Großer Druck auf Vasilj-Vertreter: Ex-St. Pauli-Coach erklärt, warum Voll bereit ist
Kaum Spielpraxis, viel Verantwortung und noch mehr Motivation und Rückendeckung. Ben Voll steht vor seiner ersten großen Bewährungsprobe beim FC St. Pauli. Im vorletzten Saisonspiel bei Champions-League-Anwärter Eintracht Frankfurt steigt der Reservekeeper zur Nummer eins der Kiezkicker auf, die noch um den Klassenerhalt kämpfen. Ist der talentierte Vertreter des gesperrten Nikola Vasilj der Aufgabe gewachsen? Einer, der ihn lange gefördert hat, glaubt fest daran – und traut Voll noch viel mehr bei St. Pauli zu.
Er ist kein Mann großer Worte. Lässt lieber Taten sprechen. Nach seinem einminütigen Bundesliga-Debüt gegen den VfB Stuttgart, als Voll unter turbulenten und hochemotionalen Umständen in der Nachspielzeit für den des Platzes verwiesenen Nikola Vasilj in die Partie gekommen war, lehnte er höflich, aber bestimmt Interview-Anfragen ab, auch die der MOPO. Es schien alles zu viel auf einmal.
Ben Voll vertritt gesperrten Nikola Vasilj in Frankfurt
Jetzt steht der richtige Bundesliga-Einstand bevor, in der braun-weißen Startelf des Sonntagsspiels (17.30 Uhr, Liveticker auf MOPO.de) im Deutsche Bank Park, und der 24-Jährige hatte mehrere Tage Zeit, sich mit der neuen Situation und Aufgabe gedanklich auseinanderzusetzen.

Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
- Verdrängung: Weg vom Hauptbahnhof und dann ist alles gut? „Jetzt sind die Abhängigen bei uns vor der Tür“
- Porno-Eklat an der Bundeswehr-Uni: Amis nach MOPO-Bericht stinksauer
- Hafengeburtstag: Die Highlights der Mega-Sause und die schönsten Segler und Pötte
- Harte Tristesse: Altonas „Albtraum“-Post verfällt – doch es gibt Pläne für das Areal
- Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag
- 20 Seiten Sport: Zeit für Helden – der HSV kämpft um den Aufstieg, St. Pauli um den Klassenerhalt
- 20 Seiten Plan7: Der Gratis-Comic-Tag, Tiefgründiges am Ohnsorg und ein Must-See-Festival in Stade
„Ben wird bereit sein“, ist sich Olaf Janßen sicher. „Der Junge ruht in sich. Er ist kein Zappelphilipp, der sich verrückt macht. Er ruht in sich. Der kann mit Druck umgehen und hält das aus“, führt der 58-jährige Coach im Gespräch mit der MOPO aus. Auch die Klasse des Gegners und die Kulisse von 60.000 Zuschauenden sieht der Trainer von Drittligist Viktoria Köln nicht als Problem.
Olaf Janßen sieht Ben Voll bereit für die große Aufgabe
Der Mann spricht aus Erfahrung, gemeinsamer Erfahrung. Von 2022 bis 2024 war Voll Janßens Nummer eins bei Viktoria und entwickelte sich in dieser Zeit zu einem der besten Keeper der Liga – und zu einem hoffnungsvollen Nachwuchs-Torwart mit Erstliga-Potenzial. Dass Voll auch auf der großen Bühne und im Rampenlicht bestehen kann, habe seine Gala-Vorstellung im DFB-Pokalspiel 2022 gegen Bayern München gezeigt, bei dem der junge Schlussmann trotz einer 0:5-Niederlage seines Teams der herausragende Akteur auf dem Rasen war. „Da war er dem Moment absolut gewachsen. Das wird auch jetzt in Frankfurt so sein“, ist Janßen sicher.
Die mangelnde Spielpraxis Volls, der zuletzt Mitte März im Testspiel der Profis gegen Hertha BSC zwischen den Pfosten gestanden hatte, und der darüber hinaus in diesem Jahr nur eine U23-Partie in der Regionalliga Anfang März sowie ein weiteres Testspiel gegen Braunschweig Anfang Januar als Wettkampfeinsatz vorweisen kann, sieht Janßen nicht als großes Problem. Er zieht erneut eine Parallele zur gemeinsamen Vergangenheit: „Als wir Ben 2022 aus Rostock zu Victoria zurückgeholt haben, da hatte er in seinen zweieinhalb Jahren bei Hansa so gut wie gar nicht gespielt. Trotzdem hat er bei uns vom ersten Spieltag an funktioniert, war voll da, ohne Anlaufzeit“, erzählt Janßen, der ab Sommer den SV Sandhausen als Trainer übernehmen wird, wie gerade bekannt geworden ist.
Voll nach Kieferbruch schnell wieder die Nummer zwei
In seinem ersten Jahr bei St. Pauli war Voll die Nummer zwei und hatte sich seine Position nach einer langen Verletzungspause (doppelter Kieferbruch) auch schnell zurückerobert. Mehr war bislang nicht drin. „Vasilj spielt eine absolut überragende Saison“, sagt Janßen, der von 2016 bis 2017 Trainer bei den Kiezkickern war und nach wie vor interessiert verfolgt, was bei St. Pauli passiert, und der auch gute Drähte in den Verein hat. „Da gab es überhaupt keinen Grund, auf der Position über einen Wechsel nachzudenken.“
Plötzlich ist die Gelegenheit da – durch die Gelb-Rot-Sperre der Nummer eins. „Ich freue mich, dass Ben jetzt die Chance bekommt, sich zu zeigen und zu beweisen“, sagt Janßen, der überzeugt ist, dass Volls erster echter Einsatz im Oberhaus längst nicht sein letzter sein wird, sondern nur der Anfang – wenngleich Vasilj nach seiner verbüßten Sperre im Saisonfinale gegen Bochum wieder zwischen den Pfosten stehen wird.
Janßen: Voll wird eine Nummer eins in der Bundesliga
„Ben bringt alles mit, was ein Bundesligatorwart braucht“, lobt sein früherer Förderer. „Er ist schon richtig gut und hat noch so viel Potenzial. Er benötigt nur mehr Spielpraxis. Ben ist eine Nummer eins der Zukunft.“ Bei St. Pauli? Das müsse man abwarten, sagt Janßen. Vieles hänge von der Zukunft Vasiljs beim Kiezklub ab, den Plänen des Vereins und auch des Spielers, denn Voll sei noch jung.
Das könnte Sie auch interessieren: Hitler-Gruß, Becherwürfe und Banner-Zoff: St. Pauli zeigt klare Kante
Jetzt geht es für den aufstrebenden Torhüter erst einmal darum, die Nummer eins so adäquat wie möglich zu vertreten und der Mannschaft zu helfen. Je besser ihm das gelingt, desto förderlicher für seine eigene Karriere.
Anmerkungen oder Fehler gefunden? Schreiben Sie uns gern.