Guilavogui-Nachfolger? Was St. Paulis neuer Stürmer ins Team bringen kann
Die Kiebitze beim Training der Kiezkicker waren einmal mehr ratlos bei einem Transfer ihres Lieblingsvereins. Wer ist der Neue? Weiß jemand was über den? Und: wie wird der überhaupt ausgesprochen? Sie waren und sind längst nicht allein mit ihren Fragen. Einmal mehr hat der FC St. Pauli in diesem Sommer einen Spieler verpflichtet, den niemand auf dem Zettel hatte, aber einiges mitbringt, um sich einen Namen zu machen. Was Andréas Hountondji tatsächlich auf Bundesliga-Niveau zu leisten im Stande ist, muss sich zeigen. Aber klar ist auch: St. Pauli hat ihn nicht als Ergänzungsspieler geholt. Er ist ein ähnlicher Typ wie Morgan Guilavogui – und vielleicht dessen Nachfolger.
Es war klar, dass der Verein zeitnah einen Mittelstürmer verpflichten würde. Zu groß war die Lücke auf dieser Position im Kader. Mit Maurides hat St. Pauli derzeit nur einen Neuner zur Verfügung – und der Brasilianer könnte den Kiezklub noch verlassen, wenn die Rahmenbedingungen passen, hängt sich derzeit im Training aber rein.
Andréas Hountondji: Groß, schnell und wuchtig
Hountondji (weich ausgesprochen: Untondschie, Betonung auf der letzten Silbe), der auf Leihbasis vom englischen Premier-League-Aufsteiger FC Burnley kommt, bringt mit seinen 1,90 Metern und großer Dynamik, Geschwindigkeit auch im Langsprint und ordentlichem Kopfballspiel die nötige Wucht in das Team, die gesucht war. Ein Mittelstürmer, der auch auf beiden Flügeln spielen kann. Der 22-Jährige ist Rechtsfuß, aber eigentlich beidfüßig, hat Qualitäten im Umschaltspiel und auch gegen den Ball.
Das Gesamtpaket passe „gut zu unserer Spielidee“, betont Sportchef Andreas Bornemann. Hountondji erweitere die „Optionen im Offensivspiel um ein wertvolles Element“. Passt auch die Klasse – und in der Spielklasse?
Hountondji: Probleme in Burnley, Entwicklung in Lüttich
Bei Burnley hat sich Hountondji nicht durchsetzen können. Als damaliger Zweitligist (Championship) hat der Klub den Angreifer im vergangenen Sommer von seinem französischen Heimatklub SM Caen verpflichtet (Vertrag bis 2028) – für eine Ablöse, die bei vier Millionen Euro gelegen haben soll. In der Hinrunde kam der gebürtige Franzose, der aufgrund einer doppelten Staatsbürgerschaft für die Nationalmannschaft von Benin spielt (14 Einsätze, zwei Tore), aber nur zu zehn Einsätzen und zweien von Beginn an. Im Winter wechselte er zum belgischen Erstligisten Standard Lüttich, für den er in 18 Spielen vier Treffer erzielte und ein Tor vorbereitete.
Angesichts der von Burnley gezahlten Ablösesumme und den in England höheren Gehältern dürfte sich das finanzielle Gesamtpaket des Leih-Deals für St. Pauli in einem Bereich bewegen, bei dem man für einen Spieler mehr vorgesehen hat als Kurzeinsätze. Hountondjs Marktwert wird auf aktuell 2,5 Millionen Euro geschätzt.
St. Pauli ist die fünfte Leih-Station von Hountondji
Seine Karriere ist bislang sehr inkonstant verlaufen. Anders gesagt: Hountondji ist ein Leih-Experte. Sein Transfer zum Kiezklub ist bereits sein fünfter Vereinswechsel auf Leihbasis, denn auch Caen hat ihn dreimal innerhalb Frankreichs verliehen – zu Drittligist Quevilly Rouen und den Zweitligisten US Orléans und Rodez AF. Für letzteren Klub spielte Hountondji seine statistisch beste Saison (2023/24) und erzielte in 39 Pflichtspielen 16 Tore und bereitete sieben vor, woraufhin Burnley ihn verpflichtete.
Gelingt ihn bei St. Pauli in einer europäischen Top-5-Liga der Durchbruch? Die sportliche Leitung des Kiezklubs traut ihm mindestens zu, eine gute Rolle zu spielen und der Mannschaft zu helfen. Was nicht vergessen werden darf: Hountondji ist noch jung. Er hat übrigens einen älteren Bruder, der ebenfalls Fußballprofi ist: Cédric Hountondji (31), Innenverteidiger, der zum Ende einer abwechslungsreichen Karriere (u.a. Stade Rennes, New York City FC, Levski Sofia) aktuell für den türkischen Zweitligisten Bandirmaspor spielt.
Hountondji erinnert an Morgan Guilavogui
Als Spielertyp ähnelt er mit seinen Stärken Morgan Guilavogui, der in der vergangenen Saison erfolgreich auf Leihbasis für St. Pauli gestürmt und großen Anteil am Klassenerhalt des Aufsteigers hatte. Die geplante feste Verpflichtung ist bekanntlich geplatzt. Nur wenn RC Lens sich bewegt, könnte es doch noch zu einem Deal kommen.
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Mit Hountondji ist jetzt aber ein Stürmer im Kader, der die Guilavogui-Rolle spielen kann – auf der Außenbahn und auch im Zentrum, als Zielspieler oder mit den bei St. Pauli so wichtigen Tiefenläufen. Ein echter Nachfolger muss er erst werden, durch Leistung. Die Bundesliga sieht er selbst als „Chance“, die er unbedingt nutzen will. Die braun-weiße Leih-Basis bietet erfahrungsgemäß gute Rahmenbedingungen dafür. Nicht mehr, nicht weniger.
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