Kein Sport, keine Konzerte: Warum am Millerntor außer St. Pauli niemand spielt
Es ist Sommerpause. Also zumindest im Fußball-Bereich, ansonsten tobt das wilde Leben. Zum Beispiel im Volkspark, wo Metallica unlängst zu zwei Konzerten aufgedribbelt sind, wo am vergangenen Sonntag die Footballer der Sea Devils gegen Düsseldorf vor 32.500 Fans gespielt haben und wo sich Beyoncé kommende Woche die Ehre geben wird. Rund sieben Kilometer südostwärts hingegen haben Möwen und Tauben kurative Ruhe, am Millerntor passiert zwischen den Saisons gar nichts. Ein Zustand, der nicht zwingend in diesem Maß auch gewollt ist von den Verantwortlichen, den zu ändern es aber noch einige Hürden zu nehmen bedarf. Die MOPO erklärt, warum in diesem tollen Stadion mitten in der Stadt außer St. Pauli niemand spielt.
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Es ist Sommerpause. Also zumindest im Fußball-Bereich, ansonsten tobt das wilde Leben. Zum Beispiel im Volkspark, wo Metallica unlängst zu zwei Konzerten aufgedribbelt sind, wo am vergangenen Sonntag die Footballer der Sea Devils ihre ELF-Partie gegen Düsseldorf vor 32.500 Fans austrugen und wo sich Beyonce kommende Woche die Ehre geben wird. Rund sieben Kilometer südostwärts hingegen haben Möwen und Tauben kurative Ruhe, am Millerntor passiert – abgesehen von Antira- und Fanclub-Turnier – zwischen den Saisons gar nichts. Ein Zustand, der nicht zwingend in diesem Maß auch gewollt ist von den Verantwortlichen, den zu ändern es aber noch einige Hürden zu nehmen bedarf.
„Der Rasen“, erklärt Oke Göttlich, „ist unser Wohnzimmer und steht stellvertretend für unseren Weg, die Qualität zu erhöhen, aber ebenso offen für die Community zu sein.“ St. Paulis Präsident ist im Gespräch mit der MOPO anzumerken, wie sehr ihn die Entwicklung der Spielfläche freut. „Auf Anstoß von Sportchef Andreas Bornemann und dem Greenkeeping-Team um Jan Naumann“ habe man begonnen, die Optimierung des Grüns zu forcieren, um dem Fußball auch die notwendigen Bedingungen zu liefern.
Rasen am Millerntor in bestem Zustand
Mit großem Erfolg. Der Untergrund am Millerntor ist in hervorragendem Zustand und auch im Oberhaus gibt es kaum einen Platz, mit dem St. Pauli den Vergleich scheuen müsste. Grundsätzlich also gilt, diese Errungenschaft nicht aufs Spiel zu setzen durch externe Veranstaltungen. „Der Rasen ist uns deutlich wichtiger und wir müssen immer abwägen“, unterstreicht Göttlich – und betont, dass man trotzdem großes Interesse daran hat, das Stadion auch außerhalb der Fußball-Zeit mit Leben zu füllen. Und da wird ein Standortvorteil zum Nachteil.
Innerstädtische Lage wird für St. Pauli zum Problem
„Unsere Herausforderung sind die innerstädtische Lage“, erklärt der 47-Jährige, „und die damit verbundene Auflagen.“ Was logisch klingt bei einem Stadion, das mitten im Viertel liegt und umringt ist von Wohnhäusern. „Natürlich sind uns unsere Nachbar:innen wichtig“, betont Göttlich. Die will man gar nicht vergrätzen, es ginge unterm Strich auch nicht um allwöchentliche Events, sondern um „runde Jubiläen oder andere außergewöhnliche Ereignisse“. Wie das 100-Jahre-Konzert anno 2010 mit unter anderem Fettes Brot, Slime und Bela B., das „Retter-Konzert“ 2003 mit zum Beispiel Turbonegro, Tomte, Kettcar und New Model Army oder der Boxkampf zwischen Dariusz Michalczewski und Graciano Rocchigiani im Jahr 1996.
Der HSV kassiert, St. Pauli geht leer aus
An attraktiven Anfragen mangelt es dem Kiezklub grundsätzlich wahrhaftig nicht, die Umsetzung aber hakt noch viel eher an der Genehmigungslage im Bezirk Mitte als an dem Erhalt der Rasenqualität.
Auch rund ums Volksparkstadion leben Menschen, das für diesen Bereich zuständige Bezirksamt Altona aber meldet deutlich weniger Bedenken an. Und das wirkt sich unterm Strich auch massiv in den Kassen der Klubs aus. Während St. Pauli keinerlei zusätzliche Summen generieren kann, streicht der HSV für einen Konzertabend einen mittleren sechsstelligen Betrag ein. Niemand spielt am Millerntor, heißt es derweil Woche für Woche.
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Ein Zustand, der nach Veränderung schreit, gleichwohl Göttlich weiß, dass es „viele Kontroversen“ zu lösen benötigt. „Aber ich kann nur hoffen, dass es dem FC St. Pauli ermöglicht wird, alle zwei, drei Jahre ein schönes Konzert zu veranstalten.“ Oder andere Events. „Wir bemühen uns, Möglichkeiten für Veranstaltungen zu schaffen, von denen auch die Stadt gesamtheitlich profitiert“, sagt der Präsident. „Die müssten natürlich kulturell zu uns passen.“
EM-Verstanstaltung als Wendepunkt?
Wie zum Beispiel „Juste Debout“, ein Tanzwettbewerb, der weltweit größte HipHop-Battle, den Kampnagel im kommenden Jahr anlässlich der Fußball-Europameisterschaft ausrichten wird und sich das Millerntor als Ort und den Verein als Partner ausgeguckt hat. Das Projekt wird Anfang kommender Woche vorgestellt, ob es dann 2024 auch am Millerntor zu begutachten sein wird, steht allerdings noch in den Sternen. „Wir sind nur ein möglicher Austragungsort“, erklärt Oke Göttlich. Die Entscheidung steht aufgrund des Mietverhältnisses mit der UEFA als alternative Trainingsfläche und seitens der Behörden noch aus – und wäre im Fall einer Zusage vielleicht ein erster Schritt für unregelmäßige Veranstaltungen am Millerntor.