Hitze, Härte, Sieg! Knallrote Kiezkicker sind bereit für den Saisonstart
Die neue Spielzeit kann kommen und die letzten 90 Minuten des FC St. Pauli vor dem ersten Pflichtspiel haben nicht nur Lust gemacht, sondern auch die Zuversicht gestärkt, dass die Kiezkicker ihre Ziele in der zweiten Bundesligasaison erreichen. Der hochverdiente 1:0 (1:0)-Sieg gegen Hellas Verona im letzten Test zeigte, dass die Braun-Weißen auch weiterhin auf ihre starke Defensive bauen können und es den Gegnern so schwermachen werden wie vergangene Spielzeit. Bollwerk reloaded! Mit neuem Personal, neuem Selbstbewusstsein, aber alter Stabilität. Ungewohnt war nur die knallrote Spielkleidung. Einziger Makel des finalen Probelaufs: das fehlende zweite Tor.
Das Adjektiv „zufrieden“ mag Trainer Alexander Blessin nicht sonderlich und nimmt es nur ungern in den Mund, wenn es um den Leistungs- und Entwicklungsstand seiner Mannschaft geht – insbesondere in der Saisonvorbereitung, in der es um Fortschritte geht, jeden Tag. Dennoch hatte er nur wenig zu meckern nach dem heißen Kick vor rund 500 Zuschauenden in der Velly Arena der österreichischen Kleinstadt Imst.
St. Pauli besiegt Hellas Verona und die große Hitze
Heiß, weil es bei Anpfiff rund 30 Grad im Schatten gewesen waren, es auf dem Rasen aber zunächst keinen Schatten gab, sodass der Schiedsrichter beide Halbzeiten für eine Trinkpause unterbrochen hatte. Sehr herausfordernde äußere Bedingungen. Heiß auch, weil die Italiener sehr aggressiv zu Werke gegangen waren und es ein ums andere Mal mit der Härte übertrieben hatten. Nur gut, dass sich kein Kiezkicker verletzt hat, was bei einigen Fouls zu befürchten gewesen war. Andererseits: es war ein echter Härtetest, der diese Bezeichnung auch verdiente. Wobei die Temperaturen wie ein zweiter Gegner waren.
„Wir hatten eine schwere Anfangsphase und bei dem Wetter unsere Probleme ins Spiel zu kommen. Nach den ersten zehn Minuten haben wir es dann aber geschafft und die Kontrolle gewonnen“, bilanzierte St. Pauli-Trainer Alexander Blessin. „Es waren klare Torchancen dabei und nach dem 1:0 hätten wir eigentlich auch das 2:0 machen müssen. Wir hatten gute Momente mit Ball und gute Bewegungen im Spiel. Wir haben immer wieder gute Lösungen und eine Balance zwischen tiefen Bällen und dem Spiel vor die Kette gefunden.“
Danel Sinani: „Wichtig, ein gutes Gesicht zu zeigen“
In den letzten Tagen bis zum Pflichtspielstart, dem Erstrundenspiel im DFB-Pokal gegen Eintracht Norderstedt am Samstag am Millerntor, ist für den Trainer und sein Team an der heimischen Kollaustraße Fein-Tuning angesagt. „In einer Woche geht es wieder los, daher war es wichtig, dass wir heute ein gutes Gesicht zeigen“, betonte Offensivspieler Danel Sinani nach der Partie, mit der seinen Mannen genau dies gelungen war.
Kaum Überraschungen hatte es in Startelf gegeben – überraschend war für die Fans im Stadion und am Livestream-Bildschirm, dass St. Pauli komplett in Rot spielte. Trikot, Hose, Stutzen. Es ist die vierte Garnitur der offiziellen Spielkleidung für die anstehende Saison.
Kiezkicker überraschen mit rotem Trikot
Die Formation, die der Coach zu Beginn ins Rennen schickte, war im Großen und Ganzen die gleiche wie in den vergangenen Testspielen und ist die favorisierte Startelf, in der Eric Smith den Abwehrchef in der Mitte der Kette gibt und auf der Doppelsechs davor James Sands und Joel Chima Fujita abräumen und bei Ballgewinn das Spiel ankurbeln. Zwei Änderungen gegenüber dem vorangegangenen und nicht überzeugenden Test in Coventry (2:2) hatte Blessin vorgenommen: Adam Dzwigala übernahm die linke Position in der Dreierkette vom angeschlagenen David Nemeth (Adduktorenprobleme), in der Offensive rückte Danel Sinani anstelle von Oladapo Afolayan ins Team, spielte als hängende Spitze, flankiert von den Außenstürmern Mathias Pereira Lage (links) und Andréas Hountondji, der diesmal über rechts stürmte statt wie zuletzt zentral.
Es waren die beiden neuen Offensivkräfte, die für das Tor des Tages sorgten – unter entscheidender Mithilfe eines weiteren Sommerzugangs. Nach einer Anfangsviertelstunde, die einem Abtasten glich, schickte Joel Chima Fujita mit einem perfekten Pass in die Tiefe Pereira Lage auf die Reise, der von der rechten Seite der Strafraums den Ball in die Mitte und an Hellas-Keeper Montipo vorbeichippte, sodass der zentral mitgelaufene Hountondji nur noch einschießen brauchte (15.). Ein perfekt herausgespieltes Tor nach einem schnellen Umschalten aus einer kompakten defensiven Positionierung. Quasi Blaupause für das, was in der kommenden Saison Erfolgsmodell sein soll.
St. Pauli legt nach Hountondjis Führung nicht nach
Nicht gut: Dem frühen 1:0 folgte kein weiteres Tor. An Chancen mangelte es nicht. Der stark aufspielende Fujita mit einem Distanzschuss, den Montipo artistisch übers Tor lenkte (20.) und Schienenspieler Arkadiusz Pyrka, der auf der rechten Seite den Vorzug vor dem erst seit zwei Wochen wieder fitten Manolis Saliakas erhalten hatte, nach mustergültiger Vorarbeit von Pereira Lage (22.) verpassten das schnelle 2:0. Nach der Pause, in der die Partie durch die zunehmende Müdigkeit aufgrund der Hitze sowie einen Vierfach-Wechsel nach 70 Minuten etwas verflachte, hatten Hountondji (52.), Smith (55. per Freistoß) und der spät eingewechselte Metcalfe (84.) mit der größten Chance im zweiten Durchgang die Gelegenheit, die Führung auszubauen. In der Bundesliga darf so etwas nicht passieren. Da muss der Deckel drauf, wenn man den Gegner derart im Griff hat.
„Mit den Wechseln hatten wir einen Bruch im Spiel, aber das ist normal“, meinte Blessin mit Blick auf die zweite Halbzeit. „Deshalb war es wichtig, dass wir unser Spiel durchgezogen haben, ohne große Torchancen vom Gegner zuzulassen.“
Panne: Smith ermöglicht Verona die beste Chance
Defensiv gab es über die volle Spielzeit nur wenig auszusetzen. Die Kiezkicker agierten gegen den Ball kompakt, lauffreudig und griffig, ließen dem Team aus der Serie A wenig Raum und Zeit, um so etwas wie ein strukturiertes Angriffsspiel aufzuziehen. Das braun-weiße Pressing wie auch das Gegenpressing funktionierte gut und machte den Italienern das Leben sichtlich schwer. Nur mit Kontern kam Verona dem Tor der Hamburger nahe.
Bezeichnend, dass es die „Boys in Brown“ selbst waren, die für gefährlichste Szene von Verona im ganzen Spiel sorgten. Einen nachlässiger halbhohen Rückpass von Smith konnte Torwart Nikola Vasilj nicht kontrollieren, verhinderte dann aber mit einem starken Reflex beim ersten Torschuss von Hellas-Stürmer Livramento den Ausgleich und Smith klärte dessen zweiten Versuch auf der Linie. Selbst verursachte Aufregung mit Slapstick-Note – immerhin ohne Konsequenzen. Es wäre ein ärgerlicher Schönheitsfehler gewesen.
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„Wir haben es sehr gut gemacht, nicht viel zugelassen und wollten das Spiel unbedingt gewinnen, um nächste Woche mit Selbstbewusstsein aufzutreten“, blickte Sinani nach der Hitzeschlacht bereits dem Pokalspiel entgegen, in dem St. Pauli angenehmere Temperaturen erwarten.
Aufstellung FC St. Pauli: Vasilj – Dźwigała (71. Ritzka), Smith, Wahl – Oppie (82. Ahlstrand), Fujita (82. Schmidt), Sands, Pyrka (46. Saliakas) – Sinani (71. Metcalfe) – Pereira Lage (71. Afolayan), Hountondji (71. Ceesay)
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