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  • Richard Neudecker (r.) im Duell mit Wolfsburgs Xaver Schlager
  • Foto: imago images/Joachim Sielski

Ex-St. Pauli-Profi: Richard Neudecker und der „Horror ohne Ball“

Die Lage ist bescheiden, aber es kommt halt immer darauf an, was man draus macht: Richard Neudecker zum Beispiel hat einen Weg gefunden, der Corona-Krise in angenehmer Umgebung zu trotzen – auch wenn dem ehemaligen St. Paulianer der Fußball natürlich gehörig abgeht.

Die MOPO erreicht den Profi des niederländischen Erstligisten VVV-Venlo im äußersten Süden der Republik. „Ich bin zu Hause bei meiner Familie in Bayern“, erzählt der gebürtige Altöttinger, der inzwischen eigentlich ganz woanders beheimatet ist. „Aber in meiner Wohnung in Mönchengladbach kann ich keinen Sport machen, darum durfte ich hier her.“

Ex-St. Paulianer trainiert mit seinem Bruder

Ein weiser Entschluss, denn Neudecker fehlt es zurzeit an vergleichsweise wenig. Sein Bruder Tobias, Fitnesstrainer von Beruf, hat „Richy“ unter seine Fittiche genommen, „zwei Einheiten täglich stehen auf dem Programm“. Im Keller des Elternhauses gibt es so ziemlich alles, was an Gerät vonnöten ist, und die Familie hat sich auf einen Ernährungsplan eingeschworen: „Meine Mutter kocht, alle sind auf Diät gesetzt“, erklärt der 23-Jährige lachend.

Stadion in Venlo bis zum 1. Juni gesperrt

Für den Moment ist das für Neudecker die ideale Lösung, er hat sogar Hoffnung, physisch gestärkt aus der Pause herauszukommen. Die Frage, wann das sein wird, quält aber auch ihn. „Es ist schon der Horror, wenn du nicht gegen den Ball treten darfst“, gesteht er und berichtet, dass es bei ihm mindestens noch neun Wochen dauern wird, bis wieder an ein Spiel zu denken ist. „Unser Stadion ist bis zum 1. Juni gesperrt, die Liga pausiert auch so lange“, erklärt er.

Hamburger Teamkollege Yeboah „ein lustiger Typ“

Ansonsten hat er sich eingelebt in der neuen Umgebung kurz hinter der Grenze. „Es ist schon alles eingedeutscht“, sagt er. Tatsächlich hat Venlo sogar eine deutschsprachige Homepage, diverse deutsche Spieler stehen unter Vertrag. Tobias Pachonik zum Beispiel, Neudeckers Nachbar, mit dem er die 30 Kilometer von Mönchengladbach täglich pendelt, oder John Yeboah. Der 19-jährige Stürmer ist vom VfL Wolfsburg nach Venlo verliehen und ein gebürtiger Hamburger. „Ein lustiger Typ, mit ihm verstehe ich mich prima“, erzählt Neudecker.

Ganz anderer Fußball als in Deutschland

Sportlich lief es kurz vor der Zwangspause wieder besser, nachdem es in der Hinrunde sieben Pleiten am Stück gehagelt hatte. „So etwas hatte ich bisher auch noch nicht erlebt“, erinnert sich der technisch beschlagene Mittelfeldmann, der von der Art des Fußballs in den Niederlanden sehr angetan ist. „Es ist so viel Bewegung auf dem Feld“, schwärmt er und führt als Beispiel an: „Ein Sechser wird schnell mal zum Zehner und dann zum Stürmer. In Deutschland setzt man viel mehr auf Ordnung.“ Er habe sich kürzlich das Spiel zwischen Bochum und Sandhausen angeschaut, „das war ganz was anderes als in der Eredivisie“.

Neudecker: Kontakt noch zu Himmelmann und Hainc Scheller

Kontakte nach Hamburg hat er noch, wenngleich in überschaubarem Maß. Sein alter Winterhuder Weggefährte Robin Himmelmann natürlich, aktuell aber vor allem zu Christoph Hainc Scheller. „Er hat als Fitnesscoach natürlich zurzeit viel zu tun, für ihn ist es eine wahnsinnig intensive Zeit“, berichtet Neudecker, ansonsten sei es mit dem Draht zu St. Pauli schon „relativ mau“ geworden.

Aber das ist zurzeit maximal ein Nebengeräusch. In der Verträumtheit der bajuwarischen Provinz steht für Richard Neudecker der Kampf gegen den Corona-Frust klar im Vordergrund. Wie lange auch immer er noch andauern mag.

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