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Auch der Dresdner Helmut Schön (vorn) zog bei St. Pauli mal die Wurst vom Teller.
  • Auch der Dresdner Helmut Schön (vorn) zog bei St. Pauli mal die Wurst vom Teller.
  • Foto: IMAGO / Otto Krschak

Es geht um die Wurst: Welche Rolle Dresden für St. Paulis Aufstieg spielt

Wo es heute in der Wexstraße mitten in der Hamburger Neustadt Spätzle mit und ohne Fleischzusatz gibt und eine Reihe anderer Restaurants kulinarische Köstlichkeiten feilbieten, da lag nach dem Zweiten Weltkrieg die Wiege des „Wunderteams“. Bei der Geburt des FC St. Pauli als Spitzenmannschaft spielte Dresden eine große Rolle.

In der Wexstraße 39 lag die Schlachterei von Karl Miller, dessen Sohn Karl Miller für den FC St. Pauli gegen den Ball trat. Bis 1940, als die Wehrmacht ihn nach Dresden abkommandierte, wo er sich der damaligen Spitzenmannschaft Dresdner SC anschloss und zum deutschen Nationalspieler wurde.

Schlachter-Sohn lockt Spitzenspieler aus Dresden nach St. Pauli

Als der Krieg 1945 mit der deutschen Kapitulation endete, war Miller junior bereits nach Hamburg zurückgekehrt – und kontaktierte von dort aus seine einstige Dresdner Mitspieler. Die Elbe fließe ja auch durch Hamburg, und der Wurstkessel in der Wexstraße sei immer gut gefüllt, argumentierte Miller. Das reichte im Nachkriegselend allemal, um gleich eine ganze Handvoll Spitzenkicker von einer Umsiedlung zu überzeugen.

15 Minuten Fußweg vom Stadion zur Schlachtplatte

„Wir sind von Dresden nach Hamburg getrampt“, verriet Heinz Hempel dem St. Pauli-Chronisten René Martens („Wunder gibt es immer wieder“). Neben Hempel heuerten Walter Dzur, Heinz Köpping, Fritz Machate und Heiner Schaffer am Millerntor an, von dem aus das gehaltvolle Mittagsmahl bei den Millers in einer Viertelstunde fußläufig zu erreichen war.

Nach 1945 steigt der FC St. Pauli zum Konkurrenten für den HSV auf

Mit der Dresdner Verstärkung stieg der FC St. Pauli, davor im Schatten von HSV, ETV, Victoria und Altona 93, zur norddeutschen Spitzenmannschaft auf, die bald ehrfürchtig „Wunderelf“ gerufen wurde. 1947 hängte St. Pauli den HSV ab und wurde Hamburger Meister, 1948 scheiterten die Braun-Weißen erst im Halbfinale der Deutschen Meisterschaft am 1. FC Nürnberg. 

Helmut Schön hält es nicht lange beim FC St. Pauli

Sogar Helmut Schön schnürte für drei Spiele die Stiefel für St. Pauli, den späteren Bundestrainer zog es aber bald wieder in seine Dresdner Heimat zurück, von wo aus er 1950 in Berlin sein Glück versuchte.   


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Zu dieser Zeit begann der Glanz der braun-weißen „Wunderelf“ langsam zu verblassen, denn die Spieler, die mit Dresden Anfang des Jahrzehnts in ihrer Blüte standen, waren in die Jahre gekommen. Der HSV übernahm wieder unbestritten die sportliche Führungsrolle in der Stadt, doch von einem anderen Hamburger Verein hat sich St. Pauli seitdem nicht mehr überholen lassen.

2007 kreuzen Dresdner noch einmal den Erfolgsweg der St. Pauli-Fußballer

Deutsche Teilung und Mauerbau unterbanden alle Möglichkeiten einer fruchtbaren Verbindung der Elbmetropolen Hamburg und Dresden für lange Zeit. Erst 2007 waren Dresdner wieder an einem St. Paulianer Aufstieg beteiligt, allerdings als Gegner. Mit einem 2:2 gegen Dynamo sicherte sich der Kiezklub nach vier Regionalliga-Jahren die Rückkehr in die Zweite Liga – es war das bis heute letzte Drittliga-Spiel am Millerntor.

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In der Wexstraße 39 erinnert heute nichts mehr daran, dass es für St. Paulianer und Dresdner einmal um die Wurst ging. Der Laden „Aikiko“ bietet dort japanische Waren an, Bücher, Taschen, Tische und Keramik. Die Wurst hat es vom Teller gezogen.

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