als progressive Kraft verklärt werden, sondern muss aufgrund ihrer menschenfeindlichen Gewalt klar als Feindin einer befreiten Gesellschaft benannt werden, die für Leid auf beiden Seiten sorgte und sorgt.“
Elementar wichtig sei zudem, „konkrete Solidarität mit der Zivilbevölkerung und den Opfern dieser schrecklichen Situation zu zeigen“. Das Leid in den palästinensischen Gebieten, insbesondere der Hunger und die blanke, existentielle Not in Gaza seien „verstörend und unerträglich. Dass die israelische Regierung mit der angestrebten Ein-Staaten-Lösung jeden Tag auch die noch nicht ermordeten Geiseln der Hamas ein Stück näher in Richtung Tod bringt, zeigt die durchgehende Menschenverachtung aller handelnden Personen“.
Sammlung für Initiative beim Leverkusen-Heimspiel
Man wolle die Hoffnung nicht aufgeben, dass es irgendwann Frieden im Nahen Osten und eine Zwei-Staaten-Lösung gebe, in der alle Menschen in Würde und Sicherheit leben. „Und wir wollen handlungsfähig bleiben in unseren Aktivitäten für Freiheit, Gerechtigkeit und Würde.“ Daher werde man beim nächsten Heimspiel gegen Leverkusen Spenden für die Initiative „Clean Shelter“ sammeln, um die Menschen in Palästina direkt zu unterstützen.
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„Clean Shelter“ deshalb, „weil sie von zwei Frauen mit palästinensischer und israelischer Identität initiiert wurde, die sich im gemeinsamen Ziel, die Not in Gaza zu lindern, einig sind und bisher vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit erhalten hat“. Damit möchte man auch jenen Mut zusprechen, die die Werte von Dialog und Eintreten für universelle Menschenrechte nicht aufgegeben haben.
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