x
x
x
St. Paulis Matt Penney
  • St. Paulis Matt Penney (Nr. 17) feiert sein Tor im Derby 2020 im Volkspark.
  • Foto: WITTERS

Ex-Präsident: Corny Littmann: St. Pauli kann den HSV jetzt überholen!

Corny Littmanns Amtszeit steht für die geniale Retter-Aktion 2003, die Pokalerfolge 2005/06, den Zweitliga-Aufstieg 2007 und den Stadionneubau sowie das Erreichen der Bundesliga 2010. Kein anderer Präsident des FC St. Pauli war erfolgreicher. Vor zehn Jahren, nach dem Aufstieg in die Eliteklasse des deutschen Fußballs, widmete sich der Theatermann wieder ausschließlich seinem Bühnen-Geschäft. Derzeit sorgt sich der 67-Jährige um die Zukunft des Kiezklubs.

„Der FC St. Pauli steht am Scheideweg“, sagt Littmann gegenüber der MOPO: „Wenn es nicht gelingt, die Mannschaft aufgrund der guten finanziellen Situation so zusammenzustellen, dass sie im oberen Drittel mitspielt, dann könnte es große Schwierigkeiten geben.“

Corny Littmann, Oke Göttlich

Corny Littmann (l.) war von 2002 bis 2010 Präsident, Oke Göttlich (M.) ist es seit 2014.

Foto:

WITTERS

Corny Littmann: „Der FC St. Pauli steht am Scheideweg“

Viel zu oft seien die Kiezkicker in der vergangenen Dekade in Abstiegsgefahr gewesen. Auch in der abgelaufenen Spielzeit. Littmann: „Wenn wir das vorletzte Heimspiel gegen Aue nicht gewonnen hätten, wäre es vermutlich zum Endspiel in Wiesbaden gekommen – und das hätte schrecklich ausgehen können.“

Der Ex-Boss hat Angst, dass die Braun-Weißen einen düsteren Weg wie andere Traditionsvereine gehen müssen: „Man muss sich ja nur einmal ansehen, was aus 1860 München, Lautern, Offenbach, Essen, Oberhausen oder Wattenscheid geworden ist, unter welchen Bedingungen und vor wie vielen Zuschauern sie spielen.“

Corny Littmann warnt St. Pauli vor dem Absturz

Littmann warnt davor zu glauben, dass St. Paulis Fans einen sportlichen Niedergang bedingungslos mitmachen würden. „Ich würde nicht darauf wetten, dass ihre Treue bis zur Unendlichkeit reicht. Ich denke, es gibt viel mehr Anhänger, als mancher glauben mag, denen nicht alles egal ist und die gern guten und erfolgreichen Fußball von der eigenen Mannschaft sehen möchten.“

Littmann wünscht sich einen starken FC St. Pauli. „Es gibt nicht nur die Chance nur Stadtmeister, sondern auch grundsätzlich die Nummer eins zu sein. Die Möglichkeit war nie größer als jetzt. Im Gegensatz zum HSV ist St. Pauli ein wirtschaftlich solider Verein, finanziell sogar einer der gesündesten der 2. Liga.“

Ex-Präsident Corny Littmann: Der FC St. Pauli kann den HSV überholen!

Das müsse man ausnutzen – aber dafür die Prioritäten anders als bisher setzen. „Der Fokus muss mehr auf dem sportlichen Erfolg liegen.“ Das soziale und politischer Engagement unterstützt er genauso wie das Marketing und Merchandising.

„Es ist gut, dass an den Werten festgehalten wird. Aber es darf nicht aus dem Fokus geraten, dass es sich immer noch in erster Linie um einen Fußballverein handelt. Ich halte es für unsinnig, das eine gegen das andere auszuspielen.“ Nur das Verhältnis stimme nicht.

Der FC St. Pauli ist zu einem mittelständischen Unternehmen mit vielen Angestellten auch außerhalb des Rasens geworden, die Verantwortung ist gestiegen. Um dem gerecht zu werden, so Littmann, müsse dauerhafter sportlicher Erfolg her.

Corny Littmann: Darauf kommt es beim FC St. Pauli jetzt an

Der wäre durch personelle Kontinuität leichter erreichbar. „Es hat zu viele Veränderungen auf dem Posten des Trainers, des Sport- und des Scoutingchefs gegeben. Zu viele Wechsel gefährden den Erfolg. Heidenheim mit dem Dauertrainer Frank Schmidt ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Konstanz dem sportlichen Erfolg gut tut. Für mich ist in den vergangenen Jahren wenig erkennbar gewesen, was der Verein für ein Konzept, für eine Strategie hat. Ich habe mich oft gefragt: Wohin will der Verein eigentlich?“

Laut Littmann sollte mittelfristig die Bundesliga das Ziel sein. „Hamburg braucht einen Erstligaverein. Auch St. Pauli kann diesen Platz einnehmen, hat genug Potenzial in jeder Beziehung, um dauerhaft in der Ersten Liga zu spielen.“

Corny Littmann: Corona-Krise nicht als Ausrede nehmen

Dass der Klub vom Millerntor andeutet, wegen der Corona-Krise kleinere Brötchen backen zu müssen, versteht Littmann nicht. „Das ist kein Argument. Andere Vereine leiden mindestens genauso unter den Auswirkungen der Pandemie – oder sogar noch mehr.“ Die Corona-Folgen gibt es also für alle „Bäckereien“ in der Liga.

Gewundert hat sich der Ex-Boss, dass die Vereinsführung die Kritik von Coach Jos Luhukay (mittlerweile gefeuert) am gesamten FC St. Pauli und speziell an der Mannschaft noch vor dem ersten Saisonspiel in Bielefeld so klaglos hingenommen hat: „Ich hätte dem Trainer gesagt: ,Noch einmal – und das wär“s hier für dich!’ Das hätte jedenfalls einen Riesenkrach gegeben.“

Auf die Frage zu seinem aktuellen Verhältnis zum FC St. Pauli zehn Jahre nach seinem Ende antwortet Littmann gegenüber der MOPO: „Es ist voller Sympathie und mit Befürchtungen, was die Zukunft angeht.“

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp