Meinung: Das sind die Gründe für St. Paulis dramatischen Absturz
Das war’s dann also mit dem Traum, dem schönen. Auf dramatische, fast tragische Weise – also passend zu den letzten Wochen – hat sich der FC St. Pauli auf Schalke final aus dem Aufstiegsrennen verabschiedet. Statt Bayern und BVB heißen die Gegner weiterhin Sandhausen und Heidenheim, wieder Fürth, Braunschweig, Magdeburg. Zweite Liga halt. Dort, wo sich der Kiezklub bestens auskennt, auch wenn er zu gerne mal einen Exkurs in die Beletage veranstaltet hätte.
Das war’s dann also mit dem Traum, dem schönen. Auf dramatische, fast tragische Weise – also passend zu den letzten Wochen – hat sich der FC St. Pauli auf Schalke final aus dem Aufstiegsrennen verabschiedet. Statt Bayern und BVB heißen die Gegner weiterhin Sandhausen und Heidenheim, wieder Fürth, Braunschweig, Magdeburg. Zweite Liga halt. Dort, wo sich der Kiezklub bestens auskennt, auch wenn er zu gerne mal einen Exkurs in die Beletage veranstaltet hätte.
Dass es nicht so kommt, hat bei allen schicksalhaften Ereignissen der vergangenen Tage und Spiele dann zuvorderst eben doch die Ursachen in der sportlichen Qualität. Wer aus 16 Rückrundenpartien nur schmale 18 Zähler hamstert, hat am Ende auch nichts in den Top drei verloren. Da gibt’s keine zwei Meinungen. Und es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass der Evergreen von der fehlenden Konstanz über zwei zusammenhängende Halbserien hinweg auch in der laufenden Saison neu aufgelegt wurde.
Wieder legt der FC St. Pauli zwei völlig unterschiedliche Halbserien hin
Ein Song, der schon gefühlte Ewigkeiten über den Kiez schallt und den eigentlich keiner mehr hören mag, der es aber immer wieder auf die Playlist schafft. Weil viele derer, die bis zum Jahreswechsel auf konstant hohem Level unterwegs gewesen waren, das Niveau nicht halten konnten. Weil sich zu einer hohen Verletzungsanfälligkeit bei wichtigen Akteuren die Tatsache gesellte, dass sich die Konkurrenz auf die Spielweise eingestellt hatte, alternative Taktiken nicht griffen und es Gegentore hagelte. Weil durch all dies die Leichtigkeit abhanden kam.
Der Verein stellte den Spielern nicht die notwendigen Ruheräume zur Verfügung
Und dann ist da noch ein echtes Ärgernis für den Verein, der sich nämlich den Vorwurf gefallen lassen muss, den Spielern in der entscheidenden Phase der Saison nicht die Ruheräume reserviert zu haben, die es braucht, um am Ende Großes zu erreichen. Wenn in der Mannschaft schon im Hotel in Berlin vorm Pokal-Viertelfinale bei Union das Ausbleiben der Prämie für das Dortmund-Spiel Gesprächsthema Nummer eins war, wie man hört, und das Problem Monate später vor dem Darmstadt-Kick immer noch eines ist, dann muss es irgendwo kommunikative Defizite geben.
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Auch in Sachen Vertragsverlängerungen wartet man – wenige Tage vor Saisonende wohlgemerkt – sogar bei den Co-Trainern immer noch auf positive Signale. Eben diese wird es für die meisten der Spieler, deren Kontrakt ausläuft, nicht geben. Das wurde den Betroffenen in der letzten Länderspielpause mitgeteilt, was naturgemäß wenig förderlich war fürs Gesamtgefüge, schwer zu händeln und in der Konsequenz dafür gesorgt hat, dass manch ein Unzufriedener den Weg an die Öffentlichkeit gesucht hat, was man gewiss nicht goutieren muss. Dass bislang auch mit Profis, die eigentlich bleiben sollen, offenbar noch keine konkreten Dialoge stattgefunden haben, wird dem Rest des Teams ebenso kaum verborgen geblieben sein und stellt nicht eben einen Stimmungsaufheller dar. Selbst wenn jetzt, da die Ligazugehörigkeit geklärt ist, Dynamik in die Nummer kommen dürfte.
Auf Sportchef Bornemann und Trainer Schultz wartet bei St. Pauli viel Arbeit
Niemand weiß, ob irgendwas besser gelaufen wäre, hätte es die Nebengeräusche nicht gegeben. Und es geht auch nicht darum, einzelne Schuldige zu finden und durchs Dorf zu treiben. Wer die grandiose Hinrunde als Einheit FC St. Pauli für sich proklamiert, muss sich auch als Ganzes dem Absturz stellen – und vor allem bereit sein, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und umzusetzen. „Wir müssen uns ein Stückweit neu erfinden“, hat ein desillusioniert wirkender Trainer Timo Schultz nach dem Schalke-Spiel gesagt. Ihm kommt dabei eine ebenso tragende Rolle zu wie Sportchef Andreas Bornemann, der Ersatz für den mit Sicherheit wechselnden Daniel-Kofi Kyereh finden, andere Leistungsträger wie Leart Paqarada oder Guido Burgstaller Perspektiven aufzeigen und halten, den Kader insgesamt verkleinern und trotzdem Verstärkungen finden muss.
St. Paulis Transfer-Budget steht und fällt mit dem Erlös für Daniel-Kofi Kyereh
Das alles kann sich ziehen, denn ob Bornemann dabei mehr als nur kleines Geld zur Verfügung steht, hängt vor allem davon ab, welche Summe St. Pauli für Kyereh generieren kann. Der bevorstehende Umbruch als solcher indes kommt für die Verantwortlichen, die bei Schultz‘ Dienstantritt einen Drei-Jahres-Plan skizziert hatten, nicht komplett wie Kai aus der Kiste, wenngleich er wohl größer ausfällt als ursprünglich erhofft. Eigentlich war die Aufstiegsattacke erst für die kommende Serie für machbar erachtet worden. Das in die Tat umzusetzen, wird angesichts der mit Nachhall versehenen riesigen Enttäuschung über die Endphase dieser lange so grandiosen Saison allerdings ein hehres Unterfangen.