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Härtefall: Verdient Ryo Miyaichi einen neuen Vertrag bei St. Pauli?

Drei Spiele hat der FC St. Pauli noch vor der Brust, 270 Minuten. Wenn alles gut läuft, dann wird Ryo Miyaichi in dieser Spielzeit noch einmal das Trikot der Braun-Weißen überstreifen und auflaufen können. Das Comeback wäre zugleich sein Saisondebüt – und könnte auch seine Abschiedsvorstellung sein. Es deutet einiges auf einen Abschied der dauerverletzten Offensiv-Rakete hin, der schmerzhaft wäre.

Der sportlichen Führung des Kiezklubs steht zweifellos eine knifflige Personalentscheidung bevor, denn sie basiert zwar in erster Linie auf sportlichen und strategischen Überlegungen, hat aber auch eine erhebliche emotionale Komponente.

FC St. Pauli: Kein neuer Vertrag für Ryo Miyaichi?

Wird der auslaufende Vertrag von Miyaichi, der zwar herausragende Fähigkeiten hat, diese aber aufgrund seiner hohen Verletzungsanfälligkeit viel zu selten ausspielen konnte, noch einmal verlängert – oder trennen sich die Wege nach sechs gemeinsamen Jahren?

„Es wird eine schwierige Entscheidung“, sagt Sportchef Andreas Bornemann zur MOPO. Das liegt vor allem an der dramatischen Verletzungshistorie des Rechtsaußen, der drei Kreuzbandrisse hinter sich hat, und zuletzt nach einer weiteren Knieverletzung, sowie hartnäckigen Problemen im Bereich des Schambeins und einer Muskelverletzung in der Wade monatelang außer Gefecht war und auch jetzt wieder unermüdlich und tapfer um sein Comeback kämpft.

St. Pauli-Sportchef Bornemann: „Schwierige Entscheidung“

Miyaichis letzter Einsatz liegt fast elf Monate zurück. Am 5. Juni 2020, am 30. Spieltag der Vorsaison beim VfL Bochum (0:2), hat Miyaichi letztmals für St. Pauli auf dem Platz gestanden – noch unter der Regie des damaligen Trainers Jos Luhukay. Verdammt lange her.

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„Ryo ist ein toller Spieler und ein super Typ, der aber in den vergangenen Jahren leider immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hatte“, bringt es Bornemann in einem Satz auf den Punkt.

Miyaichi: Nur 76 Spiele für St. Pauli in sechs Jahren

Lediglich 76 Zweitligaspiele (acht Tore, neun Vorlagen) in sechs Jahren hat Miyaichi für St. Pauli bestritten – von 204 möglichen Partien. Das sind lediglich 37 Prozent und im Schnitt knapp 13 Spiele pro Saison. Gerade einmal in einem Viertel aller Spiele seit 2015 hat der 28-Jährige in der Startformation gestanden, liegt aber beim Gehalt in der Region eines Stammspielers.

FC St. Pauli: Beim 0:2 in Bochum am 5. Juni 2020 lief Ryo Miyaichi letztmals auf.

Letztes Spiel: Beim 0:2 in Bochum am 5. Juni 2020 lief Ryo Miyaichi letztmals für St. Pauli auf.

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Der eigene Körper ist Miyaichis härtester Gegner. 14 verletzungsbedingte Zwangspausen in den vergangenen zehn Jahren, viele davon wochen- oder gar monatelang, sprechen eine deutliche Sprache.

FC St. Pauli kann nicht richtig mit Miyaichi planen

Planen, so viel ist klar, kann St. Pauli mit dem bei den Mitspielern und vielen Fans beliebten Japaner nicht – nur hoffen, dass er gesund bleibt und eine annähernd verletzungsfreie Saison spielt. Nüchtern betrachtet rechtfertigt diese Ausgangslage keinen neuen Vertrag, schon gar nicht zu den aktuellen Konditionen.

Trainer Timo Schultz hatte sich erst vor kurzem als „absoluter Ryo-Fan“ bezeichnet und betont, dass der Flügelflitzer „einen riesigen sportlichen Wert haben kann“. Aber auch Schultz weiß um die vielen Fragezeichen. 

Passt Miyaichi in das neue Spielsystem von St. Pauli?

Darüber hinaus passt Miyaichi mit seiner Schnelligkeit zwar grundsätzlich zu St. Paulis Tempo-Fußball, allerdings gibt es die Position des reinen Rechtsaußen im aktuell bevorzugten System der Kiezkicker nicht. Für die Rolle auf der rechten Seite in der Mittelfeld-Raute, die derzeit von Finn Ole Becker gespielt wird, ist Miyaichi nicht die Idealbesetzung. Alternativ könnte er als zweite Spitze auflaufen, wofür es ihm allerdings an Torgefährlichkeit mangelt.

Ein gesunder Miyaichi wäre durchaus ein Gewinn für St. Pauli (und fast ein Neuzugang), aber der Konjunktiv unterstreicht die Problematik. Realistisch gesehen dürfte für den Turbo maximal ein stark leistungsbezogener Ein-Jahres-Vertrag drin sein. In Anbetracht der Umstände wäre ein Verbleib jedoch schon fast eine Überraschung.

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