„Optimales Szenario“: Worauf St. Pauli bei der Länderspielreise von Karol Mets hofft
„Kapitän Mets ist zurück!“, feierte der Fußballverband von Estland auf seinen Kanälen fast schon euphorisch die Ankunft des St. Pauli-Verteidigers im Kreise der Nationalmannschaft nach fast einem Jahr verletzungsbedingter Abstinenz. In der Auswahl des baltischen Landes ist Mets der Leader, der beste Spieler und deshalb eine Säule. Es ist nur logisch, dass sein Comeback herbeigesehnt wird. Von allen, zuvorderst ihm selbst. Doch eine Rückkehr ins Wettkampfgeschehen nach einer elfmonatigen Pause inklusive OP und einiger Rückschläge ist alles andere als ein Spaziergang und sowohl mit Hoffnungen als auch Risiken verbunden. Spielt er? Und wenn ja: wie lange? Der Kiezklub schaut ganz genau hin. Sportchef Andreas Bornemann erklärt, worauf der Fokus liegt – und wie St. Pauli bei allen Sorgen auch profitieren kann.
Wer schon einmal in Tallinn war, der weiß: die estnische Hauptstadt ist eine Reise wert, mindestens eine. Die ebenso malerische wie lebendige Altstadt ist UNESCO-Weltkulturerbe, gleichzeitig präsentiert sich Tallinn modern und digitalisiert, wie es deutsche Großstädte gerne wären. Eine Smart City im Mittelaltergewand am Meer. Kein Wunder, dass Mets die beiden WM-Qualifikationsspiele Estlands am Samstag gegen Italien und am Dienstag gegen Moldau, die beide im Stadion der 460.000-Einwohner-Metropole ausgetragen werden, dem Szenario eines Einsatzes in St. Paulis U23 am Samstag bei der zweiten Mannschaft von Hannover 96 im kleinen Eilenriedestadion vorzieht.
St. Pauli hat Verständnis für die Länderspielreise von Mets
„Er hat im Nationalteam einen hohen Stellenwert und wir verstehen auch, dass es ihm wichtig ist, wieder bei der Mannschaft zu sein“, sagt Andreas Bornemann im Gespräch mit der MOPO zu den rein sportlichen Beweggründen der Reise des Innenverteidigers, der den Trip hätte von sich aus absagen können, um in Hamburg die letzten Schritte auf dem Weg zum Comeback zu machen, aber der 32-Jährige entschied sich anders. Wer will ihm das verdenken?
Während der Länderspielpause hat der Sportchef selbstverständlich alle Nationalspieler des Vereins im Blick, aber Mets diesmal ein bisschen mehr. „Bei Karol ist es eine besondere Situation, denn er hat vor fast einem Jahr sein letztes Länderspiel gemacht, das leider auch sein bis heute letztes Pflichtspiel war. Vor dem Hintergrund der langen Pause verfolgen wir natürlich besonders aufmerksam, ob und wie er zum Einsatz kommt.“
Mets vor Comeback für Estland: wie lange wird er spielen?
Die Tatsache, dass Mets 1100 Kilometer Luftlinie von Hamburg entfernt seinen ersten Arbeitsversuch unternimmt, dürfte bei den sportlich Verantwortlichen der Kiezkicker für ein mulmiges Gefühl sorgen, nicht zuletzt, weil der Abwehr-Routinier die letztlich massiven Knieprobleme (Patellasehne), die zu seinem extrem langen Ausfall geführt hatten, von einer Länderspielreise im November 2024 mitgebracht hatte, bei der er noch seinen 100. Einsatz im Estland-Trikot gefeiert hatte.
Der Kiezklub versucht, so gut wie möglich in die Planungen des 101. Länderspiels von Mets involviert zu sein. „Wir stehen mit dem estnischen Team in Kontakt“, berichtet Bornemann, „haben aber natürlich keinen Einfluss auf seine Einsatzzeiten. Aber dort weiß man ja auch, dass Karol eine lange Pause hinter sich hat, und ist genau wie wir daran interessiert, dass er langfristig wieder zur Verfügung steht.“
Bornemann: „Karol ist grundsätzlich einsatzfähig“
St. Pauli setzt auf den Faktor Vernunft. Bei Estlands Nationaltrainer Jürgen Henn und nicht zuletzt bei Mets selbst, der als ehrgeizig und pflichtbewusst gilt, aber auch ungeduldig. Ein erneuter gesundheitlicher Rückschlag des 1,91-Meter-Mannes hätte nur Verlierer. In der Smart City Tallinn sind smarte Entscheidungen gefragt. Möglicherweise muss sich Mets selbst bremsen, vielleicht auch seinen Trainer.
Sein Comeback wird nicht nur zeitnah kommen, es muss. „Karol ist fit, stand gegen Bremen wieder im Kader und ist somit grundsätzlich einsatzfähig“, sagt Bornemann. Mets hatte nach dem Spiel bei Werder (0:1) keinen Zweifel daran gelassen, dass er nicht nur einsatzfähig, sondern auch einsatzwillig ist. Natürlich wäre dem Verein eine Wettkampf-Rückkehr unter Aufsicht der eigenen medizinischen Abteilung lieber.
Wie kann St. Pauli bei allen Bedenken trotzdem von einem internationalen Comeback seines Führungsspielers profitieren oder gar ein Gewinner der Mets-Reise werden?
Wie das „optimale Szenario“ für St. Pauli bei Mets aussieht
„Es kann für ihn und damit auch uns von Vorteil sein, wenn er erste Spielpraxis sammelt“, betont Bornemann die möglichen positiven Effekte. Denn wer sich schon bald wieder Gegenspielern auf Bundesliga-Niveau stellen will und auch wird, der übt den Ernstfall lieber gegen Nationalspieler aus Italien und Moldau als gegen Regionalligaspieler. „Ein optimales Szenario wäre für uns, wenn er ein paar Spielminuten bekommt und dann unverletzt und hochmotiviert zu uns zurückkommt.“ Nicht zu viel Einsatzzeit, aber auch nicht zu wenig, sodass es ein aussagekräftiger Belastungstest ist. Im Idealfall im ersten Spiel mehr als im zweiten. Wegen der Regeneration.
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Zum Wort „optimal“ gibt es keine Steigerung, aber das i-Tüpfelchen auf dem von Bornemann skizzierten Szenario wäre, dass Mets bei seinem Comeback einen derart stabilen und guten Eindruck hinterlässt, dass St. Pauli-Trainer Alexander Blessin keinerlei Bedenken hat, Mets im kommenden Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim (19. Oktober) erstmals seit dem 9. November vorigen Jahres ins Rennen zu schicken, vielleicht sogar von Beginn an.
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